Das Freihandelsabkommen Nafta wird neu verhandelt

Seite 3: 10 Forderungen aus Kanada

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Die kanadische Regierung geht ihrerseits mit einem Forderungskatalog in die Verhandlungen. "Für Kanada sind Handelsüberschüsse oder -defizite nicht der wichtigste Maßstab dafür, ob Handel funktioniert", erklärte Außenministerin Chrystia Freeland. Insgesamt sind es nur 10 Punkte, die Kanada einbringt. Darunter sind bessere Arbeitnehmerrechte, mehr Umweltschutzstandards, besserer Zugang zu Regierungsaufträgen und mehr Jobs für kanadische Programmierer in den USA. Weiter geschützt bleiben sollen Milch- und Geflügelwirtschaft in Kanada sowie die Kulturindustrie. Neu eingeführt werden sollten außerdem Kapitel über Gender-Rechte und die Rechte von Ureinwohnern.

Eine rote Linie ist für Kanada aber das Kapitel 19 von Nafta. Hintergrund sind Strafzölle der US-Regierung gegen kanadische Weichholzexporteure. Kanada will dagegen nach Kapitel 19 vorgehen. In den US-Forderungen heißt es aber eindeutig "Eliminate the Chapter 19 dispute settlement mechanism." Das hat Kanada alarmiert und das könnte sich zum Hauptstreitpunkt entwickeln.

Proteste in Mexiko

Doch die Politik der kanadischen oder mexikanischen Regierung ist natürlich in den jeweiligen Ländern auch umstritten. In Mexiko zum Beispiel haben kürzlich tausende Bauern und Gewerkschafter dagegen demonstriert, dass das Land durch Nafta mit US-Agrarprodukten überflutet wurde, was die heimischen Bauern ruiniert hat.

Kritiker werfen Nafta vor, bis zu einer Million Bauern erwerbslos gemacht zu haben. Die Massenauswanderung in die USA, die Trump mit einer Mauer bekämpfen will, und die hohe Kriminalität in Mexiko seien eine direkte Folge von Nafta. Kleinbauernvertreter fordern deshalb, Nahrungsmittel generell aus Nafta auszuschließen. Doch laut Umfragen unterstützt heute eine Mehrheit der mexikanischen Bevölkerung Nafta wegen der Arbeitsplätze in der Exportindustrie, deren Produkte zu 85 Prozent in die USA und nach Kanada gehen.

Kritik am Freihandel

Eine Entwicklung wie in Mexiko hatten linke Globalisierungskritiker seinerzeit befürchtet. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass in Mexiko, in den USA und in Kanada die Verarmung zunehmen wird, und wahrscheinlich wird das Abkommen alle 3 Länder in ein Gleichgewicht von Niedriglohn und Niedrigwachstum versetzen, unter dem die Bevölkerungen leiden werden, die Profite dagegen werden in die Höhe schießen", prophezeite damals der prominente US-Regierungskritiker Noam Chomsky.

Erster Verbesserungsbedarf war schon früh erkannt worden. So wurde Ende 1993 ein Zusatzabkommen zu Arbeitnehmerrechten geschlossen, das North American Agreement on Labor Cooperation (NAALC). Es sollte Nafta ergänzen. In den US-Handelsabkommen nach Nafta seien dann auch die Arbeitsschutzbestimmungen ausgeweitet worden, stellt etwa ein Report der International Labour Organization (ILO) vom Juli 2016 fest.

Nun ist es also ausgerechnet der Wirtschaftsnationalist Donald Trump, der unter der Parole "America first" das Freihandelsabkommen Nafta in Frage stellt. Trotzdem ist sein Ansinnen grundsätzlich nicht falsch: Klar kann man ein Abkommen nach mehr als zwanzig Jahren überprüfen. Auch Gerhard Schröder sagt ja heute über seine Agenda 2010, die sei nicht in Stein gemeißelt und er nicht Moses. Das sollte auch für Nafta gelten.