Contra: Warum Photovoltaik-Stromspeicher dem Klima schaden

Wir sollten den Solarstrom direkt nutzen und in die Netze einspeisen anstatt ihn zu speichern, argumentiert Helmut Zell. Bild: pxhere / Public Domain

Nutzen PV-Stromspeicher dem Klima? Ingenieur Helmut Zell sagt Nein. Die Bundesregierung sollte sie daher nicht fördern. In einer Erwiderung hält Prof. Eberhard Waffenschmidt dagegen (Siehe Pro-Artikel).

Simon Wiegand will als ökologisch bewusster Mensch etwas für das Klima tun. Deshalb plant er auf seinem Einfamilienhaus eine Photovoltaikanlage (PV-Anlage) installieren, um so Strom aus Kohle, Gas und Atom zu reduzieren. Als Zusatzmaßnahme will er einen Batteriespeicher installieren, in dem überschüssige Energie gespeichert und bei Bedarf abgegeben wird.

Bitte beachten Sie zu diesem Beitrag auch den Text "Pro: Wir brauchen Stromspeicher für Klimaschutz und 100 Prozent Erneuerbare" von Eberhard Waffenschmidt.

Dafür will er eine staatliche Förderung in Anspruch nehmen. Zwar soll sich das Ganze für ihn finanziell rechnen, doch wichtig ist ihm auch, dass er damit einen echten Beitrag zur Senkung der CO2-Emissionen leistet.

Eine PV-Anlage ohne Batteriespeicher

Eine heutige PV-Anlage in einem Privathaushalt kann bei guter Sonneneinstrahlung eine elektrische Leistung zwischen 5 bis 12 Kilowattpeak (kWp) abgeben. Je nach Lage, Ausrichtung und Neigung der PV-Anlage pro kWp ist mit einem Jahresertrag von 900 bis 1.100 Kilowattstunden (kWh) zu rechnen. Eine PV-Anlage mit einer Leistung von 8 kWp (Kilowatt peak = Maximalleistung einer PV-Anlage) liefert im Jahresdurchschnitt 1.000 kWh pro kWp. Daraus errechnet sich eine Strommenge von 8.000 Kilowattstunden im Jahr. Diese Menge kann Simon Wiegand entweder selbst in seinem Haushalt verbrauchen oder ins Netz einspeisen.

In beiden Fällen wird fossiler Strom zurückgedrängt und C02-Emissionen reduziert. Nun bleibt die Frage zu klären, welche Menge an CO2 dadurch eingespart wird. Wir gehen davon aus, dass vorwiegend fossile Energie (Kohle, Gas) mit einem spezifischen CO2-Emissionsfaktor von rund einem Kilogramm pro Kilowattstunde (kg/KWh) eingespart wird.

8.000 kWh Solarenergie verdrängt Fossilstrom in Höhe von 8.000 kWh. Die oben beschriebene Anlage hat somit das Potenzial, dem Klima CO2-Emissionen in Höhe von 8.000 kg zu ersparen. Die PV-Anlage nutzt dem Klima, weil Solarstrom den Strom aus fossilen Kraftwerken zurückdrängt und deren dabei entstehenden CO2-Emissionen vermeidet. Das ist der Nutzen für das Weltklima.

Strom selbst verbrauchen und einspeisen

Eigenverbrauch: Mit einer PV-Anlage kann der Hausbesitzer den erzeugten Strom kostengünstig für den Eigenverbrauch nutzen und so Stromkosten einsparen. Während die Kilowattstunde eigener Solarstrom in der Erzeugung rund 10 Cent kostet (vorwiegend Amortisation der Investition und in geringerem Maße Betriebskosten), ist sie beim Bezug aus dem Netz rund dreimal so hoch (etwa 35 Cent/kWh Mitte 2022).

Einspeisen: Was er nicht selbst verbraucht, kann er ins öffentliche Stromnetz einspeisen und dafür Vergütungsentgelte erhalten. Mit jeder Kilowattstunde, die er nicht selbst verbraucht, kann er Geld verdienen. So liegt für eine in 2020 errichtete Anlage die Einspeisevergütung bei einer PV-Anlage bei knapp 7 Cent pro kWh.

Ergebnis: Die PV-Anlage ist lukrativ für den Betreiber und spart CO2 für die Umwelt.

Eine PV-Anlage mit Batteriespeicher

Nun will Simon Wiegand einen Schritt weiter gehen. Er prüft, ob er zusätzlich zur PV-Anlage einen Stromspeicher installieren soll. Damit hofft er, einen höheren Teil seines Eigenbedarfs abdecken und Überschüsse ins öffentliche Netz einspeisen zu können. Leider liefert das Solarpanel nicht immer Strom in der Menge, wie er benötigt wird. Manchmal liefert es zu viel, zu anderen Zeiten nicht genug. Naheliegend ist daher die Überlegung, den eigenen Solarstrom, soweit möglich, selbst zu verbrauchen (1) , den eventuellen Überschuss zu speichern (2) oder gegen Entgelt in das öffentliche Netz einzuspeisen (3).

Rechnet sich ein PV-Speicher finanziell für den Betreiber?

Der in der PV-Anlage hergestellte Strom steht Simon Wiegand zu Selbstkosten zur Verfügung. Da er kostengünstiger ist, lohnt es sich für ihn, möglichst viel an eigenem Strom zu verbrauchen. Dagegen zahlt er für den Haushaltsstrom 35 Cent pro Kilowattstunde (Mitte 2022) an den Stromanbieter, mit steigender Tendenz. Wenn er in unserem Beispiel den eigenen Solarstrom in das öffentliche Netz einspeist, bekommt er pro Kilowattstunde nur sieben Cent. Das ist immerhin – bei unseren Annahmen – eine beachtliche Differenz von 28 Cent.

Anbieter von PV-Anlagen argumentieren, dass man durch den Einbau eines Batteriespeichers den Eigenverbrauch erhöhen und so beim Strom viel Geld sparen kann. Sie empfehlen Interessenten einer PV-Anlage, diese mit einem Speicher zu ergänzen. Durch eine optimierte Auslegung und geschickte Nutzung der Fördermöglichkeiten könne der zusätzliche Speicher finanziell vorteilhaft werden.

Nicht immer wird diese Hoffnung erfüllt, sondern hängt von einer ganzen Reihe von Bedingungen ab, z. B. technische Eigenschaften der Anlage, Standort, Art der Nutzung, etc. Ob sich das für Simon Weigand rechnet, kann nicht generell beantwortet werden. Eine Untersuchung der Stiftung Warentest ist skeptisch: Zwar lasse sich mit einem Batteriespeicher für eine PV-Anlage der Eigenverbrauch und der Autarkiegrad steigern, aber rein finanziell lohne sich das meist nicht. Ein Speicher kann, muss aber nicht, für den Betreiber finanziell vorteilhaft sein.

Rechnet sich ein PV-Speicher für das Klima?

Doch wie wirkt sich eine solche Anlage auf die CO2-Emissionen aus? Hat ein Speicher Vorteile für das Klima und sind staatliche Zuschüsse zu den Investitionskosten sinnvoll? (Siehe u.a. Luczak, Andreas: Deutschlands Energiewende. Fakten, Mythen und Irrsinn, 2020, S. 177f.)

In den Blick genommen werden müssen hier die Verluste, die mit jedem Speichersystem einhergehen. Dazu gehören Umwandlungsverluste, Regelungs-, Dimensionierungs- und Bereitschaftsverluste, die dazu führen, dass der mit der PV-Anlage gewonnene Solarstrom teilweise verloren geht. Die Verluste steigen mit der Zahl der Umwandlungsschritte und der Regelungsvorgänge.

Obige Grafik zeigt schematisch die beim Laden und Entladen eines Stromspeichers auftretenden Verluste. Damit mindert sich das Ausmaß, mit dem der Fossilstrom der Kraftwerke zurückgedrängt und CO2-Emissionen reduziert werden.

Bei PV-Anlagen mit Lithium-Ionen-Akkumulator werden die Verluste zwischen zehn bis 30 Prozent geschätzt. Wie oft diese Lade- und Entladevorgänge im Realbetrieb stattfinden, ist von den lokalen Gegebenheiten und der Art der Nutzung abhängig. Fest steht jedoch, dass es für die CO2-Bilanz deutlich günstiger ist, den klimaneutralen Solarstrom direkt ins Netz einzuspeisen, als damit die PV-Batterie aufzuladen.

Der CO2-Rucksack des Speichers

Bei der Analyse der Klimabilanz von Stromspeichern müssen die bei ihrer Herstellung entstehenden Emissionen berücksichtigt werden. Eine Analyse der Forschungsstelle für Energiewirtschaft kam zu dem Ergebnis, dass je Kilowattstunde-Batteriekapazität – egal, ob die Batterie später in einem Haus-Stromspeicher oder in einem E-Auto landet – zwischen 62 und 212 Kilo CO2 entstehen. Wenn wir für eine PV-Batterie mit einer Kapazität von zehn Kilowattstunden einen mittleren Wert von 150 Kilogramm CO2 pro Kilowattstunde Batteriekapazität annehmen, errechnet sich für ihr Herstellung eine CO2-Belastung von 1,5 Tonnen CO2 (150 mal 10). Das stellt eine erhebliche Belastung dar.

Nützen PV-Stromspeicher der nationalen Versorgungssicherheit?

Wenn Stromspeicher schon die Klimabilanz nicht verbessern, haben sie dann vielleicht den Vorteil einer Verbesserung der Versorgungssicherheit? Für den einzelnen Haushalt sicherlich; kurzfristige Stromausfälle können mit ihrer Hilfe überbrückt werden. Doch könnte mit ihrer Hilfe ein großflächiger oder gar landesweiter Blackout verhindert oder abgemildert werden?

In 2021 waren in Deutschland 392.000 PV-Anlagen (also rund 400.0000) mit Stromspeicher installiert. Wenn jede Batterie eine Kapazität von 10 Kilowattstunden hat, errechnen sich daraus (10 kWh * 400.000 Anlagen) vier Millionen Kilowattstunden. Die Speicherkapazität aller in Deutschland installierten PV-Speicher beläuft sich gegenwärtig überschlagsmäßig auf rund vier Gigawattstunden.

Die installierten PV-Stromspeicher könnten nach dieser – zugegebenermaßen vereinfachten – Berechnung die deutsche Stromversorgung für etwas mehr als vier Minuten übernehmen. Stromspeicher können, selbst wenn sie massiv ausgebaut würden, in kaum nennenswertem Umfang zur Sicherung der nationalen Stromversorgung beitragen.

Ergebnis: Stromspeicher tragen dazu bei, dass die CO2-Emissionen steigen Eine PV-Anlage ohne Speicher nutzt sowohl dem Betreiber als auch dem Klima, weil es CO2 reduziert. Simon Wiegand kann von seiner PV-Anlage Strom kostengünstig beziehen und so seine Stromkosten sparen. Speist er die nicht benötigten Überschüsse ins Netz, erzielt er Einnahmen. Auch das Klima profitiert.

Eine PV-Anlage mit Speicher kann für den Betreiber einen wirtschaftlichen Vorteil haben, der aber unsicher ist. Für das Klima ist die Erweiterung der Anlage mit einem Stromspeicher sogar nachteilig. Der Grund dafür ist einfach: Durch einen zusätzlichen Speicher erzeugt eine PV-Anlage keine Kilowattstunde mehr Solarstrom. Der wertvolle Solarstrom wird durch die Verluste bei den Lade- und Entladevorgängen vergeudet. Besser ist es, den Strom ins Netz einzuspeisen und damit fossilen Strom aus dem Netz zu verdrängen.

Folgerung für die Politik: Ein Stromspeicher führt zu keiner CO2-Reduktion und deren staatliche Förderung sollte so schnell wie möglich eingestellt werden. Die Bezuschussung ist für alle Beteiligten mit einem enormen Verwaltungsaufwand verbunden. PV-Speicher sind trotz der staatlichen Zuschüsse kostspielig für den privaten Betreiber.

Die staatliche Förderung geben den besser Betuchten – das sind die Eigenheimbesitzer – die Möglichkeit, ihre Stromkosten zu verringern. Steuermittel könnten ökologisch und sozial effektiver eingesetzt werden. In erster Linie verdienen an der teuren Speichertechnik die Hersteller, die Vertriebs- und Beraterfirmen sowie die spezialisierten Handwerkbetriebe, die sie propagieren und dafür massiv Werbung machen.

Zur Erwiderung von Prof. Eberhard Waffenschmidt (Pro Solarstromspeicher) geht es hier.