Casting-Show und Crowdsourcing für das Pentagon

Weil gespart werden muss und die technische Entwicklung beschleunigt werden soll, experimentiert die Darpa mit Wettbewerben für Fahrzeuge und Drohnen

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Bild: Darpa

Die Darpa, die Forschungsbehörde des Pentagon, setzt zunehmend auch auf billige Entwicklungen, um Innovationen voranzubringen. Schon Anfang Februar hatte die Darpa ein Experiment versucht, mit dem eXperimental Crowd-derived Combat-support Vehicle (XC2V) Design Challenge die Weisheit oder eher die Arbeitskraft der Vielen auszunutzen, um mittels einer Crowd geeignete Designentwürfe für ein militärisches Fahrzeug zu finden und sodann wieder durch eine Crowd die besten auszuwählen.

Man erwartete von dem mit Local Motors durchgeführten Wettbewerb nicht nur neue Ansätze, sondern sich auch Kostenersparnis und vor allem schnelle bzw. dynamische Realisierung. Eingereicht wurden 150 Entwürfe, die besten wurden bis zum 10. März ausgewählt – es ging also alles wirklich schnell. Der beste angeblich realisierbare Entwurf – Flypmode von Victor Garcia - erhielt nur einen Preis von 7.500 US-Dollar, der 2. Preisträger bekam 1.500 und der 3. 1.000 US-Dollar.

Nun hat die Darpa mit dem UAVForge Challenge ein neues Experiment in Sachen Crowdsourcing oder Teamworking gestartet und das Preisgeld für den Gewinner auf 100.000 US-Dollar erhöht, um die Sache für "Innovatoren aller Art, für Wissenschaftler, Ingenieure, Bürgerwissenschaftler und Träumer" interessanter zu machen. Sie sollen zusammenarbeiten, um die Entwicklung von neuen kleinen und leistungsfähigeren Drohnen in Gang zu bringen – und das ebenfalls möglichst schnell und preisgünstig.

Ziel ist die Entwicklung einer Mikrodrohne, die 3 Stunden fliegen kann, in einem städtischen Gebiet operiert, ohne dass der Pilot die Drohne direkt sehen kann. Sie soll so leise und unauffällig fliegen, dass sie nicht entdeckt wird, zudem soll sie so leicht sein, dass die Drohne in einen Rucksack passt und von einer Person getragen werden kann, und erwartet wird eine intuitive Bedienbarkeit, also möglichst wenig Voraussetzungen und Schulungen, um sie zu steuern.

Bild: Darpa

Man hofft, durch das kreative Outsourcing besser innovative Menschen und Ideen erschließen zu können, um so die bürokratische Trägheit des Militärsystems und der Verkettung mit Rüstungskonzernen zu umgehen. Und man meint, dass Teams durch den "Austausch von Ideen und Designpraktiken" irgendwie kreativer seien, als dies in den hierarchischen Strukturen des Militärs möglich ist, wo sich auch die verschiedenen Abteilungen bekämpfen. Bei der Darpa stellt man sich den Wettbewerb wohl wie eine Casting-Show vor, bei der dann auch registrierte Internetnutzer mit abstimmen können.

Die Teams müssen einige Hürden überwinden, dann werden die 10 besten ausgewählt. Die erhalten dann für die Teilnahme an der Endausscheidung Flug-, Reise- und Tagesgeldkosten für bis zu 5 Teammitglieder und bis zur Höhe von 15.000 Dollar. Das Gewinnerteam wird nicht nur mit dem Geldpreis belohnt, sondern kann auch an einer Übung im Ausland teilnehmen und mit einem vom Pentagon ausgewählten Hersteller von Drohnen eine begrenzte Zahl der neuen Maschinen bauen, um sie weiter zu testen.

Interessant an dem Projekt ist freilich nicht nur, dass man im Pentagon zum Sparen und zur Beschleunigung der technischen Entwicklung auf kreative Teams und Casting-Prozeduren setzt, sondern dass das Ergebnis billig herzustellende Mikrodrohnen sein sollen, die leicht zu bedienen sind. Damit öffnet das Pentagon gewissermaßen die Tür noch weiter, dass alle möglichen Interessenten selbst Drohnen entwickeln, bauen und einsetzen können, wodurch der technische Vorteil des Militärs der hochindustrialisierten Länder in den asymmetrischen Kriegen eigentlich systematisch untergraben wird. Terroristen, Kriminelle oder auch andere Gruppen könnten sich der neuen Mikrodrohnen auch im Inland bedienen, um Ziele auszukundschaften und den Sicherheitskräften zu entgehen. Das Wettrüsten geschieht mithin nicht mehr zwischen zwei gegnerischen Supermächten, sondern innerhalb einer Supermacht.