Der unendliche Ausnahmezustand
Seite 2: Hegemonie der Virologen
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- Der Lockdown und die Folgen
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Die Hegemonie der Virologen wird uns mit den täglichen Infektions- und Todeszahlen präsentiert, ihr Inzidenzwert ist zum Maßstab der "öffentlichen Gesundheit" geworden. Ihrem Diktat mit dem Siegel der Wissenschaft stehen wir genauso ratlos gegenüber, wie den regelmäßig vorher oder nachher verkündeten Börsenkursen. Diese Verbindung nimmt ihnen aber nicht die Bedrohlichkeit, denn die Zahlen geben keine Auskunft über Wirkung und Folgen der Infektion oder darüber, welche Faktoren bei positiv getesteten Patienten mit schweren Vorerkrankungen tatsächlich zum Tod geführt haben.
Der Inzidenzwert wird mit der "Gefahr für die öffentliche Gesundheit" identifiziert und spiegelt damit einen unantastbaren Entscheidungsmaßstab vor. Der aber ist schon nach den Vorgaben des § 28a IfSG falsch. Denn dieser Paragraph verlangt in Absatz 6, dass bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen "soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen einzubeziehen und zu berücksichtigen (sind), soweit dies mit dem Ziel einer wirksamen Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (Covid- 19) vereinbar ist".
Das Gesetz bezieht sich damit auf den Begriff der Gesundheit, wie er in der Verfassung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 1946 definiert worden ist: "Die Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen".
Aggressiv verengter Diskursrahmen
Die mageren Informationen über die Entscheidungsfindungen im Corona-Kabinett des Kanzleramts werden jedoch allein vom Inzidenzwert dominiert. Kritik in der Gesellschaft wurde alsbald mit "Querdenkern", Verschwörungsideologen, "Coronaleugnern" und der AfD assoziiert und als unseriös ausgesondert. Der Diskursrahmen wurde zunehmend aggressiv verengt, da vor allem die meinungsbildenden Medien sich der Bedrohungsstrategie angeschlossen haben. In einer Studie der Universität Passau vom August 2020 haben Medienforscher der ARD und dem ZDF einseitige Berichterstattung vorgeworfen, eine thematische "Verengung der Welt und einen massenmedialen Tunnelblick". Mit der zugespitzten Darstellung der Situation würden sie "permanente Krisen- und Bedrohungsszenarien" senden und "Bildwelten apokalyptischer Endzeiterzählungen" erzeugen. Dramatische Einzelfälle überlasteter Kliniken und immer wieder die Bilder von Intensivstationen treiben bis heute den emotionalen Pegel der Sorge und Angst bis zur Panik hoch.
Die Strategie der Angst
Es ist offensichtlich die Angst, die uns in diesen bedrückenden Ausnahmezustand getrieben hat, in dem ein unbelastetes Gespräch immer seltener wird. Kaum ist mehr zu trennen, ob es die Angst vor dem Virus, der möglichen Krankheit oder dem Tod, die Angst vor den unkalkulierbaren Eingriffen und Einschränkungen der Behörden oder die Angst vor den existentiellen Folgen der Politik ist. Es ist offensichtlich ein Konglomerat sich überlagernder, diffuser aber sich verstärkender Ängste, das sich lähmend auf die Gesellschaft legt und mehr Zustimmung als Widerstand erzeugt. Vor allem gab und gibt es noch immer keine verlässliche Perspektive, wie wir aus diesem Zwangskarussell wieder herauskommen.
Die Notbremse der Ratlosigkeit ist der Ausnahmezustand des Lockdown. Dabei ist nicht zu bestreiten, dass das Coronavirus ein gefährlicher Krankheitserreger ist. Das war spätestens seit 2013 bekannt und sollte die Politik nicht überrascht haben, wie immer behauptet wird. Denn Anfang 2013 lag den Politikern des Bundestags eine Risikoanalyse des Robert Koch Instituts (RKI) "Pandemie durch Virus Modi-SARS" auf dem Tisch, in der weitgehend das vorausgesagt wurde, was auch sieben Jahre später eingetreten ist:
"Die medizinische Versorgung bricht bundesweit zusammen. Die personellen und materiellen Kapazitäten reichen nicht aus, um die gewohnte Versorgung aufrecht zu erhalten. Der aktuellen Kapazität von 500.000 Krankenhausbetten (reine Bettenanzahl, von denen ein Teil bereits von anders Erkrankten belegt ist, die Bettenzahl ließe sich durch provisorische Maßnahmen leicht erhöhen) stehen im betrachteten Zeitraum (1. Welle) mehr als 4 Millionen Erkrankte gegenüber, die unter normalen Umständen im Krankenhaus behandelt werden müssten. Der überwiegende Teil der Erkrankten kann somit nicht adäquat versorgt werden, so dass die Versorgung der meisten Betroffenen zu Hause erfolgen muss. Notlazarette werden eingerichtet." (S. 73)
Die sieben Jahre sind nicht genutzt worden, um die Gesundheitsvorsorge auf eine derartige Pandemie vorzubereiten. Stattdessen ist die Privatisierung der Krankenhäuser vorangetrieben worden und der Empfehlung der Bertelsmann-Stiftung gefolgt, ihre Zahl zu reduzieren. Standen 1991 noch 661000 Betten zur Verfügung, so waren es 2018 nur noch 498000, die Anzahl der Kliniken sank von 2.411 auf 1.925. Das bedeutet einen Rückgang um 25 Prozent. Folgerichtig wurde der erste Lockdown mit der Gefahr der Überforderung des Gesundheitssystem begründet.
Und dennoch sind im Pandemie-Jahr 2020 weitere 20 Krankenhäuser geschlossen worden. Wäre diese Entwicklung gestoppt und die Gesundheitsvorsorge auf eine Pandemie vorbereitet gewesen, hätte man auf derartige Einschnitte in die Freiheitsrechte verzichten können.
Wo aber die Versäumnisse der Verwaltung und der Mangel zum Vorwurf gegen die Politik werden, braucht diese andere Mittel und Wege, um sich die Zustimmung der Bevölkerung zu sichern. Sie schürt die ohnehin vorhandene Angst um Gesundheit und Leben. Zähe Recherchen haben einen umfangreichen Schriftwechsel zwischen dem Bundesinnenministerium (BMI) und dem RKI sowie mehreren Wirtschaftsforschungsinstituten zu Tage gefördert, in dem das BMI schon am 19. März Wissenschaftler um eine Expertise ersuchte, die Grundlage für "Maßnahmen präventiver und repressiver Natur" abgeben könnte, denn es gehe um die "Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit und Stabilität der öffentlichen Ordnung in Deutschland".
In einem Strategiepapier wurde ein "Worst Case Szenario" entwickelt, das mehr als eine Million Tote prognostizierte, falls nichts unternommen werde:
"Der Worst Case ist mit allen Folgen für die Bevölkerung in Deutschland unmissverständlich (…) zu verdeutlichen" heißt es darin. "Um die gewünschte Schockwirkung zu erzielen, müssen die konkreten Auswirkungen einer Durchseuchung auf die menschliche Gesellschaft verdeutlicht werden"... "Viele Schwerkranke werden von ihren Angehörigen ins Krankenhaus gebracht, aber abgewiesen, und sterben qualvoll um Luft ringend zu Hause. Das Ersticken oder nicht genug Luft kriegen ist für jeden Menschen eine Urangst."
Es folgte die alte politische Devise, dass man vor allem Handlungsfähigkeit beweisen muss, wenn man nicht weiß, was zu tun ist. Diese Strategie der Angst wurde bis heute aufrecht erhalten. Den täglichen Meldungen über neue Infektionszahlen und Corona-Tote würde sehr viel von ihrer Wirkung genommen, würden sie in den Kontext der sehr viel höheren Zahlen von Toten durch Krebs, Kreislauferkrankungen oder Krankenhausinfektionen gestellt.
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