Mehr Rettungseinsätze: Berliner Behörden können Verbindung zu Corona-Impfung nicht bestätigen
Zunahme war unlängst bekannt geworden. Maßnahmenkritiker fühlen sich bestätigt. Doch wie vertrauenswürdig sind sie?
Die Berliner Senatsverwaltung kann einen möglichen Zusammenhang zwischen Corona-Impfungen und der Zunahme von Rettungseinsätzen wegen Herzproblemen und Schlaganfall-Verdachtsfällen nicht bestätigen.
Deutsche Feuerwehrgemeinschaft: nebulöse Maßnahmenkritiker
Über eine solche mögliche Verbindung hatte eine Gruppierung mit dem Namen "Deutsche Feuerwehrgemeinschaft" unlängst berichtet. Der Verband sei, wie die Berliner Zeitung schrieb, "ein deutschlandweiter Zusammenschluss von maßnahmenkritischen Feuerwehrleuten, die seit 2021 aktiv sind".
Die "Feuerwehrgemeinschaft" ist der Berliner Senatsverwaltung allerdings "nur aus öffentlichen Publikationen und der medialen Berichterstattung bekannt". Eine Einschätzung zur Anzahl von Mitgliedern könne man nicht abgegeben. Tatsächlich kursieren nur im Netz Erklärungen der angeblichen Gruppe, eine Internetpräsenz oder andere Angaben finden sich jedoch nicht.
Die "Deutsche Feuerwehrgemeinschaft" tritt vorwiegend meinungsstark durch Erklärungen auf, die in sozialen Netzwerken Verbreitung finden. Der Journalist Boris Reitschuster – selbst bekannter Maßnahmenkritiker – griff die Positionen dankbar auf und titelte im April mit dem Schlagwort Corona-Impfung: "Feuerwehr schlägt Alarm: Beispiellose Steigerungsraten der Einsätze."
Telepolis hatte Thema aufgegriffen und eungeordnet
Auch die Berliner Zeitung und Telepolis hatten das Thema aufgegriffen. Die jeweiligen Artikel ordneten die Information jedoch ein. So wurden in den Texten mögliche Erklärungen der Senatsverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage wiedergegeben:
- Veränderungen bei der standardisierten Notrufabfrage;
- intensivere Protokollnutzung;
Lesen Sie auch
Neue Corona-Studie sorgt für diplomatische Spannungen zwischen USA und China
Studie: So hat die Corona-Politik die Gehirne unserer Kinder beschädigt
Long Covid: Spike-Proteine als heimliche Gehirn-Saboteure entlarvt
Corona: Fällt jetzt Karl Lauterbach der Pandemie politisch zum Opfer?
Medienskandal um Streeck: Wenn aus Analogien Antisemitismus wird
- Einklassifizierung von Symptomen;
- Weiterentwicklung des Qualitätsmanagements;
- Veränderung der Einsatzzahlen in der Notfallrettung durch Bevölkerungswachstum oder demografischen Wandel.
Weitere mögliche Gründe für Gesundheitsschäden
Die Berliner Zeitung hatte Zahlen zu den Einsätzen recherchiert und auf Folgen ungesunden Verhaltens während des Lockdowns verwiesen. Auch Telepolis bewertete die Gründe für die gestiegene Einsatzzahl zurückhaltend:
Die Gründe für den Anstieg der Herzbeschwerden und Schlaganfälle sind bisher unklar. Die Senatsinnenverwaltung verweist auf mögliche Veränderungen bei der standardisierten Notrufabfrage, die mit einer intensiveren Protokollnutzung, der Einklassifizierung von Symptomen, der Weiterentwicklung des Qualitätsmanagements, aber auch der Veränderung der Einsatzzahlen in der Notfallrettung, beispielsweise durch Bevölkerungswachstum oder demografischen Wandel, zusammenhängen könnten. (...)
Die Deutsche Herzstiftung weist zudem darauf hin, dass eine überstandene Corona-Erkrankung Langzeitfolgen für das Herz haben könne und verweist dabei auf eine Studie aus den USA. Dabei sei bei vormals Infizierten eine "erhöhte Fallzahl an Vorhofflimmern und anderen Rhythmusstörungen, von ischämischer Herzerkrankung, also KHK, und Herzschwäche" festgestellt worden.
Auch berichten Long-Covid-Patientinnen und Impfgeschädigte teilweise von ähnlichen Symptomen.
Feuerwehrgemeinschaft macht online keinen guten Eindruck
Die "Deutsche Feuerwehrgemeinschaft", die auch als "Feuerwehr Gemeinschaft" oder in anderen Schreibweisen auftritt, hatte eine solche Abwägung nicht vorgenommen, auch nicht im Netz.
Im März 2002 hatte die Phantom-Gruppe, die weder auf ihren Flugschriften noch auf den Pressemitteilungen Kontaktdaten oder Ansprechpartner nennt, zu einer Protestaktion gegen die Corona-Maßnahmen in Berlin aufgerufen. In einem coronakritischen Forum schrieb sie – Schreibweise wie im Original:
Wir ALLE gemeinsam gegen die Einrichtungsbezogene und Allgemeine Impfpflicht! Ärzte, Pfleger, Rettungsdienst, Feuerwehr, EchtePolizisten, Eltern, Engagierte Menschen und Alle anderen. Für ein Friedliches Miteinander und eine Freie Impfentscheidung!
Gruppierung fühlt sich bestätigt
Nach Bekanntwerden des Anstiegs von Rettungseinsätzen sah sich die Gruppierung bestätigt. Es dränge sich "der massive Eindruck auf", hieß es in der Erklärung, "dass die verantwortliche Politik sich sogar im Jahr 2024 noch scheut, den Elefanten im Raum – also den der sogenannten Coronaimpfung – auch nur als vage Möglichkeit in Betracht zu ziehen."
Aufklärung könnten die zwischenzeitlich freigeklagten "RKI-Files" liefern, mutmaßen die anonymen Verfasser: "Vielleicht finden sich im geschwärzten Teil Antworten auf die aufgeworfenen Fragen."
Die Kontroverse um geschwärzte Stellen in den genannten Unterlagen bezieht sich aber nicht auf die Kausalität zwischen Krankheitssymptomen und Impfung, sondern auf Namen von Funktionären von Gesundheitsinstitutionen.
Das sind die Zahlen aus der Bundeshauptstadt
Im Jahr 2023 verzeichnete die Feuerwehr insgesamt 52.182 Einsätze im Zusammenhang mit Herzproblemen. Dies entspricht einem Anstieg von 56 Prozent gegenüber den Vor-Corona-Jahren 2018/19. Betroffen sind alle Altersgruppen, wobei die Zunahme bei den 31- bis 40-Jährigen mit einem Anstieg von 71 Prozent besonders auffällig ist.
Herzbeschwerden bei Älteren und Kindern verdoppelt
Auch bei älteren Menschen zwischen 81 und 90 Jahren hat sich die Zahl der Einsätze wegen Herzbeschwerden nahezu verdoppelt: von 5245 in den Jahren 2018/19 auf 10.127 im Jahr 2023. Ebenso ist die Zahl der Einsätze wegen Herzbeschwerden bei Kindern bis zehn Jahren gestiegen: von durchschnittlich 118 in den Jahren 2018 und 2019 auf 232 im Jahr 2023.
Schlaganfall-Symptome nehmen zu
Auch die Zahl der Einsätze wegen Schlaganfall-Symptomen hat zugenommen. In allen Altersgruppen gab es einen Anstieg um 43 Prozent gegenüber den Jahren 2018/19. Das entspricht einer Zunahme von 10.278 auf 14.740 Einsätze.
Das Berliner Schlaganfallregister berichtet jedoch, dass die Zahl der registrierten Schlaganfälle im Vergleich zur Zeit vor der Corona-Pandemie nicht zugenommen hat. Ein direkter Zusammenhang zwischen der gestiegenen Zahl der Rettungseinsätze bei Schlaganfällen sowie Herzproblemen generell und den tatsächlichen symptomatischen Schlaganfällen lässt sich auf Grundlage der Daten somit nicht herstellen.
Das Berlin Institute of Health der Charité (BIH) weist auf mehrere mögliche Ursachen für die Tendenz im Rettungsdienst hin, darunter die generell steigende Bereitschaft in der Bevölkerung, die Notrufnummer 112 zu wählen, sowie Haftungsrisiken. Auch die demografische Entwicklung Berlins mit einer kontinuierlich wachsenden und alternden Bevölkerung könnte eine Rolle spielen.