Bundestagsgutachten stellt Anerkennung von "Volksrepubliken" in Frage

Seite 2: Kosovo und Donbas: "Recht auf Sezession allenfalls in Ausnahmefällen"

Das Bundestagsgutachten bekräftigt, dass außerhalb von Dekolonisierungsprozessen oder bei Einigkeit zwischen Territorialstaat und Sezessionsgebiet "ein Recht auf Sezession allenfalls in Ausnahmefällen" zugestanden werde.

Dies sei der Fall, wenn ein Verbleib im Staatsverband schlicht nicht zumutbar sei, etwa aufgrund genozidaler Handlungen, ethnischer Vertreibungen oder Menschenrechtsverletzungen schwersten Ausmaßes; im Englischen sei von "remedial secession" die Rede.

"Der Internationale Gerichtshof hatte in seinem Kosovo-Gutachten von 2010 nicht darüber entschieden, ob eine solche Situation im Kosovo vorlag, und lediglich festgestellt, dass Differenzen darüber bestehen, ob das Völkerrecht ein Recht auf "remedial secession" vorsieht.

Das Bundestagspapier macht deutlich, dass sowohl Russland als auch die westlichen Unterstützer der Ukraine die rechtliche Lage in unzulässiger Weise zu ihren Gunsten umdeuten. So heißt es zu Russlands außenpolitischen Verhalten, Moskau habe im Fall des Kosovo 2008 die Voraussetzung für eine Abspaltung in Abrede gestellt, "weil die Kosovo-Albaner nicht fortwährend schwersten Formen der Unterdrückung ausgesetzt gewesen seien".

Dabei habe Russland Kriegsverbrechen ignoriert, die der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien bestätigt hat. Nun aber habe Präsident Putin wiederholt behauptet, der Umgang der Ukraine mit der russischen Bevölkerung im Donbas laufe auf einen Genozid hinaus, obwohl Berichte unabhängiger Beobachter im Donbas, genannt werden die Vereinten Nationen, OSZE und UNCHR, keinerlei Anhaltspunkte für diese Behauptung sehen.

Die abschließende Feststellung, wonach die staatliche Anerkennung der sogenannten Volksrepubliken durch Moskau eine Einmischung in innere Angelegenheiten der Ukraine und somit eine Verletzung des zwischen Staaten geltenden Interventionsverbots nach Art. 2 Ziff. 1 UN-Charta darstelle, dürfte gleichwohl für die Nato-Intervention in Serbien gelten.