Der Zschäpe-Prozess in München
Seite 3: Strukturen um das NSU-Trio herum
- Der Zschäpe-Prozess in München
- Reden und schweigen zugleich
- Strukturen um das NSU-Trio herum
- Das seltsame Verhalten der Verteidigung
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Die Vernehmung von Neonazis aus dem Umfeld des Trios, so mühsam sie meist war, machte einerseits Grundzüge der breiten Vernetzung von Neonazigruppen und -personen in ganz Deutschland sichtbar. Andererseits zeigte sich aber, dass um das NSU-Trio herum eine eigenständige, konspirative Struktur existierte.
Ein Beispiel: Silvia Sch. aus Hannover hatte 2006 dem Angeklagten Holger Gerlach ihre Krankenkassenkarte überlassen, die der an Beate Zschäpe weitergab. Im Zeugenstand im November 2013 blockte Silvia Sch. zunächst alles ab und stellte sich dumm und naiv. Sie habe ihre Karte nur weitergegeben, weil sie 300 Euro dafür bekam, nichts weiter. Das Trio will sie nicht gekannt haben. Doch sie verwickelte sich zusehends in Widersprüche. In ihrer Erregung benutzte sie die Formulierung: "Ich kenne diese Beate nicht." Jemand, den sie nicht kennen will, nannte sie beim Vornamen. So in der Enge musste sie schließlich mehr preisgeben, als sie wollte. Der Mann von Silvia Sch., Alexander Sch., ist schon lange und eng mit Holger Gerlach befreundet. Der wiederum stand bis zum Jahr 2011 in regelmäßigem Kontakt zu Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe. Kein einsames Trio also, sondern eines mit Verbindungen.
Ein Prozess bildet immer auch die Ermittlungen ab. Ein Gericht kann normalerweise nur mit den Dokumenten bearbeiten, die ihm vorgelegt werden, und vor allem nur mit Material, das überhaupt existiert. Zeugen, die von den Ermittlern nicht befragt werden, tauchen auch nicht in den Akten auf und die Richter erfahren nie, dass es sie gibt. So im Fall des Nagelbombenanschlages von Köln, wo eine Reihe von Zeugen bis heute nicht vernommen wurde. Der Strafsenat in München kennt diese Zeugen nicht und konnte sie folglich nicht laden.
Auch Ermittlungsschritte, die versäumt wurden, kann ein Gericht im Regelfall nicht unbedingt erkennen. Im Fall der Nagelbombe, wie des Sprengstoffanschlages in der Probsteigasse in Köln, gab das Gericht unter Vorsitz von Manfred Götzl eigene Untersuchungen in Auftrag. Es wollte wissen, wie stark die Sprengwirkung war. BAW und BKA hatten das unterlassen. Das Ergebnis war beeindruckend: Bei beiden Bomben stellte sich eine hohe Professionalität heraus.