Daumenschrauben für Big Brother

Europaparlament: Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger spricht sich für Verbot weiträumiger Überwachung aus

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In der Abstimmung am Mittwoch dem 11.Juli 2001 wurde der Entwurfsbericht (siehe TP-Bericht) von Marco Cappato (Radikale/Liste Bonino) über eine Richtlinie zum Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation angenommen. Der Ausschuss für die Freiheiten und Rechte der Bürger stimmte mit 22 Stimmen dafür, 12 dagegen und 5 Enthaltungen. , sagte Cappato,

Der zentrale Punkt auf den sich Cappato bezieht, ist die "Erwägung 15", in der die Einschränkungen der Bürgerrechte, aus Gründen der sogenannten "rechtmäßigen" Überwachung, geregelt werden. Cappatos Vorschlag wurde in der endgültigen Fassung sogar noch verbal deutlicher formuliert. Verletzungen der Grund und Bürgerrechte durch den Staat sind nur dann erlaubt, wenn sie "notwendig, angemessen, verhältnismäßig und zeitlich begrenzt sind, maßvoll innerhalb einer demokratischen Gesellschaft" heißt es nun in dem Richtlinienvorschlag.

"Solche Maßnahmen sollten eine klare Ausnahme sein, auf der Grundlage einer spezifischen Rechtsvorschrift erfolgen, die der allgemeinen Öffentlichkeit verständlich ist und sie sollten darüberhinaus von einem Richter oder einer entsprechenden Behörde für jeden einzelnen Fall autorisiert werden. Unter der Europäischen Menschenrechtskonvention und den Richtlinien des Menschenrechts-Gerichthofs ist jede Form einer großangelegten oder exploratorischen Überwachung verboten," stellt dieser entscheidende Gesetzestext klar.

Weniger eindeutig fiel die Entscheidung des Ausschusses bezüglich Spam, bzw. unverlangter Werbesendungen aus. In diesem Punkt vertrat Ilka Schroeder, die als Berichterstatterin des Ausschusses für die Industrie eine Stellungnahme zum Bericht abgab, eine andere Meinung als Cappato. Sie plädierte für eine Opt-in-Lösung, diese fand aber keine Mehrheit. Anonyme Spam-Sendungen sollen verboten werden, ansonsten gilt die E-Commerce-Direktive und den Mitgliedsländern ist es überlassen, welche Lösung sie favorisieren.

Der entscheidende nächste Schritt soll im September bei einer Plenarsitzung des Europaparlaments erfolgen. Cappato gab gegenüber Telepolis zu verstehen, dass er starken Widerstand aus dem Ministerrat erwartet und dass es zu mehreren Lesungen im Plenum kommen könnte. Und auch aus dem Büro Schroeder verlautete, dass man in der Opt-in-Angelegenheit noch nicht aufgegeben hat. Neben den Hauptpunkten Überwachung und Spam, gibt es noch einige verbale Unschärfen zu klären. Auf 99 Änderungsanträge, von denen nur eine Minderheit berücksichtigt wurde, hat es allein schon der Ausschuss-Bericht gebracht. Der Weg zum Kompromiss über die Überwachungsbefugnisse im Herbst verspricht spannend zu werden.