Atomkraft und fossile Energie: Der teure Irrweg der Konservativen
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Forderung nach Atomkraft und Kohlestrom wird lauter. Konservative Politiker wollen die Energiewende stoppen. Was sie verschweigen: Die wahren Kosten trägt der Bürger.
Atomkraftwerke und fossil befeuerte Kraftwerke sind leuchtende Beispiele für eine nicht zu Ende gedachte lineare Wirtschaftsweise. Die Bergschäden in den Steinkohleabbaugebieten und die nachlaufenden Kosten für die Wasserhaltung in den Zechen, lange nachdem sie ausgebeutet wurden, sind deutliche Zeichen, dass diese Ausbeutung ein Irrweg war, der zunehmend auch finanziell zu Buche schlägt.
Die Ewigkeitskosten wurden ebenso wie die noch immer nicht bekannten Kosten für die Reste der 60-jährigen Kernkraftnutzung erfolgreich aus dem Bewusstsein der Bevölkerung verdrängt. Sie werden künftigen Bürgern wieder auf die Füße fallen.
Da die Ausbeutung der fossilen Energiequellen in Deutschland nicht mehr möglich ist, bleiben hier nur die Lasten. Wer jetzt auf den Import fossiler Brennstoffe setzt, verschiebt die dabei neu entstehenden Ewigkeitskosten auf die Exportländer, deren Bevölkerung dann dafür aufkommen muss.
Nutzung erneuerbarer Energien forciert Kreislaufgedanken
Mit dem Ausbau der Erneuerbaren verfolgt Deutschland eine Entwicklung, die inzwischen auch in China greift. Dort wird diese Entwicklung jedoch von der öffentlichen Meinung gefördert, während sie hierzulande lautstark bezweifelt wird.
Auch deutsche Windkraftanlagen sind Teil der Kreislaufwirtschaft, weil dafür keine Brennstoffe verbraucht werden und auch der spätere Abbau von Windkraftanlagen Teil der Finanzierung ist. Mit der Betriebserlaubnis für eine Windkraftanlage müssen die Kosten für deren Abbau hinterlegt werden. Und bei signifikanten Kostensteigerungen beim Rückbau müssen die hinterlegten Summen erhöht werden.
Beim Bau fossiler Kraftwerke und von Kernkraftwerken hat man auf die Finanzierung des Rückbaus ebenso verzichtet wie auf eine Versicherung, weil niemand die Kosten abschätzen wollte. Dafür muss nun im Zweifelsfall der Steuerzahler geradestehen.
Ein Problem beim Ausbau der Erneuerbaren ist ihr Erfolg
Gerade Privatleute, für die Stromerzeugung auf dem eigenen Dach ein Ziel war, das nicht in erster Linie dem kurzfristigen Gewinnstreben folgte, haben für einen schnellen Ausbau der Dachphotovoltaik gesorgt, der inzwischen die Verteilnetzbetreiber überfordert, weil ihr Geschäftsmodell seit Jahrzehnten auf die Verteilung des in fossilen Zentralkraftwerken erzeugten Stroms ausgerichtet war.
Der Ausbau der Verteilnetze ist seit der Liberalisierung der Elektrizitätsnetze in Deutschland stark reguliert und der freien Entscheidung der Verteilnetzbetreiber entzogen. Letztlich bleibt für viele private Dach-PV-Anlagen jetzt nur die Abkehr von der Einspeisung und der digitalisierte Speicher-optimierte autarke Eigenverbrauch.
Forderung nach Rückbau der Erneuerbaren gefährdet das Investitionsklima
Die starke Wankelmütigkeit der veröffentlichten Meinung in Deutschland sorgt für erkennbare Unsicherheit bei Investoren. Gerade im Energiebereich sind Investitionen sehr langfristig angelegt und erreichen gerne eine Lebenszeit von drei menschlichen Generationen und mehr.
Werden jetzt die in den vergangenen Jahren getätigten Investitionen in die Energiewirtschaft kurzfristig aus politischen Gründen zerstört, gerät das gesamte Finanzierungsmodell der Energiewirtschaft ins Taumeln.
Dass schon eine Androhung des absehbaren vorfristigen Abbaus von Windkraft und Solaranlagen, wie sie die Kanzlerkandidaten Merz und Weidel verkündet haben, das Investitionsklima im Energiebereich verdüstern, sieht man aufgrund der langen Vorlaufzeiten in diesem Bereich noch nicht.
Das Dilemma der Kernkraft in Deutschland
Der Schlingerkurs bei der Kernkraftnutzung in Deutschland geht zu 100 Prozent auf die CDU unter Kanzlerin Merkel zurück, die den unter Schröder mit der Energiewirtschaft ausgehandelten Kompromiss zum ersten Atomausstieg zurückgenommen hat, um sich kurz darauf um 180 Grad zu drehen und einen erneuten Atomausstieg zu verkünden, den die Ampel dann exekutieren musste.
Aufgrund des unter Merkel verkündeten Atomausstiegsplans wurden die Kraftwerkswartungen einvernehmlich zurückgefahren und die Personalplanung entsprechend angepasst. Die Abschaltung der Kernkraftwerke war somit geplant und unumkehrbar erfolgt, und die damaligen Betreiber waren durchaus froh, ihr politisch riskantes Sorgenkind losgeworden zu sein und sich von der unberechenbaren Kostenlast der Endlagerung durch Abwälzung auf den Steuerzahler befreit zu haben.
Die Hoffnung, dass man heute zur Atomkraft-Aufbruchsstimmung unter Franz Josef Strauß zurückrudern könne, scheint wenig fundiert zu sein.
Wer jetzt glaubt, mit einer Rückkehr zur Kernkraft in Deutschland den Trend zu den Erneuerbaren stoppen zu können, muss erklären, wie die Zeit bis zur Inbetriebnahme neuer kerntechnischer Anlagen überbrückt werden könnte. Zudem müsste für eine mögliche neue Genehmigung einer solchen Anlage die Frage der Endlagerung und ihre Finanzierung ausfallsicher geklärt sein.
Leonhard Birnbaum, der Chef von Deutschlands größtem Energieanbieter E.on erklärte kürzlich im Handelsblatt:
Es wird in Deutschland kein privates Unternehmen geben, das Geld in neue Kernkraftwerke investiert. Ich könnte keinem einzigen internationalen Investor erklären, warum das nach dem Hin und Her um die Kernkraft eine gute Idee sein sollte.
Wer auch immer künftig in Deutschland politisch das Sagen hat, wird sich um diese Problemlage nur schwer herumwinden können. Für die öffentliche Stromversorgung wäre diese Entwicklung der Beginn ihres Endes, weil jeder, dem es wirtschaftlich möglich ist, dort aussteigt.
Wenn die Kosten für einen Rückweg zur Kernkraftnutzung nicht von den Stromkunden übernommen werden, müsste sie der Steuerzahler ohne Rücksicht auf seinen eigenen Strombezug übernehmen.