Desinformation verursacht Unsicherheit

Digital - medial - (a)sozial: wie Facebook, Twitter, Youtube & Co unsere demokratische Kultur verändern (Teil 4)

92 Prozent der Social-Media-Nutzer geben an, im vergangenen Jahr bei Facebook und Co. auf Fake News gestoßen zu sein. Also auf falsche bzw. irreführende Informationen, die absichtlich dazu eingesetzt werden, um die Öffentlichkeit zu täuschen.

"Staat zahlt Harem 7.500 Euro im Monat: Syrer lebt jetzt mit zwei Ehefrauen und acht Kindern in Deutschland" hat mehr Interaktionen auf Facebook erhalten, als 50 der meistgelesenen Nachrichtenseiten, etwa von Bild, Spiegel, Focus etc.1

Nach einer Studie der "Stiftung Neue Verantwortung" gelang die richtige Einordnung einer Falschinformation auf Facebook lediglich 43 Prozent der Befragten, während 33 Prozent darin eine richtige Information sahen. Laut Pisa-Bericht hat nur etwa die Hälfte der Schüler (49 Prozent) in der Schule gelernt, wie man entscheidet, ob eine Information aus dem Internet vertrauenswürdig ist. Kennzeichnungen zu Desinformationen durch Twitter und Facebook seien kaum wirksam.

Unabhängig davon, wie man die Reichweite von Falschmeldungen einschätzt, Desinformation verursacht Unsicherheit und diese Unsicherheit nährt Zweifel an allem und jedem/r, was nicht Teil der eigenen, gefühlten Wirklichkeit ist. Mit Begriffen wie "alternative Fakten" wird suggeriert, dass Tatsachen reine Ansichtssache seien.2

Laut Umfragen teilen immer noch zwischen 70 und 80 Prozent der Anhänger der US-Republikaner die Meinung, Donald Trump sei die Präsidentschaftswahl gestohlen worden.

Wie kann eine Demokratie überleben, wenn so viele Menschen ihr Vertrauen in die Rechtmäßigkeit von Wahlen und in die staatlichen Institutionen verloren haben?

Gemeinsam geteilte und geprüfte Informationen sind Voraussetzungen für eine funktionierende Öffentlichkeit in der Demokratie. Ohne einen Konsens in der Gesellschaft für die Unterscheidbarkeit von wahr und unwahr sowie von Tatsachen und Meinungen ist es jedoch "kaum möglich im politischen Meinungskampf eine auf Argumenten basierende Auseinandersetzung konstruktiv zu führen".3

Initiativen gegen Hass im Netz

Gegen Hass oder Mobbing oder zur Aufklärung von Fehlinformationen und Verschwörungsmythen im Netz gibt es eine kaum noch übersehbare Zahl staatlich geförderter und privater Initiativen.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche Fakten-Checker, wie etwa den "Faktenfinder der ARD" oder des journalistische Recherchezentrum "Correctiv".

Ob es dadurch wirklich zu einer "Abrüstung der Sprache" im Netz kommen wird, ob der Kampf gegen Desinformationen erfolgreich sein kann, ist eine offene Frage.

Die "Kalifornische Ideologie": Die Technik löst alle Probleme besser als die Politik

Der Hauptberater der EU-Kommission in der Generaldirektion Justiz, Paul Nemitz, der schon die Datenschutzgrundverordnung maßgeblich geprägt hat, spricht von der "Kalifornischen Ideologie", dem Glauben, dass sich alle Probleme durch Technik lösen lassen und vor allem, dass diese Technik alle Probleme besser löst als die Politik. Diese Ideologie sei unvereinbar mit den Grundwerten von Freiheit und Demokratie.

GAFAM4 züchteten eine Kultur der Feindschaft gegen die Institutionen der Demokratie, ja eine Verachtung der Demokratie. Nur die Selbstregulierung der Akteure und der Markt seien wirksame Mittel, um Ziele zu erreichen, die dem Gemeinwohl dienen, und deshalb sei jeder Eingriff in den Markt und jede Regulierung des Internets durch Gesetze abzulehnen. Diese Mischung aus Verabsolutierung der Technologie und neoliberaler Gedanken hat die strukturelle Unterregulierung des Internets bis heute zur Folge.5

Nicht die Digitalisierung der Demokratie, sondern die Demokratisierung des Digitalen ist die drängendste Aufgabe

Viele Protagonisten der Digitalisierung in der Wirtschaft und auch in der Politik vertreten den Standpunkt, dass sich die Demokratie der Digitalisierung anpassen müsse, dass auch politische Prozesse durch Algorithmen gesteuert werden könnten, die auf die Optimierung des Gemeinwohls programmiert würden. Demokratie kennt jedoch kein Optimum, sie lebt vom mühsamen Aushandeln komplexer Probleme unter Einbeziehung unterschiedlichster Interessen und Werte in einem partizipativen Verfahren.6

"Nicht die Digitalisierung der Demokratie, sondern die Demokratisierung des Digitalen ist die drängendste Aufgabe", stellte Bundespräsident Steinmeier als Forderung dagegen.7

Was könnten wir selbst tun, um die Gefahren aus dem Internet abzuwehren?

Was könnten wir selbst tun, um uns von den Gefahren aus dem Internet zu schützen? Dazu eher beispielhaft nur ein paar Stichworte:

  • Zuallererst bedarf es eine Entzauberung des Internets, also das Wissen darüber, wie das Netz funktioniert.
  • Man sollte sein eigenes Mediennutzungsverhalten kritisch hinterfragen.
  • Man sollte bewusst unterschiedliche Quellen nutzen und die Quellen hinterfragen.
  • Die Ideale des Journalismus sollten zur Allgemeinbildung gehören.
  • Nach der Welle des "Das-wird-man-doch-wohl-noch-sagen-dürfens" sollte über ein "Wertegerüst für das öffentliche Sprechen", also über eine "Ethik der Digitalisierung" nachgedacht werden, wie das der Bundespräsident auf dem letzten Kirchentag anmahnte.8
  • Die Medienpädagogik müsste Medienkritik und Medienethik in den Mittelpunkt stellen, zur Erlangung von mehr Mediensouveränität.9
  • Über Fragen wie die digitale Gesellschaft funktioniert müsste noch mehr Forschungsarbeit geleistet werden. Ein Digitalrat und eine Datenethikkommission reichen nicht aus.
  • Wichtig wäre ein Aufbrechen des Abgrenzungsverhaltens zwischen etablierten Medien - mit ihren Ausgrenzungs-Fahnenwörter à la "Verschwörungstheoretiker", "Populisten", "Querfrontler" etc. - einerseits und auf der anderen Seite der Netz-Community - die sich in eine Opferrolle als Abwehrstrategie geflüchtet hat. Blogger und professionelle Journalist:innen werfen sich gegenseitig verfälschte Information oder eine Verzerrung der Tatsachen vor. Es ergab sich so eine antagonistische Konstellation von Online- und Offline-Medien, die den Austausch zwischen professionellem und nicht professionellem Journalismus verhindert.10 Die publizistischen Medien könnten z.B. als "Meta-Medien" agieren und für Überblick sowie Transparenz über Soziale Medien sorgen.11

Digitales Paradoxon

So groß die Skepsis, ja sogar die Ängste vor dem Internet sind, so wenig schlägt sich das jedoch im Nutzerverhalten nieder. Man kann hier ein digitales Paradoxon beobachten, d.h. obwohl z.B. die Vertraulichkeit von persönlichen Daten von vielen sehr wichtig eingestuft wird, findet die tatsächliche Nutzung von Internetdienstleistungen weitgehend sorglos statt.12 Allein der Appell an den Einzelnen wird nicht ausreichen.

Regulierungsversuche auf dem Feld des Internets

Das potenteste Machtmedium unserer Zeit ist das Internet. Es hat noch nie in der Geschichte ein Medium gegeben, das nicht reguliert wurde. Die Frage ist, ob die Politik überhaupt noch in der Lage ist, die Tech-Giganten zu zähmen. Facebook hat gegen jegliche Regulierung eine bislang erfolgreiche Strategie: "Verzögern, Abstreiten, Vortäuschen".13

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Die digitale Welt müsste wie die analoge funktionieren, mit genauso vielen Freiheiten aber auch Pflichten. Jede Regulierung müsste größtmögliche individuelle Meinungsfreiheit und Schutz vor staatlicher oder privater Zensur und darüber hinaus ein hohes Maß an Datenschutz gewährleisten.

Weder ist Hass noch ist jede Lüge strafbar und auch falsche Meinungen, sogar Widerwärtiges sind durch das Grundgesetz geschützt. Das Bundesverfassungsgericht garantiert der Meinungsfreiheit einen breiten Spielraum.

Gemeinschaftsstandards der Netzwerkbetreiber

Die meisten Netzwerkbetreiber haben sich selbst sog. Gemeinschafts- oder Community-Standards zum Schutz vor schädlichen oder anstößigen Inhalten oder gegen Missbrauch auferlegt.

Twitter und Facebook geben bei Fake-News Warnhinweise oder sperren - wie bei Trump - die Accounts. Angeblich soll es inzwischen weltweit mehr als 100.000 Content-Moderatoren geben, die die sozialen Netzwerke "sauber" halten sollen.14

Doch auch dieses "Hausrecht" ist als private Zensur gefährlich und jedenfalls verfassungsrechtlich problematisch.

Staatliche Regulierungen

Es ist Aufgabe der Politik, die rechtlichen Parameter für die Ermöglichung freier und unabhängiger Berichterstattung sowie für den freien und offenen Willensbildungsprozess zu setzen und Plattformen Pflichten für die gemeinwohlverträgliche Ausgestaltung öffentlicher Kommunikationsräume aufzuerlegen.

Regulierung auf europäischer Ebene

Es gibt inzwischen zahlreiche Absprachen und Regulierungsmaßnahmen auf der Ebene der EU.

Ich kann sie hier nur stichwortartig aufzählen. Bei Interesse könnten wir darauf vertiefend zurückkommen.

  • So etwa einen "Code of Practice on Disinformation", einen Verhaltenskodex mit den Online-Diensten.15
  • Die Datenschutzgrundverordnung, wonach grundsätzlich kein Internetdienst mit persönlichen Daten etwas tun darf, solange die Nutzer nicht zugestimmt haben.
  • Die AVMD-Richtlinie zum Schutz von Minderjährigen und vor gewaltverherrlichenden Inhalten.
  • Auch eine Richtlinie zur Verhinderung terroristischer Inhalte wurde jüngst verabschiedet.
  • Oder die schon erwähnte und umkämpfte Urheberrechtsrichtlinie.

Gegen die allerdings Polen eine Nichtigkeitsklage vor dem Europäischen Gerichtshof führt.

Mit dem im letzten Dezember von der EU-Kommission vorgelegten "Digital Services Act" (DAS) sollen die dominanten Plattformen zu mehr Transparenz ihrer Algorithmen verpflichtet werden.

Und der geplante "Digital Market Act" (DMA) soll dafür sorgen, dass es auf den Online-Plattformen fair zugeht.

Es gibt die "East StratCom Task Force" des Europäischen Auswärtigen Dienstes. Die NATO hat im belgischen Mons ein "Cyber Security Operations Center" eingerichtet.

Deutsche Regulierungsgesetze vor allem zum Ende der Legislaturperiode

• Das seit 2017 bei uns in Deutschland geltende und vor Kurzem novellierte Netzwerkdurchsetzungsgesetz verpflichtet gewinnorientierte soziale Netzwerke offensichtlich strafbare Inhalte binnen 24 Stunden nach Eingang einer Beschwerde zu löschen.

Die Beschwerden müssen transparent gemacht werden. So hat YouTube im Jahre 2020 in einem Quartal 11 Millionen Videos gelöscht.

Mit einer Novelle von Anfang Juni sollen etwa die Meldewege für Beschwerden leichter auffindbar und einfacher zu bedienen sein. Außerdem ist eine Beschwerde gegen Entscheidungen der Netzwerke möglich.

Kritiker kritisieren allerdings, dass die Rechtsdurchsetzung damit an private Unternehmen delegiert werde. Kürzlich in Kraft getreten ist das Telemediengesetz. - Im November 2019 ist das Gesetz zur Änderung des Telemediengesetzes (TMG) in Kraft getreten. Es zieht Leitplanken für bestimmte Online-Plattformen ein.

Sowie eine Anpassung an die neuen Märkte im Digitalen im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen.

Hinzu kam das Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität. Danach sind Beleidigungen, Mord- oder Vergewaltigungsdrohungen im Netz strafbar und außerdem sollen Internetplattformen und soziale Netzwerke Hassposts einschließlich der Adresse im Netz, der sog. IP-Adresse ans Bundeskriminalamt (BKA) zu melden.

Und ein novelliertes Jugendmedienschutzgesetz: Es soll z.B. mit Alterskennzeichnungen der Angebote Kinder und Jugendliche besser vor Gefahren im Netz, also z.B. Mobbing oder sexuellen Missbräuchen (Grooming) zu schützen.

Auch das schon erwähnte Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz ist ganz neu.

• Besonders eingreifend im Bereich der Intermediären ist der im letzten Spätherbst in Kraft getretene Medienstaatsvertrag der Länder, der die Suchmaschinen, Soziale Medien etc. zur nicht diskriminierenden Auffindbarkeit von Inhalten und zur Gewährleistung von Transparenz der Angebote verpflichtet. Danach müssen künftig die grundlegenden Kriterien, nach denen ihre Algorithmen Angebote aggregieren, selektieren und oftmals hochgradig personalisieren, transparent sein. Zudem muss gewährleistet sein, dass die Algorithmen einzelne oder bestimmte Kategorien von Medienanbietern und Medieninhalten nicht ungerechtfertigt diskriminieren (§ 94) oder unbillig behindern. Transparenz (§ 93) und Diskriminierungsfreiheit sind wesentliche Voraussetzungen für den Erhalt von Medien- und damit auch Meinungsvielfalt.

Nach § 19a obliegt den Medienanstalten die Aufsicht über die Einhaltung von journalistisch-redaktionellen Sorgfaltspflichten durch Telemedienanbieter. Sie können im Rahmen eines förmlichen Verfahrens in gestufter Intensität erforderliche Maßnahmen ergreifen wie eine Beanstandung, Untersagung bis hin zur Sperrung von Angeboten.

Danach sind Beleidigungen, Mord- oder Vergewaltigungsdrohungen im Netz strafbar und außerdem sollen Internetplattformen und soziale Netzwerke Hassposts einschließlich der Adresse im Netz, der sog. IP-Adresse ans Bundeskriminalamt (BKA) zu melden.16

Im Rahmen der Initiative "Verfolgen statt nur Löschen" arbeiten Staatsanwaltschaft Köln als Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime17, Medienunternehmen und Medienaufsicht aktiv zusammen, um das Internet vor Hass und Hetze zu schützen. 18

Die Staatsanwaltschaft und die Polizei sind derzeit allerdings beim Verfolgen von strafrechtlich relevantem Hass und beleidigender Hetze im Netz heillos überfordert. Werden - wie bei der Bekämpfung von Kriminalität im Netz - die Internetunternehmen zur Verantwortung gezogen, wird eine vorauseilende Löschung von Einträgen durch die Konzerne und damit eine private Zensurinfrastruktur befürchtet. Dagegen wird andererseits eher ein sog. "underblocking" beklagt, weil nach wie vor Rechtsextremisten im Netz agierten, als gelte kein Gesetz.

Außerdem kämen die Strafverfolgungsbehörden an die Hetzer im Internet gar nicht heran, weil die Internetkonzerne ihr Sitzland gar nicht in Deutschland oder Europa hätten und die USA z.B. bei Volksverhetzung oder Leugnung des Holocausts keine Rechtshilfe leisteten.

Das Internet als öffentliche Infrastruktur

Es gibt Stimmen, die ganz grundsätzlich infrage stellen, dass die Netz-"Infrastruktur" sich in privater Hand befindet. Wie beim Straßennetz müsse der Staat eine Infrastruktur zur Verfügung stellen, die dann unternehmerisch und privat genutzt werden könne.19

Zunehmend werden auch Forderungen nach einer digitalen Souveränität wenigstens auf europäischer Ebene gegen die Digital-Oligopolisten aus den USA und inzwischen auch aus China laut.20

Vonseiten des früheren ARD-Vorsitzenden und Intendanten des Bayerischen Rundfunks, Ulrich Wilhelm, und - ganz aktuell - vom Österreichischen Rundfunk ist eine "Plattform von Qualitätsangeboten im Netz" in die öffentliche Debatte gebracht worden.21

Das ZDF hat inzwischen eine Kultur-Mediathek aufgebaut und die ARD hat auf die Verschiebung der Mediennutzung zumal der jüngeren Generation mit einem im Internet abrufbaren nichtlinearen Angebot von Videos für ein jüngeres Publikum, mit "funk.net" reagiert.

Was spricht gegen ein öffentliches Internetangebot?

Der Umbruch der Medienlandschaft wird sich nach aller Voraussicht in den nächsten Jahren beschleunigt fortsetzen. Ohne Gegenmaßnahmen werden sich klassische Medien im "Plattformisierungsprozess" ökonomisch immer weniger behaupten können.

Warum also nicht eine öffentliche, beitragsfinanzierte Plattform? Warum nicht ein Wandel vom Public-Service-Broadcaster zur Public-Service-Plattform? Warum sollte der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht dorthin gehen, wo sich die jungen Zielgruppen aufhalten?

  • Im Gegensatz zu den privaten Sozialen Medien, aber auch im Unterschied zum privaten Rundfunk und zur Presse könnte sich ein über eine "Demokratieabgabe" - wie das Bundesverfassungsgericht den Rundfunkbeitrag genannt hat - finanziertes Internetangebot etwa auf der gesetzlichen Basis des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dem kommerziellen Primat entziehen.
  • Es könnte staatsfern von gesellschaftlichen Gruppen kontrolliert werden und wäre nicht anonymen Shareholdern verpflichtet.
  • Es könnte auf den Verkauf von Daten verzichten und wäre nicht auf die Ausbeutung der Nutzer angewiesen.
  • Ein solcher öffentlich-rechtlicher Netzauftritt könnte gesetzlich auf Meinungsvielfalt, auf Ausgewogenheit verpflichtet und durch einen gesellschaftlichen Integrationsauftrag der Spaltung der Öffentlichkeit durch "Filterblasen"- bzw. "Echokammer"-Effekte entgegenwirken.
  • Eine solche Plattform könnte mit dem Versprechen an die Nutzer verbunden sein, dass die Daten geschützt und die Algorithmen transparent gemacht würden, außerdem könnten im Sinne eines "kommunikativen Versorgungsauftrags" unbeschränkte Nutzungsrechte erteilt werden.

Ob ein solches Angebot ausreichend Nutzer fände, ist zwar ungewiss, aber immerhin bestünde eine Alternative zu den Internetoligopolisten und ein Angebot einer "medialen Grundversorgung".

Kurz: Ein solches Angebot wäre ein immer wichtiger werdender Beitrag zur Stärkung der Meinungsvielfalt und damit zur Demokratisierung des Internets.

Womit wir wieder bei Ihrer Ausgangsfrage angekommen wären, nämlich warum die Medien für eine funktionierende Demokratie so wichtig sind. Der Kampf der unterschiedlichen Meinungen ist eben - wie es das Bundesverfassungsgericht ausdrückt - "schlechthin konstituierend" für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung.

Wolfgang Lieb studierte an der FU Berlin und an den Universitäten Bonn und Köln Rechtswissenschaften und Politik. Nach dem Staatsexamen und einer Promotion im Medienrecht war er Wissenschaftlicher Assistent an der neu gegründeten Gesamthochschule Essen und später an der Universität Bielefeld. Danach arbeitet er in der Planungsabteilung des Bundeskanzleramtes in Bonn unter Kanzler Helmut Schmidt. Mit der Kanzlerschaft von Helmut Kohl wechselte er in die Landesvertretung NRW. Unter Johannes Rau war er neun Jahre Regierungssprecher und später Staatssekretär im NRW-Wissenschaftsministerium.

Seit seinem Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst ist er politischer Blogger der ersten Stunde und freier Autor.

Diesem Text liegt ein Referat auf der Sommertagung des Wirtschaftsgilde - Evangelischer Arbeitskreis für Wirtschaftsethik und Sozialgestaltung - in Oberstdorf am 2. Juli 2021 zugrunde. Der Beitrag erscheint auch beim Blog der Republik.