Bundestag genehmigt Griechenlandpolitik der Regierung

Dutzende fehlende Stimmen aus der Union - Grüne enthalten sich mehrheitlich

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Der Bundestag hat heute Nachmittag mit 439 der insgesamt 504 Abgeordneten von Union und SPD die Griechenlandpolitik der Regierung genehmigt, die anstatt eines Staatsbankrotts und einer Rückkehr zu einer eigenen Währung weitere ESM-"Darlehen" an das faktisch bankrotte Land vorsieht. Mit "Nein" stimmten 119 Abgeordnete, weitere 40 enthielten sich. Die Nein-Stimmen kamen fast ausschließlich aus den Reihen der Linkspartei und der Union. Die Grünen enthielten sich mehrheitlich.

Vorher hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (die heute 61 Jahre alt wurde) vor "Chaos und Gewalt" in Griechenland gewarnt und die "Schicksalsgemeinschaft Europa" beschworen, für die der Euro stehe. Deshalb sei der Weg eines Grexits auf Zeit, den Finanzminister Wolfgang Schäuble ins Spiel gebracht hatte, "nicht gangbar" gewesen. Trotzdem habe Schäuble für seine langen Verhandlungen in Brüssel Dank verdient.

Schäuble selbst betonte, die neuen Zahlungen seien ein "letzter Versuch" eine "außergewöhnlich schwierige Aufgabe" zu lösen und wiederholte, dass die Euro-Verträge einen Schuldenschnitt ausschlössen. Weniger Blätter vor den Mund nahm der CSU-Abgeordnete Hans-Peter Friedrich, der letztes Jahr im Zuge der Edathy-Affäre als Innenminister zurücktreten musste (und nun entsprechend weniger Karriererücksichten nehmen muss): Er sagte dem Fernsehsender Phoenix vor der Abstimmung, "eigentlich" seien er und viele seiner Parteifreunde "nicht für ein drittes Hilfspaket", sie würden aber trotzdem dafür stimmen, weil sie glaubten, damit Wolfgang Schäuble zu unterstützen. Nun müsse man sehen, ob Athen alle von Brüssel gemachten Auflagen tatsächlich erfüllen kann.

Friedrich selbst ist der Überzeugung, dass eine wirksame Entschuldung Griechenlands nur über einen Ausstieg aus der Eurozone gelingen könne. Allerdings sei dieser Ausstieg "nicht erreichbar, wenn man nicht den Bruch mit Italien und Frankreich, zwei Gründungsmitgliedern des Europäischen Projekts, riskieren will".

Klaus-Peter Willsch (CDU): Die griechischen Probleme sind nur in Griechenland lösbar. Foto: Klaus-Peter Willsch

Als Sprecher der Unionsabgeordneten, die Merkels Griechenlandpolitik nicht unterstützen, trat der CDU-Abgeordnete Klaus-Peter Willsch auf: Er stellte klar, dass die griechischen Probleme nicht in Deutschland gelöst werden könnten, sondern nur in Griechenland selbst. Der Euro verbindet seinen Worten nach die Völker nicht, sondern treibt sie auseinander. Ganz anders sahen das ein eurobegeisterter Redner der Grünen, der unter Beifall seiner Parteifreude betonte, man werde am Projekt einer immer engeren Integration der europäischen Länder festhalten, egal was geschieht.

In der Linkspartei stimmte unter anderem Stefan Liebich für Merkels Politik, die er gleichzeitig als "Erpressung" der griechischen Regierung kritisierte. Mit diesem Vorwurf der Erpressung hatte der Parteichef Klaus Ernst vorher das "Nein" der Mehrheit seiner Fraktion kritisiert. Der Linken-Fraktionsvorsitzende Gregor Gysi warf Merkel, Schäuble und Gabriel vor, sie hätten in den letzten Wochen den "schwersten Fehler ihrer Karriere" begangen. Das Europa, das sie geschaffen haben, sei ein "Europa der Banken". Damit hätten sie "die europäische Idee zerstört".

Der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel kritisierte an Gysi Rede, der Rechtsanwalt verschweige, dass die Hilfsgelder für Griechenland nicht einfach von der EZB gedruckt werden, sondern dass der deutsche Staat dafür bürgen muss.