Covid-19: "Beginn einer Epidemie"

Foto: Käthe und Bernd Limburg, www.limburg-bernd.de / Lizenz: Creative Commons BY-SA-3.0 de

Nach der Erkrankung eines Karnevalisten und einer Kindergärtnerin gibt sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn deutlich pessimistischer als im Januar

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Das Covid-19-Coronavirus hat sich gestern bis nach Norwegen, Pakistan und Georgien ausgebreitet. Damit gibt es nun in 49 der weltweit (je nach Definition mehr oder weniger)194 Länder nachgewiesene Fälle. In Deutschland erreichte der Erreger des heute vom Robert-Koch-Institut offiziell als "schwer" eingestuften Krankheit am Mittwoch von Nordrhein-Westfalen aus Rheinland-Pfalz: Dort bestätigte die Bundeswehr gestern Abend, dass ein auf dem Luftwaffenstützpunkt Wahn beschäftigter Soldat positiv getestet wurde. Angesteckt hat sich der Soldat wahrscheinlich bei einem Karnevalisten aus Gangelt im nordrhein-westfälischen Kreis Heinsberg, der derzeit im Universitätsklinikum Düsseldorf in Lebensgefahr schwebt.

Dessen 46-jährige Ehefrau, die ebenfalls an Covid-19 erkrankt ist, arbeitete noch bis zum Freitag als Erzieherin. Die in ihrer Betreuungseinrichtung angemeldeten 65 Kinder werden nun untersucht und müssen bis mindestens 8. März zuhause bleiben. Andere Kindergärten und Schulen im Kreis Heinsberg bleiben vorerst nur bis zum 2. März geschlossen.

Laumann will "nicht garantieren, dass wir die Infektionsketten gestoppt kriegen"

Bei drei Personen, die Kontakt zu dem Ehepaar hatten, wurde das Virus bereits nachgewiesen. Um weitere Angesteckte möglichst frühzeitig zu ermitteln haben die Behörden alle etwa 300 Besucher einer Karnevalssitzung vom 15. Februar dazu aufgerufen, sich zu melden. Wo sich das Ehepaar selbst infizierte, ist bislang noch unklar. Ein Geschäftspartner des Erkrankten, der sich in China aufhielt, wurde inzwischen als Überträger ausgeschlossen.

Der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann meinte angesichts dieser Situation, er könne "nicht garantieren, dass wir die Infektionsketten gestoppt kriegen". Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn spricht nun nicht mehr nur von "aufmerksamer Gelassenheit", sondern vom "Beginn einer Coronavirus-Epidemie" Deshalb forderte er die Gesundheitsminister der Länder dazu auf, ein "mögliches Inkrafttreten" von Pandemieplänen vorzubereiten und richtete einen gemeinsamen Krisenstab mit dem Bundesinnenministerium ein.

Dieser Krisenstab beschloss, dass Fluggesellschaften nicht nur für China-Linien, sondern auch bei Flügen aus Südkorea, Japan, dem Iran und Italien Informationen zu den genauen Aufenthaltsorten ihrer Passagiere liefern sollen. Darüber hinaus sollen auch Busunternehmen, die Reisen nach Norditalien anbieten, zu solchen Angaben verpflichtet werden.

Warnungen von Medizinern

Alexander Kekulé, ein an der Universitätsklinik Halle beschäftigter Virologe, hat weitere Vorschläge unterbreitet, wie sie auf die veränderte Situation reagieren sollten: Um zu vermeiden, dass Erkrankte (wie in Italien) erst als normale Patienten behandelt werden, muss man seiner Ansicht nach alle Patienten mit Grippe- und schweren Erkältungssymptomen auf den Covid-19-Erreger testen (vgl. 2019-Novel-Coronavirus: Kulinarisches Aus für Fledermaus und Schlange).

Matthias Einwag, der Geschäftsführer der baden-württembergische Krankenhausgesellschaft, warnt währenddessen in der Stuttgarter Zeitung davor, dass man ein "Problem" bekomme, wenn sich bei einer schnellen Ausbreitung der Krankheit auch viele Ärzte und Krankenschwestern anstecken. Bislang hat das Virus aus dieser Gruppe einen Oberarzt am Universitätsklinikum Tübingen und einen Mediziner aus dem Kreis Heinsberg erwischt, der nun vorerst sein Haus nicht mehr verlassen darf.

Erkrankte Mediziner können auch an den Gesundheitsämtern zu einem Problem werden, an denen viele Stellen nicht besetzt sind. Die dort beschäftigten Amtsärzte müssen nämlich nicht nur Tests und andere Maßnahmen anordnen, sondern sind auch für Quarantänemaßnahmen zuständig.

Polizei fehlt Schutzausrüstung

Weitere Warnungen kommen aus der Polizei, die gestern im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein wegen des Verdachts auf einen Covid-19-Passagier einen Regionalzug aufhalten musste. Beamte, auf die solche Aufgaben zukommen, fordern neben FFP3-Schutzmasken auch Schutzbrillen, Nitril-Handschuhe und Desinfektionsmittel. In Berlin mangelt es an solchen PSA-Ausrüstungen, weshalb Polizisten dort gestern die Vernehmung eines Migranten verweigerten, der sich vorher in Norditalien aufgehalten hatte.

Die Reise- und Tourismusmesse ITB, die nächste Woche in Berlin stattfinden soll, wurde - anders als zahlreiche andere Veranstaltungen - trotz der neuen Gefährdungslage bislang noch nicht abgesagt. Stattdessen sollen Aussteller lediglich eine schriftliche Erklärung abgeben, dass ihr Personal keinen Kontakt zu Covid-19-Infizierten hatte.

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