CDU: Vier Männer und keine Frau
Ein Kommentar
Vor 70 Jahren, am Beginn der Bundesrepublik, war die CDU/CSU eine Männerpartei, die überwiegend von Frauen gewählt wurde. So wurde sie die große konservative Volkspartei Deutschlands. Doch die Zeit der großen Volksparteien scheint nun auch in Deutschland zu Ende zu gehen. Die SPD hat es schon länger erwischt, aber jetzt auch die CDU.
Das ist so, weil beide alten Volksparteien nicht mehr auf der Höhe der Zeit sind. Bei der CDU wird dies in diesen Tagen besonders daran deutlich, dass sich - bis jetzt zumindest - ausschließlich Männer um Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur bemühen. Selbst nach 15 Jahren mit einer Kanzlerin an der Spitze dominiert in dieser konservativen Partei noch immer ein Frauenbild von gestern.
Die aktuelle Krise des politischen Konservativismus wird hier offensichtlich. Die Schriftstellerin Jagoda Marinic schreibt dazu in der Süddeutschen Zeitung: "Ein Teil dieser Krise könnte das Selbstverständnis einiger konservativer Männer sein… Wählerinnen und Wähler beobachten das Gebaren der Politiker genau… Die Glaubwürdigkeit einer politischen Partei leidet, wenn Frauen nur noch in der zweiten oder dritten Reihe stehen."
Dass mit Friedrich Merz, Norbert Röttgen, Jens Spahn und Armin Laschet sich wie selbstverständlich nur Männer um Merkels und Kramp-Karrenbauers Nachfolge bemühen, zeigt, dass der Feminismus noch längst nicht in der sich christlich nennenden Partei angekommen ist.
Solange sich Volksparteien als Männerparteien verstehen und Frauen an der Spitze nur als versehentliche Ausnahme, solange werden sie künftig auch von Wählerinnen und Wählern nicht mehr als Partei des ganzen Volkes angesehen werden. Die Männerlastigkeit der CDU und CSU ist Teil des aktuellen Problems "Volkspartei".
Den alten Volksparteien fehlen gerade jetzt Kandidatinnen. Sie sind noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Sie verschließen sich der Lebenswirklichkeit des modernen Deutschland des 21. Jahrhunderts. Die Frauenbewegung hat auch Deutschland in den letzten 70 Jahren mehr verändert als jede andere Bewegung - vielleicht mit Ausnahme der Umweltbewegung, die aber auch ganz wesentlich von Frauen getragen wird.
Konservative Männer in konservativen Parteien tun sich noch immer schwer damit, den Zeitgeist als Chance zu verstehen. Sie jammern lieber der "guten, alten Zeit" hinterher, die oft gar nicht so gut war.
"Konservative Männer müssten mehr von Angela Merkel haben", kommentiert Jagoda Marinic und meint: "Für eine pluralistische Demokratie ist Autorität durch Dominanz kein Erfolg versprechendes Mittel. Was die konservativen Herren nicht verstehen: Merkels Erfolg verdankt sich gerade nicht ihrer Dominanz, sondern ihrer Fähigkeit, scheinbar unvereinbare Positionen, so auszutarieren, dass die Kanzlerin zur bindenden, ausgleichenden Kraft wurde, die eine Mehrheit hinter sich vereinigen konnte. Das ist Merkels Stärke, für die sie weltweit geachtet wird."
So ähnlich anerkennend kommentierte in diesen Tagen die 34-jährige finnische Ministerpräsidentin die Amtszeit von Angela Merkel. Diese junge Politikerin führt in Finnland eine Koalition aus fünf Parteien, deren Vorsitzende allesamt Frauen und zwischen 30 und 35 Jahren alt sind. In der finnischen Demokratie scheinen die gesellschaftlichen Veränderungen der letzten Jahrzehnte eher angekommen zu sein als in "Old Germany".
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