Das Geschäft mit der Impfung

Bild: Pikist.com

Pharmakonzerne konkurrieren um Milliarden, in den USA werden auch Apothekenketten eingeschaltet, um die Corona-Impfung zu verabreichen

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Wenn das Gesundheitssystem weitgehend privatisiert ist, muss man auf die Privatwirtschaft zurückgreifen. Das besonders dann, wenn eine nationale Massenimpfung starten soll, wie dies jetzt die Trump-Regierung noch vor dem Ende des Jahres im Rahmen der Operation Warp Speed machen will. Da die staatlichen Gesundheitszentren in den USA das nicht ansatzweise leisten können, sollen vor allem die Apotheken- und Drogerieketten CVS Health and Walgreens Boots Alliance mit ihren 20.000 Filialen die erste Impfwelle organisieren.

Mit den Apotheken der beiden Unternehmen und einigen anderen Ketten sollen 60 Prozent der Apotheken in den 50 Bundesländern in die Maßnahme integriert sein. Apothekenmitarbeiter impfen nicht nur in den Apotheken, sondern mitunter auch in anderen Geschäften. "Durch die Arbeit mit diesen Partnern", so das US-Gesundheitsministerium, "wird die Regierung den Zugang zu Covid-19-Impfstoffen schnell erweitern. Die Impfung wird in den Apotheken und Drogerien der Partner kostenlos für die Patienten ausgeführt." Seit Sommer können nach dem PREP-Gesetz Apotheken auch Kinder im Alter von drei bis 18 Jahren impfen.

Walgreens ist der der weltweit größte Apothekerkonzern mit Filialen in 25 Staaten, in Deutschland mit Alliance Healthcare mit 24 Niederlassungen. Anfang November ist Walgreens mit McKesson Europe zusammen gegangen. Die Entscheidung ist auch als Stützungsmaßnahme für die Apothekenketten zu sehen. Durch die Pandemie ist das Geschäft in den Läden in den USA eingebrochen und findet sehr viel stärker online statt. Auf den Trend ist nun auch Amazon aufgesprungen und hat Mitte November Amazon Pharmacy gestartet, um auch diesen Markt zu erobern. 2018 hatte Amazon schon den Medikamentenversandhändler PillPack für 770 Millionen US-Dollar aufgekauft, Covid-19 dürfte den Ausschlag gegeben haben, schnell in den Milliardenmarkt einzusteigen und mit vielen Rabatten Kunden zu gewinnen.

Nachdem bei weitem nicht so viel Impfstoff, wie von der Trump-Regierung angekündigt, noch in dem Jahr zu Verfügung stehen wird - es war die Rede von 300 Millionen Impfdosen -, sollen nun vor allem die gefährdeten Menschen in den Alten- und Pflegeheimen geimpft werden. Ein Problem ist, dass Moderna und Pfizer mRNA-Impfstoffe entwickelt haben. Pfizers Impstoff muss, wie es vor kurzem hieß, nicht nur innerhalb von 5 Tagen eingesetzt, sondern auch mit einer Kühltemperatur von -70 Grad transportiert und gelagert werden, Modernas Impftstoff erfordert nur eine Kühltemperatur von -15 Grad, was ohne größere Probleme machbar sein wird. Nach Biontech wird der Impftstoff jedoch in Trockeneisboxen ausgeliefert, in denen er 30 Tage lang gekühlt werden kann. Er könne auch fünf Tage lang in handelsüblichen Kühlschränken bei zwei bis acht Grad aufbewahrt werden.

Dazu kommt, dass die Menschen zweimal geimpft werden müssen. Verzögerungen gibt es aufgrund von Herstellungsproblemen und fehlenden Rohmaterialien. Wahrscheinlich wird es bis Ende des Jahres nur 35-40 Millionen Impfdosen geben, sagte Moncef Slaoui, Leiter der Operation Warp Speed, was für 20 Millionen Menschen reichen würde.

Die Knappheit des Impfstoffs macht eine Priorisierung notwendig, Regierungsberater haben dafür plädiert, zuerst die drei Millionen Bewohner von Alten- und Pflegeheimen und das medizinische Personal (über 20 Millionen) zu impfen, was den Vorteil hat, dass man sie aufsuchen und leichter überzeugen kann, weil die Impfskepsis in den USA ziemlich hoch ist. Allerdings können die Bundesstaaten eigene Prioritäten setzen - und derzeit sind mehr als 100.000 Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern, was auch für eine höhere Inzidenz beim medizinischen Personal sorgt. Krankenhäuser würden auch gerne am Impfgeschäft mitwirken. Die beiden großen Apothekerketten bereiten sich jetzt vor, die Menschen in Zehntausenden von Einrichtungen zu impfen, wobei es eben darauf ankommt, ob sie beide Impfstoffe oder nur einen zur Verfügung haben.

Unbekannt ist, was die Konzerne von der US-Regierung an Geldern erhalten. Profitorientierte Unternehmen werden die vom Staat bezahlten Impfungen nur verabreichen, wenn ausreichend Einkünfte zu erwarten sind. Die Konzerne und das Gesundheitsministerium vermeiden Transparenz und rücken die Verträge nicht heraus. Medicare zahlt für die erste Impfung 16.94 US-Dollar und für die zweite 28.39 US-Dollar. CVS soll mehr als zwei Millionen Bewohner von Alten- und Pflegeheimen impfen, von denen die meisten bei Medicare sind. Das wären mindestens 90 Millionen US-Dollar an Einnahmen.

Kritiker der Vereinbarung sehen aber auch Probleme, dass die Konzerne zwar vielleicht die Impfungen in den Alten- und Pflegeheimen organisieren können, aber wahrscheinlich nicht für Minderheiten und Geringverdiener, die am stärksten von der Pandemie betroffen sind.

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