De-Globalisierung: Verbraucher verlangen heimische Produkte

Seite 3: Kann Europa die in 40 Jahren gewachsenen Lieferketten kurzfristig sprengen?

Während die Verbraucher hierzulande die Lieferketten zunehmend als Folterinstrument betrachten, von welchem man sich befreien sollte, nimmt man diese Forderungen aufseiten der Industrie mit zumindest gemischten Gefühlen wahr.

So stellt der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) auf Nachfrage von Telepolis hinsichtlich der Unterhaltungselektronik fest:

Der globale Markt für Unterhaltungselektronik kam 2021 auf 246,6 Milliarden Euro. Davon entfielen 74,6 Milliarden Euro (also 30 Prozent) auf den chinesischen und 9,7 Milliarden Euro (bzw. vier Prozent) auf den deutschen Markt. China ist dabei für die deutschen Importe weiterhin sehr wichtig. Die deutschen Importe an Gütern der Unterhaltungselektronik aus China kamen 2021 auf 5,4 Milliarden Euro.

Das heißt: chinesische Importe tragen einen Großteil zum deutschen Markt bei, werden zum Teil aber auch weiter exportiert. Auch bei den deutschen Investitionen ist China Spitzenreiter. Bis Ende 2020 hat die deutsche Elektro- und Digitalindustrie in etwa 7,4 Milliarden Euro Direktinvestitionen in China getätigt, was 15,6 Prozent der globalen Investitionen (46,8 Mrd. Euro) entspricht. China ist damit – vor den USA – größter Investitionsstandort im Ausland.

ZVEI

Im aktuellen ZVEI-Außenhandelsreport "Spezial": China stellt der ZVEI die Bedeutung des chinesischen Marktes für die deutsche Industrie dar, der noch vor den USA und Frankreich liegt. Eine Entkopplung der globalen Märkte scheint derzeit in der Industrie nur schwer denkbar zu sein.

Man versucht auf Seiten der deutschen Investoren in China derzeit vorwiegend die Investitionen im Reich der Mitte abzusichern, indem man sie aus der Abhängigkeit von Zulieferungen aus der EU und den USA löst. Das scheint aufgrund der Größe des chinesischen Marktes und seinem noch immer großen Wachstumspotentials wichtiger zu sein, als der europäische Markt, der wieder kleinteiliger und aufwendiger in der Bearbeitung wird.

Da ist es auch nützlich, dass China in den letzten Jahren seinen Binnenmarkt entwickelt hat und nur noch zu 20 Prozent von Exporten abhängt. In jedem Fall ist China auf ein Ende der Handelsbeziehungen mit Europa und den USA besser vorbereitet als Russland, das unter den westlichen Sanktionen ächzt.

Weitere Sanktionen gegen China werden für den Westen einschneidendere Folgen haben, weil es China gewohnt ist, mit Gegensanktionen und/oder zeitweiligen und/oder dauernden Lieferunterbrechungen das westliche System ins Schleudern zu bringen, ohne sich dabei über die Maßen selbst zu schaden.

Das Thema zeitweilige Lieferverknappung und Marktkonfusionen bei seltenen Erden scheint hierzulande schon in Vergessenheit geraten zu sein.