Corona für die Kirche

Seite 2: Kirchensteuer und andere Privilegien

Entsprechende Termine gibt es erst wieder im Juni dieses Jahres. Bis dahin kassiert das Finanzamt die Kirchensteuer. Eine der zahlreichen Privilegien der christlichen Kirchen, die großenteils noch aus Kaisers Zeiten überdauert haben.

Einige gehen auch zurück auf das Reichskonkordat zwischen dem Vatikan und Nazi-Deutschland. Der Vertrag wurde am 20. Juli 1933, vom damaligen Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli, dem späteren Papst Pius XII, und dem deutschen Vizekanzler Franz von Papen unterzeichnet.

Heute stehen Einfluss und Rechtsstellung der Kirchen im klaren Missverhältnis zu ihrer seit Jahren stetig sinkenden Relevanz in der Bevölkerung. So hat sich zwischen 1956 und 2019 der Anteil der evangelischen Bevölkerung in Deutschland von 50,1 auf 24,9 Prozent reduziert. Der Anteil der katholischen Bevölkerung fiel von 45,9 auf 27,2 Prozent

Weitere kirchliche Privilegien

Dennoch genießen die Kirchen zahlreichen Privilegien. Dazu gehören enorme Steuergeschenke. So erhalten die beiden Kirchen nach Berechnungen des Fachpublizisten im Bereich Kirchenfinanzen, Carsten Frerk jährlich rund 19 Milliarden Euro aus der Staatskasse.

Gerade im Zuge der Missbrauchsvertuschung innerhalb der Katholischen Kirche wurde nochmal deutlich, dass der Staat weiterhin ein eigenes Kirchenrecht akzeptiert, mit dem sich die Kirchen dem staatlichen Recht entziehen. Kirchen verfügen über den Status der Körperschaft öffentlichen Rechts und nehmen eigentlich öffentlich Aufgaben wahr, verfügen über hoheitliche Aufgaben und unterliegen einer öffentlichen Kontrolle. Doch bei den Kirchen fehlt ein wesentliches Element dieser Kontrolle, nämlich die Rechnungshöfe.

In NRW sind 33 Prozent der Grundschulen staatliche konfessionelle Schulen. Hier müssen Kinder am Religionsunterricht und am Schulgottesdienst teilnehmen. So organisieren sich Eltern "ausländerfreie" Schulen. An den Universitäten gibt es konfessionelle Fakultäten. Dieser Logik folgend, könnte es in den politikwissenschaftlichen Fakultäten genauso gut Lehrstühle politischer Parteien geben.

Eine Zusammenstellung der zahlreichen kirchlichen Privilegien hat die Humanistischen Union erstellt.

Sonderstellung im Arbeitsrecht

Der Bochumer Kirchenkritiker Martin Budich kritisiert vor allem die Sonderbehandlung der Kirchen im Arbeitsrecht. "Der materiell größte Skandal im Bereich Kirche und Staat ist meiner Ansicht nach, dass für circa 1,2 Millionen Beschäftigte in kirchlichen Einrichtungen das Betriebsverfassungsgesetz und das EU-Antidiskriminierungsverbot nicht gilt." Es gebe nur Mitwirkungs- keine Mitbestimmungsrechte und Beschäftigte können aufgrund privaten Verhaltens gekündigt werden.

Kirchliche Einrichtungen dürfen ungestraft Nichtgläubige auch bei einer bis zu 100 Prozent öffentlich finanzierten Einrichtungen, zum Beispiel Krankenhäusern, bei Einstellungen diskriminieren und dies in Stellenausschreibungen sogar ankündigen.

Budich rechnet damit, dass das noch bestehende Streikverbot in kirchlichen Einrichtungen "demnächst kippen" wird. Budich ist bundesweit auch deshalb bekannt geworden, weil der in Bochum seit Jahren am Karfreitag den Film Das Leben des Brian zeigt und damit jedes Jahr aufs Neue gegen das Feiertagsgesetz verstößt. Coronabedingt mussten die Vorführungen im vergangenen und in diesem Jahr ausfallen.

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