Der Medienfalle vorbeugen
Einige Informationsquellen für den Nahostkonflikt im Internet
Seit dem 29. September finden in der Westbank, im Gazastreifen und in den mehrheitlich von Arabern bewohnten Teilen Israels heftige Auseinandersetzungen statt. Entzündet hatten sie sich, nachdem der israelische Rechtsausleger und Ex-Verteidigungsminister Ariel Scharon mit einem demonstrativen Akt den muslimischen Tempelberg mit der Al Aksa-Moschee im israelisch besetzten und annektierten Ost-Jerusalem besuchte, um zu unterstreichen, dass Jerusalem Israels "einzige, unteilbare und ewige Hauptstadt" sei. Seitdem finden islamische Demonstrationen von Pakistan bis Marokko statt.
Fast 100 Menschen wurden erschossen, fast alle Palästinenser und erschreckend viele Kinder. Noch versucht US-Präsident Clinton den Schein des "ehrlichen Maklers" zu wahren und Jassir Arafat und Ehud Barak an einen Tisch zu bringen. Daneben lässt die Berichterstattung in den Medien - wie immer, wenn sich selbsternannte Experten zu Nahostspezialisten aufspielen - zu wünschen übrig. Falls sich der Konflikt weiter ausdehnt und zur kriegerischen Auseinandersetzung wird, ist eine solche "Medienfalle" zu befürchten, wie sie schon im letzten Golfkrieg 1990-91 zugeschnappt ist und bei den NATO-Angriffen auf Jugoslawien absurde Formen angenommen hatte: Pool-Journalismus, bei dem westliche Militärs das Informationsmonopol ausübten, und Selbstzensur, bei der Journalisten aus Faulheit, Arroganz und vorbeugendem Gehorsam die "andere Seite" nicht mehr zu verstehen bereit waren und die ihrer Generäle freiwillig übernahmen.
Aus diesem Grund wird das unzensierte Internet bei internationalen Konflikten für diejenigen eine größere und wichtigere Rolle spielen und spielen müssen, die den Verlautbarungen von Ordenträgern und ihren Schreibern einfach nicht glauben und sich stattdessen umfassend informieren wollen. Eine kleine Übersicht über nahöstliche Informationsquellen, die an keinem offiziellen Nachrichtentropf, Ministerium, Armeebandträger oder heiligen Buch hängen - bisher jedenfalls nicht:
Haaretz - seriöse, linksliberale israelische Tageszeitung, mit meist informativeren und aussagekräftigeren Berichten als etwa die Washington Post. Unabdingbar, um israelische Regierungspolitik verstehen zu lernen.
Alternative News - Website eines linken Presse- und Informationszentrums in West-Jerusalem, in dem Israelis und, wenn die israelische Armee es zulässt, Palästinenser zusammenarbeiten, mit täglich aktualisierten Nachrichten von vor Ort und Hintergrundanalysen von Intellektuellen und Journalisten aus der Region.
Addameer - das Internet-Gegenstück zur Vorgehenden. Es wird von der - geographisch gesehen - palästinensischen Seite aus betrieben. Der Webmaster Adam Hanieh erklärte vor Kurzem in einem richtungsweisenden Artikel die Bedeutung des Internet für Palästinenser. Seine Website beinhaltet News, Augenzeugenberichte und die wichtigsten Links zu noch tragbaren ausländischen Mainstream-Medien.
Bir Seit - ein erster Versuch von Studenten der palästinensischen Bir-Seit-Universität, ein Internet-Radio einzurichten, auf Arabisch und Englisch.
B'tselem ist die Website der größten israelischen Menschenrechtsorganisation in den besetzten Gebieten.