Bundestag ringt um Lösung im Corona-Impfstreit
Allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren ist gescheitert. Welche der Alternativen sich durchsetzt, ist noch nicht klar
Der Bundestag diskutiert am heutigen Vormittag den Umgang mit einer Corona-Impfpflicht. Klar ist, dass der vor allem von der SPD getragene Vorstoß für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren vom Tisch ist.
Vor der Abstimmung ohne den sonst üblichen Fraktionszwang waren die Mehrheitsverhältnisse unklar. Nach der Debatte im Plenum diskutierten die Abgeordneten zunächst über die Reihenfolge der Abstimmung.
Als Gesetzentwurf lag lediglich ein Kompromissvorschlag für eine Impfpflicht für Menschen ab 60 Jahre vor. Zwei Abgeordnetengruppen aus SPD, FDP und Grünen hatten sich darauf verständigt. Zwei weitere Beschlussanträge lehnten eine Pflichtregelung ab, die Union fordert in ihrer Vorlage zunächst den Aufbau eines Impfregisters.
Angesichts der teilweise gescheiterten Impfkampagne hatte sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten trotz bestehender verfassungsrechtlicher Bedenken für eine Pflichtregelung ausgesprochen. Union und AfD haben sich allerdings entschieden gegen eine Impfpflicht positioniert, ebenso die FDP.
Wegen der sichtbaren Differenzen hat die Ampel-Koalition keinen Regierungsentwurf eingebracht.
Der Bundestag informierte auf seiner Seite:
Eine fraktionsübergreifende Gruppe von Abgeordneten wollte ursprünglich eine verpflichtende Impfberatung für Erwachsene und eine altersbezogene Impfpflicht gegen das Coronavirus ab 50 Jahren ermöglichen. Die Überlastung des Gesundheitswesens beruhe nach bisherigen Erfahrungen vorrangig auf schweren Covid-19-Erkrankungen der über 50-Jährigen. Daher könne eine altersbezogene Impfplicht für diese Gruppe leichter gerechtfertigt werden, heißt es in dem Gesetzentwurf
Impfung oder Beratung
Die Abgeordneten hätten für ein mehrstufiges Vorgehen plädiert, heißt es in der Darstellung der Debatte weiter: Demnach sollten in einem ersten Schritt alle Erwachsenen kontaktiert und von den Krankenkassen über Beratungs- und Impfmöglichkeiten informiert werden.
Bis zum 15. September dieses Jahres sollen zudem alle Personen ab 18 Jahren "entweder über einen Impf- oder Genesenennachweis verfügen oder über den Nachweis der Inanspruchnahme einer ärztlichen Impfberatung".
Abgeordnete verschiedener Fraktionen um den FDP-Abgeordneten Wolfgang Kubicki haben wiederum einen Antrag gegen die allgemeine Impfpflicht vorgelegt.
In der Aussprache heute im Bundestag wandte sich Kubicki entschieden gegen die Einführung einer Pflichtregelung. Er argumentierte, durch Impfung werde keine sogenannte Herdenimmunität erreicht, eine Überlastung des Gesundheitswesens sei zudem nicht absehbar.
Es gehöre nicht zu den Aufgaben des Staates, erwachsene Menschen gegen ihren Willen zum Selbstschutz zu verpflichten, zumal die Verläufe durch die Omikron-Variante milder ausfallen. "Deshalb ist eine allgemeine Impfpflicht, ob ab 18 oder 60, weder rechtlich noch gesellschaftspolitisch zu rechtfertigen", so Kubicki.
Zuspruch dafür gab es auch aus Fraktionen, die mehrheitlich für eine Pflichtregelung stehen. So sprach im Plenum heute auch ein Grünen-Abgeordneter gegen eine solche Lösung aus. Der Bochumer Abgeordnete Max Lucks (Grüne) sagte, er "diesen normativen Druck für den falschen Weg".
Lucks kritisierte, dass Befürworter der Impfpflicht "ein Pandemie-Ende per Gesetz" in Aussicht stellen. Dabei berge eine Impfpflicht rechtliche Gefahren, die Umsetzung sei daher nicht sichergestellt. "Ein nicht umsetzbares Gesetz bringt uns in der Pandemie nicht weiter", so sein Resümee.
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