Datenleck bei Wagenknecht-Partei: Durfte Correctiv BSW-Mitglieder anschreiben?

BSW-Ko-Chefin Amira Mohamed Ali

BSW-Ko-Chefin Amira Mohamed Ali rät Mitgliedern davon ab, Anfragen von Correctiv zu beantworten. Foto: Shutterstock.com

Fachanwalt: Niemand muss sich gegen seinen Willen Spam aufdrängen lassen. BSW-Ko-Chefin riet von Antworten ab. Welche Rolle spielt Correctiv im Wahlkampf?

Das Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit (BSW) hielt nach eigenen Angaben zunächst einen Hackerangriff für möglich, während das Medienunternehmen Correctiv der Partei sinngemäß fehlende Achtsamkeit im Umgang mit Daten von Mitgliedern und Newsletter-Abonnenten vorwarf.

Vom "Bündnis Sahra Datenleck" berichtete die in der Vergangenheit aus Bundes- und Landesmitteln sowie Ministerien mitfinanzierte Correctiv – Recherchen für die Gesellschaft gGmbH am 27. August berichtet. Ein Datensatz mit rund 70.000 personenbezogenen Daten von Mitgliedern, Unterstützern und Newsletter-Abonnenten habe bis vor kurzem "offenbar ungeschützt im Netz" gelegen – obwohl schon im März bekannt geworden sei, dass es ein solches Leck gab.

Correctiv: Seit März bekanntes Leck nicht geschlossen

Ein Informant habe gegenüber Correctiv bestätigt, "dass das Leck trotz öffentlicher massiver Berichterstattung nach dem ersten Vorfall im März nicht geschlossen wurde", heißt es auf der Homepage des Unternehmens. Laut BSW-Informationen hatte Correctiv diese Daten bereits genutzt, um Spender und Mitglieder anzuschreiben und ihnen Fragen zu stellen.

Das Unternehmen betonte in diesem Zusammenhang, die Daten seien öffentlich zugänglich gewesen, während das BSW Anzeigen wegen Datenschutzverletzung ein gereicht hat.

Durfte das Unternehmen gegebenenfalls eine Datenpanne für Presseanfragen nutzen?

Medienanwalt spricht von Spam

Correcitv seien offenbar abgefischte Mitglieder-Datensätze zugespielt worden, so der Medienanwalt Markus Kompa gegenüber Telepolis. Der Nachrichtenwert halte sich in Grenzen, da auch andere Parteien wie die CDU und die SPD in jüngster Zeit von Datenlecks betroffen gewesen seien.

"Die Verarbeitung von Daten zu journalistischen Zwecken ist nach Art. 85 DSGVO privilegiert – aber nicht darüber hinaus", betont der Anwalt, der für das BSW im Europawahlkampf gerichtlich die Teilnahme in der ARD-Wahlarena durchsetzte. Das Agieren von Correctiv im Vorfeld der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen sieht er kritisch.

Correctiv allerdings hat die Daten nicht nur redaktionell verarbeitet, sondern eigenmächtig mit den erbeuteten E-Mail-Adressen BSW-Mitglieder angeschrieben und damit auch deren Privatsphäre verletzt. Niemand muss sich gegen seinen Willen Spam aufdrängen lassen.

Politisch willkürliche Praxis von Datenschutz ist für ein Medienhaus, das etwa von Meta mit sensiblen Aufgaben wie der Zensur von Facebook beauftragt wird, mindestens fragwürdig. Die Platzierung solcher Storys in der heißen Phase eines Wahlkampfs durch eine PR-Firma, bei der sich unter anderem die Bundesregierung Wohlwollen erkauft, hat ein gewisses Geschmäckle.

Markus Kompa, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht.

Die BSW-Ko-Chefin Amira Mohamed Ali hatte in einer Mail darauf hingewiesen, dass niemand verpflichtet sei, Correctiv zu antworten, und empfohlen, im Zweifelsfall davon abzusehen oder mögliche Antworten mit der Partei abzustimmen.