2019-Novel-Coronavirus: Kulinarisches Aus für Fledermaus und Schlange
China verbietet den Verzehr wilder Tiere - die Maßnahme soll das Risiko eines Übersprungs von neuen Erregern auf den Menschen verringern
Gestern verhängte der Ständige Ausschuss des chinesischen Volkskongresses ein mit sofortiger Wirkung in Kraft getretenes Verbot des Verzehrs wilder Tiere. Auch der Handel damit ist seit Montag nicht mehr erlaubt. Der amtlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua umfasst dieses Verbot auch solche Exemplare, die nicht gejagt, sondern in landwirtschaftlichen Betrieben herangezogen werden. Für Biologen und andere Forscher, die solche Tiere für ihre Arbeit benötigen, werden die Genehmigungsverfahren strenger.
Der Begründung des Ständigen Ausschusses nach dient das Gesetz dazu, "Leben und Gesundheit der Menschen zu schützen". Das bezieht sich auf Erreger wie das Sars-Virus, das 2002 vom Larvenroller auf den Menschen übersprang, und das am 7. Januar vom chinesischen Virologen Xu Jianguo entdeckte 2019-Novel-Coronavirus. Coronaviren, die wegen ihrer kranzförmig angeordneten S-Protein-Peplomere so heißen, sind genetisch hochvariabel und dafür bekannt, Artenbarrieren zu durchbrechen. Bei unterschiedlichen Spezies lösen sie dann unterschiedliche Symptome aus.
Fledermaus wahrscheinlicher als Schlange oder Schuppentier
Die Bindungsstelle des Spike-Proteins des 2019-Novel-Coronavirus an den ACE2-Rezeptor deutet darauf hin, dass es von einer Fledermaus auf den Menschen übersprang. Auf dem Markt in Wuhan, auf dem die inzwischen auch "Covid-19" genannte Epidemie ausbrach, sollen solche Tiere gehandelt worden sein. Außer in China sind sie Bestandteil der Küchen in Indonesien, Thailand, Laos, Vietnam, Japan, dem Pazifikraum und Afrika (vgl. Der Erreger, dessen Übertragungsweg die Mediziner nicht verstehen).
Die ebenfalls in Wuhan gehandelten Schlangen, die Wissenschaftler eine Zeit lang als Ursprung in Verdacht hatten, gelten inzwischen als die unwahrscheinlichere Option. Ein dritter möglicher Überträger ist das als besondere Delikatesse geltende malaiische Schuppentier, in dem man ebenfalls Coronaviren mit großer Ähnlichkeit zum Auslöser der Covid-19-Epidemie fand. Der Handel mit ihm war in China allerdings bereits vor der Entdeckung des neuen Virus verboten.
Über Maßnahmen wird dezentral entschieden
Eine weitere chinaweit geltende Seuchenschutzmaßnahme, die der Ständige Ausschuss am Montag beschloss, ist das Verschieben seiner weiteren Sitzungen auf unbestimmte Zeit. Weitere Maßnahmen will der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang den Regionen überlassen. Sie können nach ihren eigenen Bedürfnissen gesundheitliche Vor- und wirtschaftliche Nachteile weiterer Maßnahmen abwägen und eigene Ideen entwickeln. Peking hat bei diesem dezentralen Vorgehen den Vorteil, dass es in der Praxis beobachten kann, welche Vorgehensweisen besser funktionieren - und welche schlechter.
Die strengsten Maßnahmen gibt es der Provinz Hubei, dem Zentrum der Epidemie, in der man den Verkehr auf ein Minimum beschränkt und viele Ortschaften ganz abgesperrt hat (vgl. Coronavirus: Huanggang und Wuhan unter Quarantäne). Dort misst man am Einlass von Apotheken und Supermärkten bei allen Kunden die Körpertemperatur. Wer Husten- oder Fiebermedikamente kaufen will, muss sich mit seinen Personalien registrieren lassen.
Dass die Epidemie noch nicht unter Kontrolle ist, zeigten gestern die aktuellen Todeszahlen aus China: Mit 150 Menschen starben dort am Sonntag so viele wie noch nie an einem Tag zuvor an Covid-19. Das insgesamt bei 2,3 Prozent liegende Sterberisiko von Covid-19-Erkrankten verteilt sich jedoch sehr unterschiedlich auf Altersgruppen: Im Alter zwischen 70 und 79 Jahren sterben acht von hundert Erkrankten - und wer über 80 Jahre alt ist, der überlebt die Infektion mit 14,8 Prozent Wahrscheinlichkeit nicht.
Kafkaeske Situation in der Berliner Republik
Auch in Norditalien hat man aus Angst vor einer Ausbreitung des Virus inzwischen ganze Ortschaften abgeriegelt (vgl. Corona-Virus: Drastische Maßnahmen in Italien). Dem deutschen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zufolge sind "die Infektionsketten [dort inzwischen] nicht mehr nachvollziehbar", weshalb "Versuche, Infizierte zu isolieren, ins Leere" liefen (vgl. Corona-Virus: Vorbereitungen auf eine Epidemie).
Der Rat der deutschen Staatsführung an Rückkehrer aus Norditalien und anderen "gefährdeten Gebieten", sich auf das Covid-19-Virus testen zu lassen, kann in der Berliner Republik allerdings in kafkaeske Situationen münden, wie ein nach dem vorzeitigen Abbruch der Biathlon-Weltmeisterschaft zurückgekehrter Kameramann feststellen musste.
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