CDU: Wahlkampf für ein "Weiter so" mit Kindern

Der Heile-Welt-Wahlkampf der Unionsparteien hat wenig mit ihrem Programm zu tun. Symbolbild: Daniel Roos auf Pixabay (Public Domain)

Wer das Wahlprogramm der Unionsparteien gelesen hat, kann es kaum mit dieser Kampagne in Verbindung bringen. Dafür wird der eigene Nachwuchs in die Waagschale geworfen

Nüchtern betrachtet könnten sich die Unionsparteien schon fast ihren Wahlkampf schenken - schließlich haben ihre Hauptmitbewerber Bündnis 90/Die Grüne und SPD so kapitale Fehler gemacht, dass CDU und CSU sich vielleicht einfach nur ruhig und unauffällig verhalten müssten, um stärkste Kraft zu bleiben.

Die SPD will sich im Wahlkampf zwar irgendwie von der Union abheben, hielt es aber trotzdem für eine gute Idee, als Kanzlerkandidaten einen amtierenden Minister der Großen Koalition aufzustellen, was an der Basis für Ärger sorgte und zum einen oder anderen Parteiaustritt führte. Die Grünen haben eine Kandidatin aufgestellt, die nach einem kurzen Höhenflug in den Umfragen so abstürzte, dass eine taz-Autorin am Wochenende schrieb, Annalena Baerbock habe mit ihrer Selbstüberschätzung "dem Feminismus einen Bärendienst erwiesen". Baerbock sei am eigenen Ehrgeiz gescheitert, weil sie ihren Lebenslauf aufgehübscht und beim Schreiben ihres Buches wohl etwas zu oft die Copy-and-Paste-Funktion bedient habe.

Alle anderen Parteien rechnen sich selbst keine Chancen auf das Kanzleramt aus und haben folglich keine Kandidaturen dafür bekannt gegeben. Die Unionsparteien müssten also nicht zwangsläufig ein Video verbreiten, in dem der CDU-Chef und Kanzlerkandidat Armin Laschet mit der sanften Stimme eines Märchenonkels davon spricht, wie verletzlich und stark zugleich Deutschland sei, um die Gewohnheitstiere unter den Wahlberechtigten bei der Stange zu halten.

Keine Models

Sie bräuchten vielleicht für die Bundestagswahl im September gar keine Kampagne unter dem Motto "Deutschland gemeinsam machen", die man nur ernst nehmen kann, wenn man ihr Wahlprogramm nicht gelesen hat. Dann müssten sie für Wahlplakate auch keine Kinder fotografieren lassen, von denen kein Mensch weiß, wie sie in zehn Jahren darüber denken. Auf diese Plakate ist CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak aber mächtig stolz.

Bei der Vorstellung der Wahlkampagne am Dienstag im Berliner Konrad-Adenauer-Haus betonte er, dass die abgebildeten Personen - darunter auch Erwachsene - keine Models seien, sondern Mitglieder und Mitarbeiter seiner Partei, die aus Überzeugung mitgemacht hätten. CDU-Mitglieder müssen allerdings mindestens 16 Jahre alt sein, Mitglieder der Jungen Union mindestens 14 Jahre. Auf die deutlich jüngeren abgebildeten Kinder ging Ziemiak nicht ein. CDU-Pressesprecher Philip Kuhn bestätigte auf Nachfrage von Telepolis, dass es sich um Kinder von Mitgliedern und Mitarbeitern der Partei handle.

Ziemiak betonte während der Pressekonferenz, dass es für das Fotoshooting ein strenges Hygienekonzept gegeben habe, um Ansteckungen mit dem Coronavirus vorzubeugen - und dass ihm persönlich Familienpolitik "besonders wichtig" sei. "Wir wollen Familien stärken", so Ziemiak.

Ohne rot zu werden

"Wir werden wirtschaftliche Stärke mit konsequentem Klimaschutz und sozialer Sicherheit verbinden", sagt Kanzlerkandidat Laschet im Wahlkampfvideo, ohne rot zu werden. Im Wahlprogramm der Unionsparteien "für Stabilität und Erneuerung" steht allerdings ein ganz anderes Thema an erster Stelle, nämlich außenpolitische Großmachtambitionen, die dort als "neue Verantwortung Deutschlands in der Welt" bezeichnet werden. Die Zielvorgabe der Nato, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Rüstung und Militär auszugeben, soll demnach unbedingt eingehalten werden, um das Militärbündnis modernisieren zu können. An der "schwarzen Null" in der Haushaltspolitik soll aber festgehalten werden; und Steuererhöhungen soll es auch nicht geben. Wenn dieses Versprechen gehalten wird, dürften sich andere Wahlkampfaussagen aber als heiße Luft herausstellen.

Als Fernziel für die Modernisierung Deutschlands wird im Programm für die Bundestagswahl "Klimaneutralität bis 2045" versprochen - in der Wahlkampagne wird suggeriert, dass schon für die kommende Legislaturperiode entscheidende Schritte dorthin geplant seien, etwa in der Energie- Verkehrs- und Landwirtschaftspolitik. Genau das geht aber aus dem Wahlprogramm nicht hervor. Stattdessen wird dort betont, wie gebeutelt die deutsche Wirtschaft momentan durch die Pandemie sei und dass sie jetzt nicht überfordert werden dürfe. "Für uns ist klar: Damit die Wirtschaft wieder in Schwung kommt und wir gemeinsam neuen Wohlstand schaffen können, dürfen Unternehmen keine neuen Belastungen auferlegt werden", heißt es auf Seite 34. Auch vage soziale Versprechungen im Wahlkampf dürften daher heiße Luft bleiben.

Mit den beteiligten Kindern wird all das vielleicht später ausdiskutiert - ob das auf Augenhöhe geschehen wird, ist fraglich, denn Ziemiak ist gut darin, die Prioritäten von Jugendlichen angesichts der Umwelt- und Klimakrise ins Lächerliche zu ziehen, wie 2019 sein Spott über die damals 16-jährige Aktivistin Greta Thunberg gezeigt hat.

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