Der biblische Stern, der kein echter war
- Der biblische Stern, der kein echter war
- Kometentheorie unbrauchbar
- Keilschrift belegt astronomisches Phänomen
- Auf einer Seite lesen
Nach Ansicht vieler Wissenschaftler sind die biblisch verklärten drei Weisen aus dem Morgenland reine Fiktion. Doch der Stern von Bethlehem lässt sich mit einem historisch nachweisbaren astronomischen Phänomen gut erklären.
Was sich dereinst real in Bethlehem abgespielt hat, bleibt aus wissenschaftlicher Perspektive reine Spekulation, weil keine einzige historische Quelle vorliegt, in denen die Anwesenheit der drei Magier aus dem Orient in Judäa Bestätigung erführe. Dennoch besteht eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass damals tatsächlich babylonische Priester aus astrologischen Motiven in das Jordanland gezogen sind, um einen König zu huldigen. Dabei könnte sie zudem ein astronomisches Phänomen inspiriert haben, das um 7 v. Chr. zu sehen war. Es existiert sogar eine historische Quelle, die dokumentiert, dass die Erscheinung von den Astronomen aus dem Zweistromland tatsächlich beobachtet wurde. Trotzdem hat die Geschichte um den Stern von Bethlehem nur Legendencharakter.
Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Bethlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen. (…) Und der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, zog vor ihnen her bis zu dem Ort, wo das Kind war; dort blieb er stehen.
Jeder gläubige Christ oder halbwegs bibelfeste oder auch nur interessierte Leser dieser zur Weihnachtsgeschichte verklärten Episode aus dem Matthäus-Evangelium (Mt 2,1) kann sich in seiner Fantasie ausmalen, wie vor mehr als 2000 Jahren die Heiligen Drei Könige einem hellen neuen Stern folgten, der sie schnurstracks nach Bethlehem zur Krippe leitete, wo sich die Geburt Jesu zugetragen haben soll. Oder auch nicht. Denn Forschungen zufolge könnte Jesu wohl eher in Nazareth das Licht der Welt erblickt, die Inthronisierung des neuen Königs der Juden fernab von Bethlehem stattgefunden haben, sofern sie denn überhaupt stattgefunden hat.
Schlechte Quellenlage
Heute ist die Geschichte aus dem Matthäus-Evangelium mit dem Weihnachtsfest eng verwurzelt. Viele gläubige Christen erachten sie als wahr, wo hingegen selbst Theologen dafür plädieren, sie dort zurück zu verbannen, wo sie hergekommen ist: in das Reich der Fantasie und Fabeln. "Heute sehen Theologen und Historiker den Stern von Bethlehem als Legende an. Er hat wichtige theologische Funktionen, die aber unabhängig von seiner historischen Belegbarkeit sind", sagt der deutsche Astronom Rahlf Hansen vom Planetarium Hamburg.
Tatsächlich lässt sich die Echtheit des Weihnachtssterns historisch nicht belegen, erwähnen doch die zeitgenössischen Chronisten die von Matthäus nur beiläufig beschriebene Erscheinung mit keinem Wort. Keine einzige historische Schrift, keine Inschrift oder keine Fresko, anfertigt von einem Zeitzeugen, dokumentiert das Ereignis der Ereignisse. Kein bekannter Autor oder zuverlässiger Chronist berichtet über das Auftauchen des Sterns von Bethlehem und das Eintreffen der drei Reisenden aus dem Orient in Bethlehem. Selbst die anderen drei namentlich unbekannten Evangelisten und Nicht-Zeitzeugen würdigen in ihren Schriften den Dreikönigsstern mit keinem Wort. "Bei der Geburt Jesu hat leider niemand alles akribisch aufgezeichnet", klagt der Oldenburger Theologie-Professor Wolfgang Weiß. Daher könnten auch die drei Weisen aus dem Orient reine Fiktion sein, so Weiß. Sie waren bestenfalls erzählerische Figuren - mehr nicht.
Könige waren sie nicht
Unbestritten ist in der Forschung etwa, dass die Namen der Heiligen Drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar erst im 6. Jahrhundert hinzugedichtet wurden, wie so vieles in der Bibel. Und als der englische Benediktinermönch und Historiker Beda Venerabilis um 725 n. Chr. Melchior als weißbärtigen Greis hinstellte, Balthasar als Mann mittleren Alters mit schwarzem Vollbart beschrieb und Caspar zum bartlosen Jüngling erhob und beiläufig erklärte, dass alle drei aus den bis dahin bekannten Kontinenten Europa, Asien und Afrika stammten, war die Legende perfekt.
Sie wirkt bis heute nach, obwohl es sich bei dem Trio keineswegs um echte Könige, geschweige denn um heilige gehandelt hat. Eine Tatsache, die der deutsche Astronomiehistoriker Jürgen Hamel nur allzu gern bestätigt: "Die Deutung der drei Weisen als heilige Könige ist eine Zutat der mittelalterlichen Theologie. Den Kirchengelehrten war es wohl ein bisschen peinlich, dass ausgerechnet Astrologen die Geburt des Heilands angezeigt haben."
Selbst im Matthäus-Evangelium fand in dieser Hinsicht keine Legendenbildung statt. Schließlich hat der Verfasser sich an keiner Stelle über die Anzahl der Ankömmlinge aus dem Zweistromland ausgelassen oder diese jemals als Könige bezeichnet. Vielmehr taucht in der lateinischen Bibelversion nur der Begriff "Magier" auf, den Martin Luther aber fälschlicherweise mit "Weisen aus dem Morgenland" übersetzte.
Stern als Herrschaftssymbol
Heute gehen nahezu alle Wissenschaftler davon aus, dass es bei den drei Magiern um Gelehrte, Priester und Astrologen aus Babylonien behandelt haben könnte. Sie sahen in den Gestirnen Götter und Dämonen und deuteten den Lauf der Planeten als Willensäußerungen ihrer Gottheiten.
Ob sie der uralten, im 4. Buch Mose im Alten Testament abstrakt formulierten Prophezeiung "Es wird ein Stern kommen aus Jakob, und ein Szepter aufsteigen über Israel" folgten, darf indes tunlichst bezweifelt werden. Allerdings könnte sich Matthäus, als er den Text um 70 n. Chr. verfasste, aus dem Alten Testament bedient haben, wo viele Prophezeiungen die Ankunft des Messias mit dem Leuchten eines Sterns ankündigen. Für den emeritierten Althistoriker Alexander Demandt von der Freien Universität Berlin sollte der Dreikönigsstern daher als Herrschaftssymbol verstanden werden.
Der neue Politiker, der neue König, der neue Herrscher, wird, wenn er auftritt, immer wieder mit einem aufgehenden Stern verglichen. Das geht mit den Pharaonen los und hört mit Mao Tsetung auf. Und von daher ist es gar kein Wunder, dass auch Jesus, als der neugeborene König der Juden, mit dem aufgehenden Stern identifiziert wird.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.