CDU macht mobil
Bundeswehr für die Innere Sicherheit
Die CDU/CSU will mit der Bundeswehr nicht nur in Kabul, sondern auch in München den Terror bekämpfen. In ihrem Wahlprogramm fordert sie den von ihren Sicherheitspolitikern immer wieder geforderten Bundeswehr-Einsatz im Innern.
„Wir verteidigen Recht und Freiheit gegen Terror und organisierte sowie grenzüberschreitende Kriminalität. Wir werden den Einsatz der Bundeswehr für die Abwehr von terroristischen Gefahren zulassen...“, so heißt es im christdemokratischen Wahl- oder vielmehr Regierungsprogramm. Da der Kampf gegen organisierte und grenzüberschreitende Kriminalität in einem Absatz mit dem Bundeswehreinsatz steht, könnte man angesichts so wichtiger aber einschlägig vorbelasteter Christdemokraten wie Manfred Kanther, Holger Pfahls, Prinz zu Sayn-Wittgenstein, Max Strauß etc auf den Gedanken kommen, die CDU wollte unsere Armee nun auch gegen nicht unwesentliche Teile ihrer Partei aufbieten. Vielleicht könnte die Bundeswehr auch die Herkunft der Kohl-Spenden klären.
Aber bekanntlich werden Wahlprogramme nicht immer zu hundert Prozent umgesetzt. Folglich haben grenzüberschreitende christdemokratische Kriminelle unter den Konservativen wohl nicht mehr zu befürchten als bisher unter der rot-grünen Koalition.
Allerdings scheint der Bundeswehreinsatz im Innern durchaus ernst gemeint zu sein. Am Wochenende vor der Verkündigung des Wahlprogramms nutzte Innenpolitiker Wolfgang Bosbach die Gunst der Stunde und verkündete schon mal in der Bildzeitung vorab die beabsichtigte neue Verwendung der Streitkräfte.
Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) will die Armee, die sich und ihre Liegenschaften sonst selbst von Polizei oder privaten Sicherheitsdiensten bewachen lassen, sogar für den Objektschutz einsetzen. Im heimatlichen Radio Berlin-Brandenburg erklärte der General a.D.: „In einer geänderten Bedrohungslage und unter besonderen Bedingungen brauchen wir alle staatlichen Ressourcen, um Gefahren abzuwehren." Die Bundeswehr soll dabei keine Polizeiaufgaben übernehmen.
Ablehnung der anderen Parteien
SPD, Grüne und auch die FDP lehnten die Unionsvorschläge ab. Der innenpolitische Sprecher des CDU/CSU-Lieblingskoalitionspartners FDP, Max Stadtler, findet die CDU/CSU-Vorschläge gar nicht gut:
„Nach den schrecklichen Ereignissen von London besteht nach Auffassung der FDP die Hauptaufgabe der Innenpolitik darin, Vollzugsdefizite in der Praxis zu analysieren und zu beseitigen. Beispielsweise muss der Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern deutlich verbessert werden. Dagegen nützt es nichts, alte Vorschläge, die zu Recht bisher abgelehnt worden sind, wieder aus der Schublade zu ziehen. Nach Auffassung der FDP sind weiterhin die Befugnisse von Polizei und Bundeswehr strikt zu trennen. Immer dann, wenn die Polizei zur Erfüllung ihrer Sicherheitsaufgaben zusätzlich die Hilfe der Bundeswehr benötigt, ist dies nach geltendem Recht schon im Wege der Amtshilfe möglich. Eine Änderung des Grundgesetzes ist daher unnötig.“
Auch die Gewerkschaft der Polizei lehnt den Einsatz der Bundeswehr im Inland als "Militarisierung der Inneren Sicherheit" ab. So erklärte der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg, dass die Polizei schon die Bundeswehr bei Auslandseinsätzen zunehmend unterstützen müsse, weil ihr die Erfahrung im Umgang mit zivilen Demonstrationen fehle. Es sei auch nicht verständlich, wie die Bundeswehr zum Schutz von Objekten eingesetzt werden könne, wenn selbst Bundeswehrobjekte bereits von privaten Sicherheitsunternehmen bewacht werden müssten: "Mit ihrem Vorschlag, die Bundeswehr im Innern einzusetzen, drückt sich die Union lediglich vor der notwendigen Konsequenz aus der angespannten Sicherheitslage, den Stellenabbau bei der Polizei umgehend zu beenden und die Personalstärke den Erfordernissen anzupassen."
Im Bundestag hatte die CDU bereits mehrfach den Einsatz der Bundeswehr im Innern gefordert. Die SPD-Grüne-Koalition hatte mit der „Abschusserlaubnis“ im Luftsicherheitsgesetz diesem Anliegen in einem wichtigen Punkt entsprochen (Grober Unfug in Paragraphenform). Zudem hatte der Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan nach Darstellung der Reservistenzeitschrift „Loyal“ in Anwesenheit von Minister Peter Struck anlässlich einer gemeinsamen „zivil-militärischer Übung’“ im vergangenen Jahr erklärt, dass über den Unglücks-, Katastrophen- und sonstigen Notfall hinausgehend „Angehörige der Bundeswehr und Reservisten für bewaffnete Einsätze im Innern der Bundesrepublik Deutschland herangezogen werden sollen, die über die bisher als üblich und rechtlich zulässig betrachtete Einsätze hinausgehen.“
Auf Fragen der FDP-Abgeordneten Helga Daub relativierte Staatssekretär Hans-Georg Wagner die Aussagen des höchsten Generals, in dem er „Loyal“ vorwarf, Schneiderhan „sehr grob zitiert“ zu haben. Diese Zurückhaltung dürfte bei der CDU-Regierung wohl fallen.