Krise der Medien, Krise der Demokratie?

Digital – medial – (a)sozial: Wie Facebook, Twitter, Youtube & Co unsere demokratische Kultur verändern (Teil 1)

Warum ist das Thema Medien eigentlich so wichtig? Ganz einfach: Weil Medien maßgeblich unser Wissen und unsere Meinung über die Welt beeinflussen und weil der möglichst umfassende Austausch von Informationen und Sichtweisen in den Medien eine Bedingung für einen offenen und demokratischen Meinungsbildungsprozess ist. Der freie Austausch der vielfältigen gesellschaftlichen Meinungen ist wiederum eine Voraussetzung für eine demokratische politische Willensbildung und er verschafft politischen Entscheidungen ihre demokratische Legitimation.1

Es zeigt sich, dass das Vertrauen in die Medien eng mit dem Vertrauen in die Politik zusammenhängt. Menschen, die der parlamentarischen Demokratie kritisch gegenüberstehen, vertrauen auch den klassischen Medien nicht.

Die "Wahrhaftigkeit", d.h. das Vertrauen darauf, dass "Nachrichten in den Medien vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Inhalt, Herkunft und Wahrheit geprüft werden" ist von "demokratiegewährleistender Relevanz", sagt der Medienrechtler Bernd Holznagel.

Die Sorge um den Zustand unserer Medienlandschaft ist also gleichzeitig eine Sorge um die Verfassung unserer demokratischen Kultur.

Medienkonsum im Wandel

Seit dem Aufkommen des Internets erleben wir einen Wandel des Mediensystems. Zwar weichen die Angaben über die Mediennutzung, über die Reichweite und über die Wirkung der einzelnen Medien je nach Untersuchung deutlich voneinander ab, aber die Tendenz ist eindeutig.

Schaut man auf die nachfolgenden Generationen, so verlieren die klassischen Medien, insbesondere die Zeitungen, aber auch das Fernsehen dramatisch an Bedeutung - zumal für die Verbreitung von Informationen -, während das Medium Internet sowohl im Hinblick auf die Nutzungszeit als auch hinsichtlich des Meinungsbildungsgewichts kontinuierlich zunimmt.

Die tägliche Auflage der Tageszeitungen hat sich von 30,2 Millionen seit Mitte der Fünfzigerjahre auf 14,1 Millionen Exemplare mehr als halbiert. Die Auflage der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ist trotz eines leichten Anstiegs gegenüber 2013 um rund 134.000 Exemplare auf derzeit 204.000 Exemplare gesunken.

Die verkaufte Druckauflage der auflagenstärksten Zeitung in Deutschland, der Bild-Zeitung ist im ersten Quartal 2021 auf 1,24 Millionen Exemplare abgesackt, 2012 waren es noch doppelt so viele.

Nur noch die Hälfte der lesefähigen Bevölkerung greift täglich zu einer gedruckten Zeitung. Auch die Zeit, die für die Lektüre aufgebracht wird, ist kontinuierlich zurückgegangen.

Zwar haben die Zeitungsverlage über 600 Digitalangebote im Netz und im letzten Jahr wurde bei der verkauften digitalen Auflage aller elektronisch übermittelten Zeitungen die Zwei-Millionen-Grenze überschritten, die Vertriebserlöse der digitalen Zeitungen machen jedoch gerade mal acht Prozent der Gesamterlöse der Verlage aus2 und können, bisher jedenfalls, die sinkenden Erlöse bei den gedruckten Zeitungen nicht kompensieren.

Gegen die weit verbreitete "Kostenlos-Mentalität" der Internet-Nutzer haben es bezahlpflichtige Angebote noch schwer.

Ein Großteil der Werbeeinnahmen wird von Google & Co abgeschöpft

Ein Großteil der Werbeinnahmen, das wirtschaftliche Fundament der Zeitungsverlage, wird von den Plattformgiganten Google & Co abgeschöpft. Nahezu drei Viertel der weltweiten Werbeeinnahmen entfallen auf Google und Facebook.3

Je kleiner die Auflagen der Zeitungen, desto geringer die Werbeeinnahmen, desto kleiner die Redaktionen, desto weniger tiefschürfend die Berichterstattung, desto geringer die journalistische Qualität und - im Ergebnis - desto größer der Verlust an Glaubwürdigkeit und damit wiederum der Verlust an verkaufter Auflage.

Die Zeitungsverlage sind dabei, sich selbst zu strangulieren. Dabei wäre, wie das Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung, Heribert Prantl, zu Recht meint, die große Frage nicht: "Wie schafft man Klicks, Reichweite, Auflage? Die große Frage lautet: Wie schafft man Vertrauen? Dann kommen auch Klicks, Reichweite und Auflage."4

In fast allen europäischen Staaten gibt es inzwischen ein direkte oder indirekte Presseförderung, etwa über eine Förderung des Vertriebs, einen reduzierten Mehrwertsteuersatz oder die Steuerfreistellung eines bestimmten Prozentsatzes als Werbekosten.

Die in Deutschland geplante Förderung der digitalen Transformation des Verlagswesens konnte noch nicht umgesetzt werden. Auch von Möglichkeiten zur vermehrten wirtschaftlichen Zusammenarbeit wurde seitens der Verlage bisher wenig Gebrauch gemacht.

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