China im Corona-Krisenmodus, Entwarnung für Europa

Seite 2: Droht ein Superspreader?

Was vor allem die städtischen Gebiete betrifft, rechnen Beobachter aber noch mit einem Andauern der ersten Welle bis Mitte Januar. Und einige prophezeien mindestens noch eine weitere Welle: Mitte Januar bis Mitte Februar die Welle Nummer 2. Hier kommt das chinesische Neujahrsfest ins Spiel.

Um den 22. Januar schwärmen Millionen Chinesen aus, um ihre Freunde und Verwandten im In- und Ausland zu besuchen. Die Reisewelle könnte sich zum Superspreader auswachsen. Das weckt bei manchen Menschen ungute Erinnerungen.

Vor drei Jahren, im Januar 2020, zu Beginn der Corona-Pandemie, war es das chinesische Neujahrsfest, das dazu beitrug, Corona in alle Welt zu tragen. Für zigtausende chinesische Kunden sind um die Zeit Reisepakete Richtung Europa geschnürt. Droht also tatsächlich doch noch "der Geist aus der Flasche"?

Entwarnung kommt vom Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC). Die Agentur mit Sitz in Solna (Schweden) hilft bei der Früherkennung aufkommender Bedrohungen, analysiert Daten aus EU-Ländern zu übertragbaren Krankheiten mithilfe des europäischen Überwachungssystems Tessy und leistet wissenschaftliche Beratung von Regierungen und Institutionen der EU.

Das ECDC hat eigenen Angaben zufolge zusammen mit den EU-/EWR-Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission seine Überwachungsaktivitäten verstärkt und stellt seine Einschätzung online. Die Zahl der Covid-19-Fälle, so die Agentur Anfang Januar, hat auf dem chinesischen Festland "einen Rekordstand" erreicht.

Nach wie vor fehlt es aber an zuverlässigen Daten über Covid-19-Fälle, Krankenhauseinweisungen, Todesfälle sowie die Kapazität und Belegung von Intensivstationen (ICU). China habe derweil begonnen, Sars-CoV-2-Sequenzen in größerer Zahl in GISAID zu hinterlegen. GISAID ist eine globale wissenschaftliche Plattform zur gemeinsamen Nutzung von Influenzadaten.

Entwarnung für Europa – mit Vorbehalt?

Nun, gibt es Entwarnung für Europa? So scheint es zumindest:

Die in China zirkulierenden Varianten sind bereits in der EU im Umlauf und stellen daher keine Herausforderung für die Immunantwort von EU/EWR-Bürgern dar. Außerdem sind die EU-/EWR-Bürger relativ häufig geimpft und immunisiert.

ECDC

Dennoch melden einige Stimmen Vorbehalte angesichts der dynamischen Situation an. "Wir brauchen jetzt ein europaweit einheitliches Schutzkonzept", so zuletzt Johannes Nießen, Vorsitzender des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes der Mediziner.

Jeder Reisende aus China sollte bei der Einreise in die EU per Schnelltest getestet werden.

Johannes Nießen

Bei einem positiven Testergebnis müsse ein PCR-Test folgen und die Probe sollte sequenziert werden.

Mehrere europäische Länder setzen bereits auf Einreisebeschränkungen für Reisende aus China, darunter Frankreich, Italien und Spanien. Frankreich hatte am Neujahrstag damit angefangen, an seinen Flughäfen stichprobenartig Covid-Tests für Reisende aus China durchzuführen. Auch Großbritannien, die USA, Kanada, Australien, Indien und Südkorea kündigten Änderungen ihrer Einreiseregeln an.

Flugreisende aus der Volksrepublik China, Hongkong oder Macau, die in die USA einreisen, müssen seit dem 5. Januar einen negativen PCR-Test oder einen Covid-Antigen-Test vorlegen.

Corona-Variante XBB.1.5 in Europa

Der deutsche Virologe Christian Drosten merkte frühzeitig besorgt an: Aufgrund der anschwellenden Infektionszahlen in China steige die Wahrscheinlichkeit, dass das Coronavirus erneut problematisch mutiere.

Chinesischen Gesundheitsexperten zufolge bietet die Delta-Variante wohl keine Gefahr mehr im Land, was von vielen Chinesen noch befürchtet worden war. Omikron sei der vorherrschende Stamm. Aus Peking verlautet, die Omikron-Untervarianten BA.5.2 und BF.7 seien am weitesten verbreitet.

Die besonders leicht übertragbaren Untervarianten, die in China (noch) nicht vorherrschen, sind XBB und BQ, sie sind in den westlichen Ländern unterwegs. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht aktuell Anzeichen für die Ausbreitung von Corona-Variante XBB.1.5 in Europa.

Auf einer Online-Pressekonferenz in Kopenhagen sprach der Direktor des WHO-Regionalbüros Europa, Hans Kluge, am Dienstag davon, dass jüngste Daten aus einigen Ländern der Region auf die zunehmende Präsenz von XBB.1.5 hindeuteten.

Es dürfte in der Frage also noch weitere Aufschlüsse und auch Diskussionen geben.