China veröffentlicht neue Erkenntnisse über Mondrückseite

Mond und Erde

China hat erstmals vorläufige Analyseergebnisse von Gesteinsproben der Mondrückseite veröffentlicht

(Bild: Shutterstock.com )

China enthüllt Details zur Mondrückseite. Proben zeigen einzigartige Gesteinszusammensetzung. Neue Erkenntnisse könnten unser Verständnis des Mondes revolutionieren.

Chinesische Wissenschaftler haben erstmals Details über die Zusammensetzung des Mondbodens auf dessen erdabgewandter Seite veröffentlicht.

Die von der Mission Chang'e-6 gesammelten Proben unterscheiden sich deutlich von den bisher auf der erdzugewandten Seite gesammelten Proben – was Wissenschaftlern neue Einblicke in die Entstehung und Entwicklung des Mondes ermöglichen könnte.

Pionierarbeit auf der Mondrückseite

Am 1. Juni gelang dem Landemodul von Chang'e-6 eine erfolgreiche Punktlandung im südlichen Bereich des Apollo-Kraters auf der erdabgewandten Seite des Mondes. Die Mission, bei der die beachtliche Menge von 1,9 Kilogramm Mondmaterial gesammelt wurde, endete mit der Rückkehr der Proben zur Erde am 25. Juni.

Die Analyse der jüngsten Mondproben ergab eine Mischung aus Basalten (mit einem Anteil von 30 bis 40 Prozent) und fremden Auswurfmassen, die sich deutlich von den überwiegend basaltischen vulkanischen Gesteinen früherer Proben unterscheidet.

Erste Bilder der Proben wurden am Dienstag in einem Bericht des staatlichen Nachrichtensenders CCTV der Öffentlichkeit präsentiert

Einzigartige Gesteinszusammensetzung

Die Wissenschaftler des Key Laboratory of Lunar and Deep Space Exploration der Chinesischen Akademie der Wissenschaften, des Lunar Exploration and Space Engineering Centre und des Beijing Institute of Spacecraft System Engineering kommen zu dem Schluss, dass es sich bei den Proben wahrscheinlich um eine Mischung aus reifem Mondstaub und frisch ausgeworfenem Material handelt.

Die Proben von der erdabgewandten Seite enthalten deutlich mehr helle Partikel wie Glas und Feldspat als die Proben der Chang'e-5-Mission von der erdnahen Seite des Mondes. Die dominierenden Mineralien sind Pyroxen, Plagioklas und Ilmenit.

Die Herkunft dieser Materialien führen die Forschenden auf Auswürfe oder Einschläge zurück. Außerdem weisen die neuen Proben eine geringere Dichte auf, was auf einen lockeren und porösen Zustand des Mondbodens hindeutet. Die Forscher beschreiben das Gestein als "ziemlich locker" und in seinem "natürlichen Zustand auf der Mondoberfläche noch lockerer".

Die Ergebnisse, die in der renommierten englischsprachigen Fachzeitschrift National Science Review veröffentlicht wurden, sind von großer wissenschaftlicher Bedeutung.

Sie dokumentieren nicht nur die vulkanische Geschichte der Mondrückseite, sondern könnten auch wichtige Erkenntnisse über die Gesteinskruste der Mondhochländer, die Schmelzen des Südpol-Aitken-Einschlags und möglicherweise auch über das tiefe Mondinnere liefern.

Mondrückseite: Vor Chang'e-6 6 ist noch niemand gelandet

China ist das erste und bisher einzige Land, das Proben von der Rückseite des Erdtrabanten gesammelt hat. Das Material stammt aus dem Aitken-Becken am Südpol, dem größten, tiefsten und ältesten Einschlagsbecken des Mondes.

Während die erdabgewandte Seite des Mondes von Landesonden aufgrund der schwierigeren Logistik und Kommunikation bisher unerforscht blieb, sammelten Missionen der USA, der ehemaligen Sowjetunion und China ausschließlich Proben von der erdzugewandten Seite.

Die ersten Bilder von der Mondrückseite wurden 1959 von der sowjetischen Sonde Lunik 3 aufgenommen. Im Rahmen der Apollo 8 Mission warfen erstmals Menschen einen Blick auf die "dunkle Seite" des Mondes. Diese wird manchmal umgangssprachlich so genannt, weil sie von der Erde aus nie zu sehen ist – tatsächlich gibt es dort aber genauso Tag und Nacht wie auf der erdzugewandten Seite.

Neue Theorien über Entstehung des Mondes?

Die chinesischen Wissenschaftler weisen in ihrem Bericht darauf hin, dass Proben von der erdnahen Seite allein, ohne entsprechende Proben von der gesamten Mondoberfläche, insbesondere von der erdabgewandten Seite, die geologische Vielfalt des Mondes nicht vollständig erfassen können. Diese Einschränkung behinderte bislang das Verständnis der Entstehung und Entwicklung des Mondes.

Die erdabgewandte Seite des Mondes ist immer dem Weltall zugewandt und daher einer höheren Einschlaghäufigkeit von kosmischen Körpern ausgesetzt. Bodenproben von dieser Seite enthalten Material von der Oberfläche sowie tiefere Proben von Auswürfen und Einschlägen, was zwangsläufig zu einer anderen Chemie und Zusammensetzung führt als bei flacheren Oberflächenproben von der nahen Seite.

Die Auswertung der Proben ist bislang nur vorläufig. Das Team hofft nun, dass weitere Analysen grundlegende Daten für zukünftige wissenschaftliche Untersuchungen liefern und zu neuen Konzepten und Theorien über die Entstehung und Entwicklung des Mondes führen könnten.