Das World Wide Web als Quelle-Katalog

Wie man mit geparkten Domains das große Geld macht

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Suchmaschinen gelten als die Portale zum World Wide Web. Aber nicht jeder beginnt seine Surftouren, indem er Google und Co. mit einer Suchanfrage „belästigt“. Rund 15 Prozent aller Surfer tippen ihren Suchbegriff direkt in die Adresszeile ihres Browsers ein, schätzen Experten. Immer mehr windige Geschäftemacher versuchen, daraus Profit zu schlagen. Sie bauen auf Tippfehler bei der Eingabe und reservieren sich so genannte Tippfehler-Domains, die anschließend mit Werbung voll gestopft werden. Bei einem Klick auf diese Anzeigen verdienen nicht nur die Geschäftemacher. Auch Google, Yahoo und Co. kassieren kräftig mit.

Wer zu faul ist, eine Suchmaschine aufzurufen, tippt seinen Suchbegriff direkt in die Adresszeile seines Browsers ein. In den Standardeinstellungen versucht der Browser nun, eine passende Domain zu finden. Die einzelnen Browser gehen dabei unterschiedlich vor. Der Internet Explorer befragt per default die hauseigene Suche von Microsoft. Firefox nutzt Google. Die erstbeste passende Domain, die Google findet, wird anschließend aufgerufen und angezeigt.

Wie sinnvoll eine solche Suche „Auf gut Glück“ ist, kann dahingestellt bleiben. Fest steht jedoch, dass sich immer mehr windige Geschäftemacher dieses Verhalten zu Nutze machen. Sie setzen auf Tippfehler bei der Eingabe, registrieren sich für die entsprechenden Domains und stopfen sie mit Werbung voll.

Geparkte Webseiten als Werbeträger

Eine ähnliche Strategie fahren auch diejenigen, die sich lukrative Domainnamen sichern und sie nicht mit eigenen Inhalten, sondern ebenfalls mit Werbung füllen. Solche „geparkten Domains“ gab es auch bei der Vergabe der EU-Domains in großer Zahl. Ihre Besitzer versprechen in der Regel, dass sie ihre Domains in absehbarer Zeit zu „richtigen“ Webseiten ausbauen wollen. Bis es so weit ist, sorgen Firmen wie der Domainhändler Sedo mit ihrem Domain-Parking-Service dafür, dass die geparkten Webseiten als Werbeträger funktionieren. Die Werbeanzeigen, die auf solchen ansonsten völlig inhaltsleeren Seiten geschaltet werden, stammen meist von Google oder Yahoo. Inhaltlich orientieren sie sich am Domainnamen.

Beispiele sollen an dieser Stelle nicht geliefert werden, um die Zugriffszahlen auf solche Seiten nicht weiter zu erhöhen. Doch gerade bei den neuen EU-Domains dauert es in der Regel gar nicht lange, bis man durch Ausprobieren von Namen auf eine geparkte Domain stößt. Nicht selten haben sich so genannte Domaingrabber eine dieser Domains unter den Nagel gerissen. Jetzt stehen sie zum Verkauf und werfen schon Geld ab, bevor sie einen Käufer gefunden haben. Die Zugriffszahlen auf diese Webseiten können zudem den Wert eines Domainnamens in die Höhe treiben.

Alternativen für Suchmaschinen?

Was die Einen für inhaltsleere Schrottseiten halten, erfüllt für die Anderen einen regulären Zweck. „Wir wollen, dass diese Seiten wie Alternativen zu Suchmaschinen funktionieren“, meint etwa Matthew S. Bentley vom Domainhändler Sedo. Sedo verwaltet laut Washington Post rund eine Million solcher geparkten und lediglich mit Werbung gefüllten Webseiten. Wer auf eine geparkte Seite stoße, erhalte exakt die „Informationen“, nach denen er eigentlich suche. Denn Googles AdSense-Werbesystem fülle die leeren Webseiten mit Werbeanzeigen, die exakt zum Domainnamen passen. Wer bei seiner Websuche durch Zufall oder gezielt eine solche Webseite ansurfe, werde demgemäß mit passgenauer Werbung versorgt, wovon der Surfer ja nur profitieren könne: Er finde, was er suche – eine zumindest „ungewöhnliche“ Argumentation, die im World Wide Web lediglich einen überdimensionalen Quelle-Katalog sieht und jeden Internetnutzer auf seine potenziellen Kaufgelüste reduziert.

Längst hat sich rings um die Webwerbung auf geparkten oder eigens zu Werbezwecken registrierten Domains ein reges Geschäft entwickelt. Denn diese Form von Webwerbung ist äußerst lukrativ. „Ich kenne ein paar Leute, die auf ihren Domains über eine Million Dollar pro Jahr durch Werbung machen“, plaudert Ron Jackson, Herausgeber des einschlägigen DN Journals, aus dem Domain-Nähkästchen. „Das ist wie eine Rund-um-die-Uhr-Gelddruckmaschine.“ Und damit diese Maschine auch möglichst reibungslos funktioniert und gut geschmiert wird, werden ständig neue Domainnamen auf ihre Attraktivität und Werbetauglichkeit hin überprüft. Wenn ein Name nicht wenigstens die Registrierungsgebühren wieder abwirft, wird er wie eine heiße Kartoffel sofort wieder fallen gelassen und der nächste Name ausprobiert.

Wo es im Web mit Werbung etwas zu verdienen gibt, sind die großen US-Suchmaschinen meist nicht weit. Das gilt auch für die Werbeanzeigen auf geparkten oder inhaltslosen Webdomains. Deren Besitzer lassen sich für die Werbeprogramme von Google und Co. registrieren. Professionelle Domain-Händler wie Sedo bieten diesen Service gar als Dienst am Kunden an. Bei jedem Klick auf die geschalteten Werbeanzeigen verdienen deshalb nicht nur die spekulativen Domainbetreiber. Auch die Suchmaschinen verdienen an inhaltslosen Spam-Domains kräftig mit.

Typosquatter verdienen mit Tippfehler-Domains

Juristisch problematisch wird dieses an sich schon fragwürdige, weil das WWW mit Werbemüll zuschaufelnde Unterfangen dann, wenn so genannte „typosquatter“ mit von der Partie sind. „Typosquatter“ lassen sich so genannte Tippfehler-Domains registrieren, Domains also, deren Namen sich von bekannten Marken- oder Domainnamen nur durch Buchstabendreher oder andere Tippfehler unterscheiden. Hohe Besucherzahlen sind hier garantiert.

Auch bei den Tippfehler-Domains verdienen die großen Suchmaschinen kräftig mit. Offiziell schließt etwa Google solche Webseiten, die das Namensrecht verletzen könnten, von seinen Werbeplatzierungssystemen von vornherein aus. Entsprechendes gilt für Yahoo. Leslie Walker und Brian Krebs von der Washington Post haben bei ihren Recherchen jedoch Hunderte Tippfehler-Webseiten gefunden, die „bis zum Rand“ mit Google-Anzeigen gefüllt waren.

Vorsicht, Sicherheitsrisiko!

Zur Nachahmung ist dieser Test allerdings nicht zu empfehlen. Walker und Krebs benutzten den Strider URL Tracer with Typo-Patrol für ihre Recherche nach Tippfehler-Domains. Dieses Programm wurde von Microsoft entwickelt. Es befindet sich derzeit in der Betaphase und soll später einmal dazu dienen, Betreibern von Vertipper-Domains einen Riegel vorzuschieben, und Surfern die Möglichkeit bieten, Domains mit fragwürdigen Inhalten zu blockieren. Das Programm sucht zu einer eingetippten URL in den Redmonder Datenbanken nach dort gespeicherten Vertipper-Domains. Wer www.google.de eingibt, erhält derzeit 97 Domains mit ähnlich klingenden Namen. Etliche wie beispielsweise gogle.de oder googel.de hat sich die kalifornische Suchmaschine längst selbst registrieren lassen.

Die meisten anderen Vertipper führen allerdings auf Seiten, die mit Google nur die Namensähnlichkeit gemeinsam haben. Darunter können sich auch Webseiten befinden, die ihren Besitzern nicht nur als Werbeportale Einnahmen bescheren, sondern ihren Besuchern bewusst Schadprogramme unterschieben sollen. Das Prekäre an der Angelegenheit: Etliche dieser gefährlichen Webseiten nutzen Schwachstellen im Internet Explorer, um ihre Besucher mit Spionageprogrammen, Adware oder ähnlich unerwünschter Software zu beglücken. Microsofts Strider URL Tracer ist jedoch - soweit ersichtlich - nur mit dem Internet Explorer zu benutzen. Wer die Vertipper-Domains mit Microsofts Strider scannt, läuft also Gefahr, auf eine manipulierte Webseite zu gelangen und sich dort nicht nur lästigen Werbemüll, sondern obendrein gefährliche Schadprogramme einzufangen.