Der Tisch der Freaks

Nach dem Dot.com-Crash kommt das Wiedererwachen der Do-it-yourself-Kultur

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Einer der größten Nebenwirkungen des Dot.com-Zusammenbruchs ist das wiedererwachte Interesse an coolen, verrückten und künstlerischen Technologien gewesen. Die Wall Street wird immer die Wall Street bleiben und die Anhänger der NASDAQ-Pyramide werden weiterhin Technologien aus der Perspektive ihres Spekulationspotenzials verstehen. Aber wirkliche Menschen mit menschlicheren Interessen sind über das technische Spekulationsnarrativ hinausgegangen und haben in der Datensphäre herumgesucht, um etwas zu finden, das Spaß macht.

Das ist ein wunderbarer Augenblick. Ich habe dasselbe Gefühl wie damals auf der Highschool, als die Football-Saison vorbei war und jeder sich an diejenigen wandte, die es nicht in das Team geschafft hatten oder gar nicht dort hin wollten, um eine andere Quelle des Vergnügens zu finden. Ja, wir waren die Künstlertypen. Die Theatermenschen und Autoren von Comicbüchern. Die Geeks. Die Freaks. Na gut, wir sind hier die ganze Zeit an unserem eigenen Tisch in einem abgelegenen Winkel der Highschool-Cafeteria gesessen und hatten jetzt einiges, das sich zeigen ließ.

Geht einmal zu Apple.com und ladet euch iTunes herunter, den neuen MP3-Player. Er kann alles, angefangen vom Kopieren von CDs bis hin zum Brennen von DVDs. Am Besten aber ist, dass er ein Grafikprogramm enthält, das Pink Floyd oder jede andere Musik, die einem gefällt, in einen visuellen LSD-Trip verwandelt - aber ohne die Droge. Das sind mit die besten und am schnellsten dargestellten Bilder, die ich auf einem PC gesehen habe.

Und das ist nur der Beginn. Als Einladung an die Kooperation mit den Benutzern ermöglicht das Programm noch das Anbringen von Plug-ins, die von Jedem kommen können. Die Aktien von Apple mögen in den Keller gerutscht sein, aber die neuen Geräte und die neue Software ist besser als jemals zuvor: billige Flachbildschirme, G4s mit wiederbeschreibbaren DVD-Laufwerken und natürlich der neue Titanium Laptop. Selbst Microsoft ist mit eingestiegen und hat die beste Version von Word seit 5.1 als Teil des Office 2001 geliefert. Was ist los? Ihr habt keinen Mac mehr? Ihr habt ihn verkauft, als es Apple schlechter ging? Keine Sorge, wir lassen euch wieder in den Club. Das ist nämlich der Tisch der Freaks. Alle sind hier willkommen.

Die Qualität der Apple-Produkte ist für die Lebendigkeit der Gegen-Cyberkultur ein ebenso gutes Zeichen wie jedes andere. Apple ist zwar nur ein NASDAQ-Unternehmen wie die anderen auch, aber genauso ist das mit den Unternehmen, die die Rechte von Sex Pistols oder Baudrillard besitzen. Es ist das Unternehmen, das auf unserer Seite steht, und sei dies nur aus dem Grund, dass wir dies glauben. Und in Zeiten wie den jetzigen nehmen wir, was wir kriegen.

Hier in den USA haben wir wieder einmal die Zeit von Bush. Und auch wenn wir über das Wohlergehen der Nation jammern, wird die buchstäbliche und metaphorische Wiedereinführung des Patriarchats durch George W. nur die lebendige Kreativität der ungehorsamen Freaks stimulieren. Das ist einfach der Druckkesseleffekt.

Verbunden mit dem Scheitern all dieser traditionellen Topdown-Medienstrategien, die von E-Commerce- und anderen Dot.com-Geschäftsleuten verfolgt wurden, führt dies zu einem Wiedererwachen der Do-it-yourself-Kultur, -Medien und -Erfahrungen. Wenn Amazon.com nicht wirklich mein Leben verändert, was kann ich dann mit diesen kleinen Maschinen und dem Netzwerk anfangen, mit dem sie verbunden sind? Bilder machen? Eine Website einrichten? Meine eigenen Filme drehen (wieder ein Bereich, bei dem Mac in Führung liegt)? Und genau nach dem suchen die ganzen Künstler-Freaks an erster Stelle: Selbstausdruck, ein bisschen Kooperation, ein paar ausgeflippte Erlebnisse und eine Möglichkeit, diese anderen Perspektiven verbreiten zu können.

Unabhängig davon, ob die Computer vernetzt waren oder nicht, so waren sie nie gut darin, die Erlebnisangebote der Massenmedien zu erzeugen. Enttäuscht vom "großen Spiel" und den veralteten Konkurrenzwerten, die es enthält, entwickeln die Freaks draußen oder in den Spielzimmern ihre eigenen Erlebnismöglichkeiten. Das sind die Jugendlichen, die gerne Fantasy-Rollenspiele mögen, eine Band gründen wollen, Videofilme machen, eigenartige Gedichte schreiben, über Hegel diskutieren, ohne ihn wirklich zu verstehen, oder die perfekte Party planen.

Das sind die Erfahrungen, die heute auf den Computer und Websites immer häufiger gemacht werden können und die populärer geworden sind. Ultima Online und andere "massiv vernetzte" Spiele ziehen heute ebenso Frauen wie Männer an, die gemeinsam eine Welt schaffen. Blogger.com, ein Programm zur Herstellung eines Online-Journals und eine Website, ist das erste Internetprogramm, das das Versprechen des ursprünglichen Word Wide Web einlöst: die Benutzer-Teilnehmer veröffentlichen selbst, posten Beiträge und kommentieren die Arbeit der anderen.

Und Menschen wie meine Großtante Sophie, die mir erst letztes Jahr erzählt hatte, dass sie sich nie mit Computern anfreunden werde, weil sie nicht wirklich am "Online-Handel" interessiert sei, überschwemmt jetzt die Familie mit Emails, die digitale Fotos von den neuen Babies des Clans enthalten. Sie verwendete sogar ein Grafikprogramm, um ein Baby mit kleinen Engelsflügels auszustatten. Cool, Sophie. Willkommen am Tisch der Freaks.