Bringt Deutschland auch Opfer für Taiwan?

Seite 2: Deutschland als Provokateur?

Am 23. Oktober ist eine Delegation des Menschenrechtsausschusses des Deutschen Bundestags unter der Leitung von Peter Heidt (FDP) in Taiwan eingetroffen. Es ist bereits die zweite Bundestagsdelegation in diesem Monat. Erst Anfang des Monats reiste eine Gruppe um den eingangs erwähnten Klaus-Peter Willsch nach Taipeh.

Wie das Pressereferat im Bundestag mitteilte, soll es im Gespräch mit der taiwanischen Präsidentin Tsai, Ing-wen "um die Situation von Migrantinnen und Migranten sowie von Minderheiten, um die Todesstrafe und um Geschlechtergerechtigkeit gehen". Ungewöhnlicherweise standen für die Mitglieder des Menschenrechtsausschusses aber auch Gespräche über "die aktuelle sicherheitspolitische und wirtschaftliche Lage Taiwans" auf der Tagesordnung.

Zweck der Reise sei es, die Zusammenarbeit zu stärken und für "die Selbstständigkeit Taiwans" einzutreten, erklärte Delegationsleiter Heidt vor der Abreise. Er bezeichnete Taiwan dabei "als Staat, der die demokratischen und rechtstaatlichen Werte des Westens teilt".

Obwohl die Delegation behauptet, den von China bedrohten Status Quo beibehalten zu wollen, muss den Beteiligten klar sein, dass derlei Formulierungen in Peking auf Entrüstung stoßen. In einer Stellungnahme vom 25. Oktober forderte das chinesische Außenministerium die deutsche Delegation vorhersehbarerweise dazu auf, "umgehend ihre Interaktion mit den separatistischen Unabhängigkeitskräften Taiwans einzustellen" und den Ein-China-Grundsatz "ernsthaft zu befolgen". Viel Diskussionsstoff für Olaf Scholz' Tagesausflug im November

Abkehr vom Ein-China-Prinzip?

Kritische Beobachter sehen in diesem Verhalten deutscher Politiker ein "Spiel mit dem Feuer". So schreibt das von der Zeitung Welt als "linkskritisch" eingestufte Internetportal German Foreign Policy (GFP), Berlin erwecke zunehmend den Eindruck, "sich […] sukzessive vom Ein-China-Prinzip abzukehren". In diesem Zusammenhang nennt GFP auch die Stellungnahme der Grünen-Außenministerin Annalena Baerbock von Anfang August:

Wir akzeptieren nicht, wenn das internationale Recht gebrochen wird und ein größerer Nachbar völkerrechtswidrig seinen kleineren Nachbarn überfällt – und das gilt natürlich auch für China.

Auch diese Aussage (alleine) könne die Volksrepublik nach Meinung der GFP-Autoren bereits mit einer "Aufwertung" Taiwans zum Staat gleichsetzen und als Kampfansage deuten. Interessanterweise haben sowohl Willsch als auch Heidt die Formulierung Baerbocks fast deckungsgleich übernommen.