Britische Politiker: Deutschland will die Wahl beeinflussen
Bei den Brexit-Befürwortern scheint die Angst umzugehen, da Russland ausfällt, werden Deutschland und die EU nun zu Strippenziehern eines "koordinierten Plots"
Beim Besuch der deutschen Bundeskanzlerin beim russischen Präsidenten soll es frostig zugegangen sein, zumindest als die beiden zusammen in der Öffentlichkeit auftraten (Frostiges Treffen bei 22 Grad und Sonnenschein). Putin stritt erneut ab, dass sich Russland in andere Staaten einmische und die Wahlen beeinflussen wolle. Das erwarte er auch von anderen Ländern. Merkel verwies darauf, dass es eben diese hybride Kriegsführung angeblich russische Militärdoktrin sei, gab aber der Hoffnung Ausdruck, dass die Wahl in Deutschland davon nicht tangiert wird.
Aber der Vorwurf, sich in Wahlen einzumischen, hat mittlerweile Konjunktur und betrifft bei weitem nicht alleine Russland, das seinerseits - und nicht zu Unrecht - vor allem die USA bezichtigt, sich in die russische Gesellschaft und in die Wahlen einzumischen. Jetzt wird dieser Vorwurf auch gegenüber Deutschland erhoben. Unterstützer der britischen Ministerpräsidentin Theresa May, die Neuwahlen ausgerufen hat, um als gewählte Regierungschefin den Brexit auszuführen, erklären, dass Deutschland versuche, die Wahl zu beeinflussen und May zu desavouieren.
Deutschland und die EU würden Angst schüren, schreibt der konservative Telegraph, um May und den Brexit zu untergraben. So hätten sich hohe Mitarbeiter der deutschen Regierung und der EU öffentlich über May lustig gemacht und Informationen geleakt, um dieser zu schaden. Und Merkel habe frecherweise erklärt, dass Großbritannien "Illusionen" hege, was über den Brexit erreicht werden kann.
Es gebe einen "koordinierten Plot" gegen May vor der Wahl im nächsten Monat, wird gar von konservativen Politikern an einer veritablen Verschwörungstheorie gestrickt. Ein Theresa May nahestehender Politiker soll gesagt haben: "Es gibt eine lange Tradition, dass sich Länder nicht in die Wahlen in anderen Ländern einmischen, sie scheinen damit gebrochen zu haben." Die Argumentation funktioniert ähnlich wie in den USA, als das Clinton-Lager absehen konnte, dass der Wahlsieg nicht mehr sicher war, und die russische Einmischung zugunsten von Donald Trump beschwor.
Jetzt scheint die Angst bei den konservativen Brexit-Befürwortern umzugehen, dass es bei der von May vorgezogenen Wahl möglicherweise auch Probleme geben könnte, weswegen man schon mal nach Schuldigen sucht und einen Feind von außen beschwört. Da offensichtlich Russland derzeit nicht zur Verfügung steht und vermutlich sowieso das Interesse haben könnte, dass der Brexit gelingt, um die EU zu schwächen, also hier auf der Seite von May steht, wird neben der EU Deutschland zur Bedrohung.
May selbst will Jean-Claude Juncker gewarnt haben, sie werde sich als eine "bloody difficult woman" - eine "verdammt schwierige Frau" - erweisen, wenn er sich weigert, Kompromisse einzugehen. Nach Einzelheiten, die aus dem Gespräch von Juncker und May bekannt wurden, scheint die britische Regierungschefin erst einmal gemerkt haben, dass es nicht einfach wird. Juncker habe gesagt, er sei "zehnmal skeptischer als zuvor", schockiert soll er über den verwegenen Optimismus von May gewesen sein, sie habe nicht begriffen, welche großen Probleme der Brexit mit sich bringt. Großbritannien schulde überdies der EU keinen Penny. Wie die Faz berichtet, habe Juncker nach dem Gespräch mit May Angela Merkel angerufen, die daraufhin ihre Rede zum Brexit verschärft habe.
Sir Bill Cash, ein Abgeordneter der Tories und der Vorsitzende des European Scrutiny Committee im Unterhaus, versicherte, er sei "sicher", dass Deutschland und die EU versuchen würden, die Wahl zu beeinflussen, indem sie Theresa May schaden. Sie würden "eine neue Art der Projektangst ausbeuten wollen", das werde aber nicht bei den Briten greifen, womit er sich wohl gleich selbst widerlegte. Sie würden auch versuchen, die Brexit-Verhandlungen als ein Mittel zu verwenden, "um die Bundestagswahl später im Jahr zu beeinflussen. Sie spielen ein unkluges und gefährliches Spiel und ich denke, sie haben daran schon eine lange Zeit gearbeitet."