Das Märchen vom Prinzen Schmidt und den Pflichten der Jugend

Erzählt von den Gebrüdern Grimm-Andersen

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Wider den Egoismus: Helmut Schmidt und die Erklärung der Menschenpflichten

Vor langer Zeit kam in einem entlegenen Land für die ganze Jugend die Zeit, sich für ihre Zukunft zu entscheiden. Es wurde eine große Happy Love Party Fun Parade um eine riesige Bühne herum gefeiert. Alle tanzten und waren glücklich. Dann aber kam der Augenblick, an dem man sich für die Zukunft entscheiden mußte. Ein gelb bekleideter Mann trat auf die Bühne.

"Ich bin ein Liberaler", sagte er. "Lang lebe die Freiheit!" Die Jugend klatschte Beifall. "Lang lebe die individuelle Freiheit!", schrie er. Die Jugend jubelte. "Lang lebe die individuelle Freiheit für die Jugend!", schrie er. Die Jugend erhob sich und brach in laute Beifallrufe aus. Sie trafen gerade die Entscheidung, daß die Zukunft liberal sein sollte, als jemand einwarf: "Und was ist mit all den Mängeln der freien Marktwirtschaft?"

"Ach", sagte der Liberale, "stelle dir nur die Alternative dazu vor." Just in diesem Moment ging ein ehrwürdig aussehender Mann auf die Bühne zu, gefolgt von 144 alten Weisen in seltsamen Kleidern. "Liebe Jugendliche", sagte er, "ich bin der Prinz Helmut Schmidt, und das sind die Gemeindeältesten. Wir sind die Alternative zum Liberalismus! Wir haben gemeinsam eine lange, lange Liste von Pflichten der Jugend zusammengestellt! Ich werde jetzt diese Liste vorlesen. Setzt Euch bitte hin, verschränkt Eure Arme, hört aufmerksam und schweigend zu. Während ich vorlese, wird nicht getanzt, gelacht, gegessen, geraucht oder irgendwelche verbotenen Rauschmittel genommen."

Absolute Stille herrschte für einen Augenblick. Dann begann die Jugend plötzlich alles Mögliche zu werfen. Sie warfen Bierflaschen, Pflastersteine, Coladosen, Fast-Food-Behälter aus Plastik, gebrauchte Kondome, Plastikbecher und halb verzehrte Currywürste auf den Prinzen Schmidt. Einige waren so aufgebracht, daß sie ihn mit ihren wertvollen gefärbten Tabletten, ihren getrockneten Pilze und ihrem weißen Pulver bewarfen. Zuletzt nahmen sie 3800 Tonnen mit Urin durchnäßtes Klopapier und begruben ihn vollständig darunter. Am nächsten Tag wurde sein Leichnam von städtischen Beamten abgeholt und als chemischer Abfall nach Somalia exportiert.

Und so geschah es, daß die Jugend in einem entlegenen Land eine liberale Gesellschaft zu schätzen lernte. Sie führten den freien Markt ein und privatisierten die Eisenbahn, die Telekom und die Post. Und auch wenn die Jugend das alles nicht benutzen konnte, weil sie arbeitslos war, fürchten sie noch immer das Gespenst von Helmut Schmidt. Man berichtete, daß er während der Nacht mit der langen, langen Liste auf den Straßen umherlief und jede Nacht eine weitere Pflicht hinzufügte. Und die Jugend fürchtet, daß das Gespenst sie alle, wenn der Liberalismus einmal verschwinden sollte, zu einem bösen Ort führen und sie zwingen würde, der Liste zu gehorchen - auf ewige Zeit.

Die Moral dieser Geschichte: mit Feinden wie Helmut Schmidt, Karol Wojtyla, Vaclav Havel, Jimmy Carter und Ted Turner benötigt die liberale Gesellschaft keine Freunde.

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Aus dem Englischen übersetzt von Florian Rötzer