Der Angriff der Digitalgeräte auf die übrigen Lernmedien

Seite 2: "Micro-Content" statt Info-Overkill

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Während die einen hier einen Rückfall ins behavioristische "Programmierte Lernen" der sechziger und siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts sehen, sind andere davon überzeugt, dass gerade dieses Lernen die Menschen besser vorbereitet: "Im Zeitalter von Google-Books-Snippets, Powerpoint-Bullet Points und dem schnellen Erfassen von Inhalten etwa in der Wikipedia ist es gerade der "Micro-Content", sind es diese kleinen Lerneinheiten, durch die sich neues Wissen besser und nachhaltiger in unseren Gehirnen einprägt", sagt der Multimedia-Professor Peter A. Bruck aus Salzburg unter Berufung auf Forschungen von Eric Kandel.

"Gerade durch Vernetzungen kleiner Wissenselemente entsteht Neues, wird Kreativität und Innovation gefördert", sagt Bruck. Und er liefert eine Zahl, basierend auf eigenen Erhebungen: "Wir messen bis zu 90 Prozent Reproduktionsvermögen von Lerninhalten auch drei Monate nach dem Mikrolernen." Die bekannte Vergessenskurve von Ebbinghaus wäre somit zu vergessen.

Donau Uni: Mikrolernen

Vom Ende der Schreibschrift

Aber wann und wo soll die Lernrevolution beginnen? Einen Blick in die mögliche Zukunft gestattet ein Besuch in einer der derzeit 25 "Steve Jobs Schulen" in den Niederlanden. Dort werden gerade die humanistischen Bildungsideale ausgetrieben. "Wozu brauchen wir eigentlich noch Lehrbücher? Wozu brauchen wir die Schreibschrift? Vierjährige sollten besser das Programmieren lernen, um auf die Zukunft vorbereitet zu sein", sagt Schulgründer Maurice de Hond ohne einen Anflug von Provokation.

Es ist eine andere Welt, so eine Steve Jobs School: Kein fixer Unterrichtsbeginn, keine Klassen, keine Schulbücher, ja nicht mal Schulbänke, sondern gemütliche Sofas. Alle Schüler erhalten im Alter von vier Jahren ihr eigenes iPad. Die Schreibschrift wird nicht mehr gelehrt. "Nur noch fünf Prozent der Texte, die in den Niederlanden produziert werden, sind in Schreibschrift geschrieben, 95 Prozent entstehen mit Maschinen", sagt de Hond unter Berufung auf eigene Forschungen.

Also: Schreibschrift raus aus dem Curriculum, Programmieren rein. Die Schule werde übrigens nicht von Apple, sondern von der öffentlichen Hand gefördert, sagt Maurice de Hond. Und seine eigene Tochter erhielt ihr erstes iPad mit eineinhalb Jahren…