Chinas Terrorproblem

Uighurische Separatisten versuchen, die durch die olympischen Spiele erzeugte Aufmerksamkeit zu nutzen, indem sie Anschläge verüben

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Der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge versuchten uighurische Separatisten am Sonntag, mit selbstgebauten Rohrbomben in mehrere Supermärkte, Hotels und Verwaltungszentrum in der Stadt Kuqa im Süden Xinjiangs einzudringen. Dabei kam es zu einem Feuergefecht und insgesamt zwölf Explosionen.

Nach Angaben der chinesischen Behörden kamen bei dem Anschlag 10 der Terroristen, ein Angehöriger der Sicherheitskräfte und ein unbeteiligter Uighure zu Tode. Der Meldung zufolge wurden zwei Terroristen festgenommen, drei konnten jedoch entkommen. Danach hatten die Angreifer auch noch Dutzende Sprengvorrichtungen, die sie jedoch nicht mehr zur Explosion bringen konnten.

Am gestrigen Dienstag folgte die nächste Attacke: in der ebenfalls in Xinjiang gelegenen Stadt Kaschgar stach ein Mann auf Polizisten ein, wobei drei starben und ein weiterer verletzt wurde.

Bereits am letzten Montag hatte es einen Anschlag in Kaschgar gegeben, bei dem 16 Grenzpolizisten getötet und 16 weitere verletzt wurden. Die Täter waren mit einem Müllaster in eine Gruppe von Polizisten gerast, die gerade ihren Frühsport absolvierte, hatten dann Granaten geworfen und schließlich mit Messern angegriffen.

Volksgruppenmehrheiten in Xinjiang

Die Uighuren sind ein Turkvolk von etwa neun Millionen Menschen, das fast ausschließlich in der extrem trockenen und dünn besiedelten autonomen Region Xinjiang lebt. Dort stellen sie knapp die Hälfte der Bevölkerung, wobei ihr Siedlungsschwerpunkt im Südwesten liegt. Obwohl sie ihre Zahl in den letzten 50 Jahren nahezu verdoppeln konnten, ihre Sprache in den Schulen gelehrt wird und es uighurische Zeitungen, Bücher und Rundfunksender gibt, wurden sie in die Gruppe der "bedrohten Völker" aufgenommen. Als Begründung dafür wird die chinesische Zuwanderung in die autonome Region angeführt, die sich auf den Osten und die großen Städte konzentriert.

In den Quellen tauchen die Uighuren erstmals im 4. Jahrhundert nach Christus auf. In der Auseinandersetzung mit den Göktürken entstand ein Reich, dessen Zentrum in der heutigen Mongolei lag. In ihm verbreiteten sich nestorianisches Christentum, Manichäismus und Buddhismus. Im 9. Jahrhundert wurde dieses Uighurenreich von den Kirgisen zerschlagen. Darauf hin gründeten sich zwei kleinere Staaten im heutigen Xinjiang und einer in der Provinz Gansu. In Gansu gingen die Uighuren in der dortigen Bevölkerung auf. Dagegen gerieten die Uighurenstaaten in Xinjiang zwar in mongolische Abhängigkeit, konnten aber ihre sprachliche Eigenart bewahren. Als der damalige buddhistische Idikut Salendi Mitte des 13. Jahrhunderts gestürzt und enthauptet wurde, setzte sich in Xinjiang zunehmend der sunnitische Islam durch. 1771 konnte China das Gebiet, das es bereits vor der Ansiedlung der Uighuren einmal beherrscht hatte, zurückerobern. Nun bekam es seinen heutigen Namen, der übersetzt "Neue Grenze" bedeutet.

Xinjiang nach 1990

Nachdem die international zusammengesetzten und finanzierten "Mudschaheddin" in Afghanistan die Russen vertrieben und die Regierung gestürzt hatten, begannen sie teilweise uighurische Separatisten im nahe gelegenen Xinjiang zu unterstützen. Seitdem gibt es dort Terroranschläge. Chinesische Angaben zufolge soll es dadurch allein in den 1990er Jahren 160 Tote gegeben haben. Bevorzugte Opfer waren Uighuren in hohen Verwaltungspositionen und Imame, die man beschuldigte, mit Peking zusammenzuarbeiten. Aber auch Busse wurden in die Luft gesprengt. 1997 gelang den Separatisten sogar ein Sprengstoffanschlag in einem belebten Einkaufsbezirk in Peking, der allerdings nur Verletzte und Sachschäden zu Folge hatte.

Nach Auskunft des Vizepräsidenten der autonomen Region Xinjiang, Kurexi Maihesuti, hoben chinesische Sicherheitskräfte allein in der ersten Hälfte des Jahres 2008 mehrere Terrorgruppen aus, darunter eine, die plante, ein Flugzeug zu sprengen. Auch Rohan Gunaratna vom in Singapur ansässigen International Centre for Political Violence and Terrorism Research geht von einer ganzen Reihe gewaltbereiter uighurischer Gruppen aus, traut aber nur einer davon die Kapazitäten zu, international sichtbare Anschläge zu verüben: Dem ETIM (East Turkestan Islamic Movement), auch bekannt als TIP (Turkestan Islamic Party). Das ETIM wird sowohl von der chinesischen als auch von der amerikanischen Regierung als Terrorgruppe eingestuft. Dabei spielt eine Rolle, dass ein Bericht des US-Außenministeriums 2005 enge Kontakte zwischen den Separatisten und dem "internationalen Dschihadismus" feststellte. Bei der Erstürmung eines mutmaßlichen al-Quaida-Trainingscamps durch die pakistanische Armee kam 2003 unter anderem der damalige ETIM-Führer Hasan Mahsum ums Leben.

Ob das ETIM hinter den beiden jüngsten Anschlägen steckt, ist jedoch unklar: Als im Juli eine Videobotschaft auftauchte, in der sich die Gruppe zur Explosion dreier Busse in verschiedenen Teilen Chinas bekannte, winkten chinesische Sicherheitskräfte ab und meinten, es gäbe keine Hinweise darauf, dass die Detonationen einen terroristischen Hintergrund gehabt hätten.