Ceta: "Schutz für fossile Konzerne" und sonst?

Alle Bedenkenträger ausmanövriert: Die Gelegenheit schien günstig. Das Freihandelsabkommen mit Kanada wurde schnell ratifiziert. Doch wem nützt es? Kleine und mittlere Betriebe in Deutschland dürfen sich nicht viel versprechen.

Die Bundestagsabgeordneten verabschiedeten den Vertrag mit einer Mehrheit von 559 Stimmen, es gab nur 110 Gegenstimmen. Vor dem Hintergrund des EU-Streits mit der US-Regierung über den Inflation Reduction Act hoffte man wohl mit der Ratifizierung des ″Comprehensive Economic and Trade Agreement″ (Ceta) den Blick stärker auf die transatlantischen Handelsbeziehungen mit dem im Vergleich zu den USA weniger in der Kritik stehenden Kanada richten zu können.

Kanada schien da dann auch die richtige Perspektive, die man den wegen der hohen Energiepreise verärgerten Bundesbürgern bieten wollte. Das passte zur Idee, den Blick weg von Eurasien wieder auf den Atlantik zu richten und der Begriff Freihandel schien dabei sicherlich auch hilfreich, wenn man sich vom Handel mit Autokraten abwenden will.

In diesen Zusammenhang passte auch die Aussage der SPD-Fraktionsvizechefin Verena Hubertz, die von einem wichtigen Schritt für den "werteorientierten Freihandel" und den Zusammenhalt der demokratischen Staaten sprach. Auch die Tatsache, dass die Grünen ihren früheren Widerstand gegen Ceta in eine unbedingte Zustimmung gewendet hatten, stieß in vielen Medien auf große Zustimmung (zu den Grünen und Ceta siehe: Kuhhandel um Freihandel: Warum nur drei Grüne beim "Nein" zu Ceta blieben)

Das Magazin Cicero sieht in der Zustimmung der Grünen zu Ceta schon die nächste Zeitenwende und eine grüne Rolle vorwärts in die Realität. Weniger zuversichtlich im Zusammenhang mit Freihandelsabkommen sind bis heute Gewerkschaften und Umwelt- sowie Klimaschützer.

So meldete sich die Greenpeace-Handelsexpertin Lis Cunha mit den Worten: "Das Abkommen schützt fossile Konzerne statt das Klima."

Die Verhandlungen zwischen Kanada und der EU wurden schon im Jahre 2016 abgeschlossen. Seit September 2017 ist Ceta zwischen der EU und Kanada bereits in Kraft und hat dazu geführt, dass es für 98 Prozent aller Waren, die zwischen der EU und Kanada gehandelt werden, keine Zölle mehr gibt und damit pro Jahr rund 500 Millionen Euro an Zollgebühren wegfallen.

Während Kanada das Abkommen schon vollständig ratifiziert hat, steht dieser Schritt in der EU bei zahlreichen Mitgliedern noch an.

Vorteile?

Die Verhandlungen um Ceta gehen noch in die Zeit zurück, als sich Deutschland als Exportweltmeister fühlen durfte, was inzwischen jedoch Geschichte ist.

Deutschland hat im Handel mit Nordamerika aufgrund des LNG-Einkaufs aus den USA oder über die USA aus dem von Trump noch kritisierten Überschuss ein deutliches Defizit herausgewirtschaftet.

Im Falle von Kanada hat Deutschland, wohl nicht zuletzt aufgrund der seit 2017 schon geltenden Teilen von Ceta im vergangenen Jahr einen deutlichen Handelsüberschuss erarbeitet. 2021 wurden nach Kanada deutsche Güter im Wert von zehn Milliarden Euro exportiert, die Importe summierten sich auf 6,2 Milliarden.

Was sich so isoliert betrachtet als Erfolg darstellen lässt, reduziert sich beim Vergleich mit dem gesamten deutschen Handelsvolumen auf magere 0,6 Prozent.

Während es vielen großen Konzernen auch nach Corona- und Energiekrise besser als je zuvor zu gehen scheint und diese jetzt nicht unbedingt auf die Verbesserung ihre Handelskonditionen in Bezug auf Kanada angewiesen zu sein scheinen, sieht die deutsche Politik im Bürokatieabbau im transatlantischen Handel schon seit Längerem eine Erleichterung für kleine und mittlere Unternehmen.

Wenn man jedoch die kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland betrachtet, die unter den Energiepreissteigerungen und der dadurch induzierten Inflation am meisten leiden, wie beispielsweise die regionalen Lebensmittelproduzenten angefangen beim Milchbauern bis zum handwerklichen Bäcker, dürfte der Export nach Kanada für diese kaum Rettung versprechen.

Die Ratifizierung der noch nicht in Kraft getretenen Bestimmungen zum Investitionsschutz dürften für die kleinen und mittleren Betriebe in Deutschland wohl auch keine signifikante Wende bringen.