Der BND ist ein Geheimdienst …
..und verhält sich auch so
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Ups – er hat es schon wieder getan. Der Bundesnachrichtendienst hat eine Journalistin des Spiegel bespitzelt. Doch wen wundert das? Der BND hat sich so verhalten, wie ein richtiger Geheimdienst sich eben verhält. Er spioniert allem und jedem hinterher. Kein Grund zur Aufregung – sofern man Geheimdienste haben möchte. Doch brauchen wir den BND wirklich?
Der BND hat also wieder einmal Politiker und Journalisten überwacht, dieses Mal die Spiegel-Journalistin Susanne Koelbl. Das zuständige Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) tagte aufgeregt und gleich zwei Mal. Hans-Christian Ströbele, MdB (B90 Die Grünen), forderte vor der zweiten Sitzung schon mal „personelle Konsequenzen“. Wer genau zurücktreten soll, blieb unklar. Der CSU-Abgeordnete Dr. Hans-Peter Uhl erklärte angesichts der neuerlichen Fehltritte des BND
Das Vertrauen des Parlamentarischen Kontrollgremiums zur Leitung des BND ist parteiübergreifend nicht mehr vorhanden.
Nach der zweiten Sitzung verbreitete der Vorsitzende der PKGr, Thomas Oppermann, MdB (SPD) eine im Gremium abgestimmte Erklärung, in der es heißt:
Das Einsehen und Aufbewahren der E-Mail-Korrespondenz stellt nach Intensität und Dauer eine erhebliche Grundrechtsverletzung der deutschen Journalistin dar, obwohl sie weder der Grund noch das Teil der Aufklärungsmaßnahme des BND war. Die erfassten E-Mails hätten wegen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung unmittelbar nach Feststellung des Bezugs zu einer deutschen Grundrechtsträgerin gelöscht werden müssen, wie es die internen Regelungen des BND inzwischen auch ausdrücklich vorsehen. Die Leitungsebene des Dienstes wurde über diesen Vorgang innerhalb des Hauses erst ein Jahr später unterrichtet und nicht – wie es nach der heutigen Erlasslage im BND für IT-basierte Maßnahmen erforderlich ist – bereits vor der Maßnahme eingebunden.
Das Kontrollgremium missbilligt , dass die Leitung des BND weder die Bundesregierung noch das PKGr über diesen Vorgang unterrichtet hat.(...)
Dadurch, so heißt es weiter, sei das „Vertrauen zwischen dem PKGr und der Leitung des BND gestört“.
Auf die Fragen, wie das Vertrauen wieder hergestellt werden könne, hatten die Abgeordneten verschiedene Auffassungen. Während die Abgeordneten der Koalition keine personellen Konsequenzen wie etwa den Rücktritt des BND-Präsidenten forderten, sondern sich mit den von Uhrlau angekündigten Umstrukturierungen auf der Abteilungsleiterebene zufrieden gaben, verlangte Ströbele abermals personelle Konsequenzen. Es genüge nicht, wenn auf unteren Ebenen des BND umstrukturiert würde. Ströbele fragte auch nach der Verantwortung des für die Aufsicht über die Geheimdienste zuständigen Kanzleramtschefs Thomas de Maizière. Dieser sei „offensichtlich in voller Deckung“.
Einhellig kritisierten die Mitglieder des geheim tagenden Gremiums nach ihrer Sitzung, dass die Bespitzelung von Journalisten zu einem Zeitpunkt fortgeführt wurde, als der ehemalige Vorsitzende Richter des Bundesgerichtshofs, Professor Gerhard Schäfer, als Beauftragter des Bundestages einen Bericht über die unrechtmäßige Bespitzelung von Journalisten in früheren Jahren anfertigte. Während also noch die „Altsünden des Dienstes“ - u.a. die Überwachung des Buchautors Erich Schmidt-Eenboom - durch Professor Schäfer aufgearbeitet und untersucht wurden, machten die Schlapphüte mit ihrer Journalistenausforschung munter weiter.
Der BND spitzelt nun mal
Die Aufregung der Parlamentarier wirkt angesichts der Geschichte des BND dennoch aufgesetzt und eher künstlich. Denn der BND ist nun mal ein Geheimdienst und verhält sich genau so. Er macht das, wofür er da ist – Menschen aushorchen, überwachen, bespitzeln, getreu seinem Auftrag, für die jeweilige Regierung alle irgendwie erhältlichen Informationen über sie interessierende Personen und Vorgänge zu beschaffen – und dies mit geheimdienstlichen Mitteln. Nur soll er dies im Rahmen geltender Gesetze und Vorschriften tun. Macht er das nicht, haben die Verantwortlichen trotzdem nichts zu befürchten, außer vielleicht einen Rücktritt von ihrem Amt.
Die Tatsache, dass der BND auch im Inland Journalisten überwacht, ist nicht neu und wird ohnehin auch noch den BND-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages befassen.
In Fußballmannschaftsstärke Buchautoren überwacht
Einer der sich seit Jahren im Fokus der Pullacher Schlapphüte befindet, ist der Weilheimer Friedensforscher und Publizist Erich Schmidt-Eenboom, der dem Thema „BND und Journalisten" mehrere Bücher widmete (Am Nasenring des BND?). Bei der Überwachung Schmidt-Eenbooms scheute der BND weder Aufwand noch Kosten. Zeitweise waren BND-Trupps in personeller Stärke einer Fußballmannschaft ausschließlich mit der Überwachung des Buchautors und seiner journalistischen Kontakte befasst (Flucht nach vorn).
Schmidt-Eenboom warnte im Gespräch mit Telepolis jetzt davor, die aktuelle Diskussion auf Afghanistan und einzelne Journalisten zu verengen. Die Frage sei, ob nicht jeder Journalist, der Auslandsthemen recherchiert, systematisch und weltweit vom BND überwacht würde. Schmidt-Eenboom verweist auf die vom Spiegel veröffentlichte enge Zusammenarbeit zwischen der Firma Siemens und dem BND. Dem Spiegel zufolge können sämtliche von Siemens weltweit installierten Telefon- und sonstigen Kommunikationsanlagen per Fernabfrage von München aus abgehört bzw. ausgelesen werden. Erstaunlicherweise gab es nach dieser Veröffentlichung innerhalb der Titelgeschichte des Spiegels über das weltweite Korruptionssystem des Siemens-Konzerns in der vergangenen Woche keinerlei politische Aufregung.
Alte Grüne Forderung: BND auflösen!
In Zeiten, als den Grünen Bürgerrechte und Freiheiten noch wichtiger waren als ihre Regierungsfähigkeit, egal mit wem, erhoben sie auch durchaus vernünftige Forderungen bezüglich des BND. Zum Beispiel am 17.4. 1996, als der Abgeordnete Manfred Such gemeinsam mit seiner Fraktion den Antrag mit dem schönen Titel: “Mehr Effektivität und demokratische Transparenz bei der Gewinnung und Analyse außenpolitischer Erkenntnisse durch Auflösung des Bundesnachrichtendienstes“ einbrachte. Zum Nachlesen: Drucksache 13/4374.
In dem 21 Seiten dicken Antrag zeigten die Grünen detailliert auf, wie unser Staat ohne den BND funktionieren könnte. Im Antragstext heißt es:
Der Bundesnachrichtendienst (BND) soll bis zum 31. Dezember 1998 schrittweise aufgelöst werden. Von den bisher wahrgenommenen Funktionen des BND sollen diejenigen ersatzlos entfallen, die aufgrund geänderter politischer Rahmenbedingungen überholt sind oder in der Vergangenheit mehr politischen Schaden als Nutzen gestiftet haben. Diejenigen Aufgaben, die auch künftig für die Sicherheit der Bevölkerung nutzbringend erscheinen (vor allem im Zusammenhang mit der Kriminalitätsbekämpfung, der Gewinnung und Analyse von Informationen aus dem Ausland), werden unter Verzicht auf bisherige problematische Arbeitsweisen des BND anderen Behörden oder Stellen übertragen.
Zu den Aufgaben, auf die getrost verzichtet werden sollte, gehören: die strategische Post- und die zivile Fernmeldkontrolle, Waffenhilfe an ausländische Sicherheitsbehörden, klassische verdeckte Operationen ('dirty tricks') und Operativ-Agenten sowie sogenannte „Abschöpf“-Kontakte. Der Verzicht auf solche Maßnahmen hätte die jetzt bekannt gewordenen Bespitzelungen verhindert. Ein Kontrollgremium des Bundestages schafft nie und nimmer einen „demokratischen BND“ oder etwas, was demokratischen Spielregeln auch im Umgang mit anderen Staaten, ihrer Bevölkerung und Regierung entspricht.