CIA erweitert verdeckte Operationen in Afghanistan
"Ohne größere Aggressivität geht es nicht" - Die Taliban sollen mit Verfolgungsteams der Terrorbekämpfung gejagt und getötet werden, um ihre Verhandlungsbereitschaft zu erhöhen
Seit 16 Jahren kämpfen amerikanische Soldaten in Afghanistan. Es sagt einiges über die Kenntnis des Landes und seiner Bewohner, die man seither erworben hat, wenn sich die Central Intelligence Agency nun erneut für die Ausweitung verdeckter Operationen entschieden hat.
Den Feind brechen, damit er zum Verhandlungstisch kommt, heißt das strategische Ziel der Trump-Administration für Afghanistan. Mehr Luftangriffe und mehr Soldaten sollen den "Versöhnungsprozess" einleiten. "Die USA wird eine Menge mehr Bomben auf Afghanistan abwerfen" - so erklärt die US-Militärpublikation Defense One einen wesentlichen Unterschied der neuen "R4+S"-Strategie zum vorhergehenden Ansatz unter Präsident Obama.
Erfolge der Taliban und ein Grundproblem
Von Nation Building ist längst keine Rede mehr. Es geht um Terrorbekämpfung, einerseits; anderseits um ein Arrangement zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung, das von Ferne an das Modell der Abmachungen zwischen der syrischen Regierung und ihren Gegnern denken lässt.
Die sollen aus einer Position der Stärke geführt werden. Dazu gehören territoriale Gewinne: Rückeroberung von Distrikten, die von den Taliban kontrolliert werden oder die Übermacht bei den umkämpften Distrikten. Nach Schätzungen, die um Umlauf sind, gehören etwa 45 Prozent der Distrikte zu den beiden Kategorien. Nach jüngsten Meldungen setzen die Taliban ihren Erfolgs-Trend fort.
Die Rückeroberung der Gebiete durch afghanische/US-Einheiten mit verstärktem Einsatz der Luftwaffe wird gar nicht als das große Problem dargestellt. Das besteht im Halten der Positionen. Die afghanische Armee ist dazu kaum in der Lage. Die am besten ausgebildeten Einheiten sind Spezialeinheiten, die für die Offensive zuständig sind.
Der verdeckte Krieg: Besser für die Öffentlichkeit
Es liegt auf der Hand, dass der erweiterte Einsatz der CIA-Operationen an diesem Problem nichts verändern wird. Eine größere Truppen-Aufstockung ("surge") ist der US-Regierung nicht möglich. Das würde zu sehr an die Vergeblichkeit des Surge unter Obama erinnern und lässt sich der amerikanischen Öffentlichkeit nicht verkaufen: "Sie hat etwas dagegen, wenn es 50.000 US-Soldaten in Afghanistan gibt", erklärt ein ehemaliger CIA-Counterterrorism officer der New York Times. Aber es gelte eben auch:
Es macht der amerikanischen Bevölkerung nichts aus, wenn CIA-Einheiten dort einen verdeckten Krieg führen.
Ken Stiles, ehemaliger CIA-Offizier für Terrorismusbekämpfung
Der verstärkte Kampfeinsatz der USA in Afghanistan soll mehr von der Öffentlichkeit abgeschirmt werden, stellt der oben genannte Bericht der New York Times als Absicht heraus. Was als Botschaft nach außen dringt, sind, charakteristisch für die Trump-Administration, raue Ansagen: "Aggressiv", "gnadenlos", "unerbittlich", so die Poetik der Sicherheitspolitik. Eine Kostprobe im englischen Original von CIA-Chef Pompeo:
We can’t perform our mission if we’re not aggressive. (…) This is unforgiving, relentless. (…) Every minute, we have to be focused on crushing our enemies.
Mike Pompeo
"Jagen und Töten"
Auf "Jagen und Töten" läuft die Mission der CIA in Afghanistan hinaus, wie die New York Times von zwei Mitgliedern der Administration erfahren hat. Paramilitärische CIA-Offiziere, die laut Zeitung bislang hauptsächlich mit der Ausbildung von afghanischen Spezialeinheiten betraut waren, sollen nun eine aktivere Rolle einnehmen. Sie sind Teil von sogenannten Verfolgungseinheiten (counterterrorism pursuit teams), die sich aus US-Elitesoldaten und afghanischen Spezialkräften zusammensetzen.
Wie die Rollenverteilung und die Zusammensetzung in Wirklichkeit aussehen, darüber wird nichts verraten. Die Erklärung von Verteidigungsminister Mattis zum Einsatz der "US-Militärberater" in Einheiten der afghanischen Armee wird wohl auch für die verdeckten Operationen gelten: "Make no mistake, this is combat duty", frei übersetzt: Dass die US-Militärs nur im Hintergrund agieren, ist die nur politische Verpackung, tatsächlich sind sie an der Front aktiv.
Die "Hunt & Kill"- CIA-Operationen gelten den Taliban, heißt es im Bericht. Vom IS ist gar nicht die Rede, al-Qaida wird nur Anfang erwähnt, wo es darum geht, dass sich die CIA in der Vergangenheit darauf ausgerichtet hatte, jetzt aber gebe es einen Wechsel, es gehe gegen die Taliban.
"Killerkommandos"
Das lässt an die berüchtigten Nachteinsätze von US-Einheiten in Afghanistan denken, die vom damaligen Präsidenten Karzai schwer kritisiert wurden, weil sie in der Bevölkerung wegen ihrer Brutalität verhasst waren.
Der Erfolg dieser Missionen beim Kampf gegen die Taliban lässt sich am gegenwärtigen Stand der Dinge ("Patt", so die Generäle Dunford und Nicholson) ablesen. Kritiker der sagenhaft einfallsreichen und innovativen US-Militärstrategie erinnern an die Operation Phoenix von CIA-Gangs in Vietnam.