Corona-Epidemie: Genesen, aber nicht gesund

Gibt es ein Post-Covid-Syndrom?

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Zahlreiche Menschen, bei denen die Atemwegserkrankung Covid-19 diagnostiziert worden ist, leiden unter einer Reihe von Symptomen, die Wochen oder sogar Monate nach der Genesung von der akuten Krankheit andauern. Selbst nach einem leichten Krankheitsverlauf sind Spätsymptome möglich. Schätzungen zufolge leiden gut zehn Prozent der Covid-Patienten unter Langzeitfolgen. Am geläufigsten für solche chronischen Symptome, die auch nach mehreren Wochen noch auftreten können, sind mittlerweile die Begriffe "Post-Covid-Syndrom" oder auch "Long Covid".

Die Liste der potentiellen Symptome ist lang. Laut Angaben der US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) treten bestimmte Langzeitsymptome besonders häufig auf, darunter Müdigkeit, Atembeschwerden, Husten, Gelenk- und Brustschmerzen. Aber auch Depressionen, Muskel- und Kopfschmerzen, ein beschleunigter Puls sowie Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme zählen zu den chronischen Symptomen.

Beobachtungen an Covid-19-Patienten haben ergeben, dass Symptome nacheinander in verschiedenen physiologischen Systemen auftreten können. Für Menschen, die unter solchen andauernden Krankheitserscheinungen leiden, ist Covid-19 keine Krankheit mit klarem Anfang und Ende, sondern ein Syndrom, das sich aus dem Zusammenspiel verschiedener Krankheitszeichen ergibt. Betroffene berichten von Symptomen, die im Zeitverlauf und in ihrer Intensität fluktuieren.

Mehrheit der Covid-Patienten hat Folgekomplikationen

Einer Studie aus Italien zufolge waren 60 Tage nach einem durch Covid-19 bedingten Krankenhausaufenthalt nur knapp 13 Prozent der Patienten völlig symptomfrei. 87 Prozent der Patienten hatten selbst zwei Monate nach ihrer Behandlung noch immer Symptome, vor allem Müdigkeit und Atembeschwerden. 55 Prozent der Patienten hatten sogar drei oder mehr Symptome.

In den Niederlanden wurde eine Gruppe von Patienten, die mehrheitlich stationär behandelt worden waren, nach dem Ende ihrer akuten Erkrankung untersucht. Viele Patienten wiesen selbst nach drei Monaten signifikante Einschränkungen ihrer Lungenfunktion auf. Oft war die Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid vermindert.

Bei einem Drittel wurden Einschränkungen ihrer mentalen und kognitiven Funktionen gefunden. Bei Patienten mit weniger schwerem Verlauf, die nur ambulant behandelt worden waren, traten teilweise sogar stärker ausgeprägte Symptome auf.

"Es scheint, dass es eine Untergruppe von Patienten gibt", so der Leiter der Studie, "bei denen anfangs nur milde Covid-19-Symptome, aber später hartnäckige langfristige Beschwerden und Einschränkungen auftraten."
Dem englischen Gesundheitsministerium zufolge berichten rund 10 Prozent der "milden" Covid-19-Fälle von Symptomen, die mehr als vier Wochen andauern. Laut Rückmeldungen von Betroffenen, die die "UK Covid Symptom Study App" benutzen, weisen zehn Prozent der Erkrankten auch nach drei Wochen noch Symptome auf, manche noch Monate später. Auch hier gibt es Hinweise darauf, dass Langzeitsymptome gerade nach anfänglich milden Verläufen auftreten.

Offenbar nicht nur eingebildete Folgeprobleme

Wie eine wachsende Zahl von Studien zeigt, kann SARS-CoV-2 nicht nur die Lungen, sondern auch andere Organe, wie das Herz und die Nieren, und das Zentralnervensystem angreifen. Dies ist wohl auch ein Grund für die fluktuierenden Symptome, von denen Betroffene berichten.

Doch was genau hinter den anhaltenden Folgen einer Infektion steckt und warum nur bestimmte Menschen davon betroffen sind, ist noch unklar.

Schwierigkeiten bei der Einordnung der verschiedenen post-akuten Beschwerden bereitet sicherlich, dass Patienten von höchst unterschiedlichen, auch unspezifischen Symptomen berichten. Denkbar ist, dass es sich um direkte Auswirkungen des Virus auf verschiedene Organe handelt, die unterschiedlich stark in Mitleidenschaft gezogen werden. Es können auch psychologische Traumata infolge der Krankheit im Spiel sein.

Sicher ist, dass es sich nicht nur um eingebildete Folgeprobleme handelt. Die Center for Disease Control haben eine ganze Liste von langfristigen Komplikationen einer Corona-Infektion veröffentlicht, die zwar seltener auftreten, aber besonders ernst sind. Dazu zählen Herzmuskelentzündungen, eine reduzierte Lungenfunktion, Nierenverletzungen, Haarausfall, neurologische Probleme, Schlafstörungen, Depressionen und Angstzustände.

Das Robert Koch-Institut (RKI) erklärt, dass bei Lungenentzündungen generell längere Genesungszeiten beobachtet werden. "Auch bei Covid-19 können Wochen bzw. Monate nach der akuten Erkrankung noch Symptome vorhanden sein oder neu auftreten", so das RKI. Da das Krankheitsbild noch sehr neu sei und aufgrund der "sehr unterschiedlichen klinischen Präsentationen" existiere noch keine einheitliche Definition für die Langzeitfolgen von Covid-19.

Als "Fatigue" bekannte schwere Erschöpfungszustände, die sich nach einer Corona-Infektion einstellen können, treten ebenfalls nach anderen Virusinfektionen auf. Aber nur weil andere Krankheiten zu ähnlichen Folgeerscheinungen führen, macht dies die Sache für die Covid-19-Patienten, die davon betroffen sind, nicht leichter.