Desinteresse am Atomteststoppvertrag
Obgleich für die US-Regierung die Nichtverbreitung von Atomwaffenein wichtiges Ziel ist, will sie den Beitrag für die Umsetzung des Abkommens kürzen, gleichzeitig aber neue Atomwaffen entwickeln
Die US-Regierung riskiert womöglich mit der Entwicklung neuer Atomwaffen ein neues Wettrüsten (Politischer Sprengstoff), während die Chancen, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen zu verhindern, gemindert wird. Obgleich eben dies ein Kernstück der globalen Sicherheitspolitik von US-Präsident Bush ist, soll zwar das Budget für das Pentagon insgesamt weiter wachsen (US-Rüstungshaushalt erneut in Rekordhöhe), sparen will man aber ausgerechnet bei den Geldern für die Überwachung des Atomteststoppvertrags.
1996 hat der damalige US-Präsident Clinton den Comprehensive Nuclear Test Ban Treaty (CTBT) gegen Widerstände in den USA unterschrieben. Die Ratifizierung gelang ihm jedoch nicht mehr. 1990 lehnte der US-Senat in einer knappen Abstimmung eine Ratifizierung ab, die Bush-Regierung hält bekanntlich nichts von internationalen Abkommen und ist daher auch diesem Abkommen nicht beigetreten. Neben den USA haben das Abkommen auch China, Indien, Indonesien, Iran, Israel, Nordkorea und Pakistan nicht ratifiziert. Obgleich ihn bereits 174 Staaten angenommen haben, fehlen von 44 notwendigen Staaten bislang noch 11, um in Kraft treten zu können. Die Atommächte Russland, Frankreich und Großbritannien haben ihn ratifiziert.
Allerdings hat die Bush-Regierung weiterhin die Comprehensive Nuclear Test Ban Treaty Organization (CTBTO) mit Sitz in Wien finanziell unterstützt, die für die Einhaltung des Abkommens und für den Aufbau eines weltweiten Netzes an seismischen Sensoren zuständig ist. In den Aufbau und den Betrieb des International Monitoring System (IMS) fließen 80 Prozent des Budgets der UN-Behörde. Das IMS könnte auch dazu dienen, Erdbeben wie das verheerende Seebeben in Asien vorherzusagen (Verpasste Vorwarnungen und eine sich schneller um sich drehende Erde).
Die US-Regierung will im Zuge der geforderten Sparmaßnahmen den vom Außenministerium bezahlten Beitrag für die CTBTO, die 2005 einen Gesamthaushalt von 105 Millionen US-Dollar hat, von 19 Millionen US-Dollar im letzten Jahr auf nun 14,35 Millionen heruntersetzen. Man will damit nur noch das IMS unterstützen, nicht aber die Organisation und das internationale Abkommen. Erhöht werden soll hingegen - ganz im Sinne der bilateralen, von der Bush-Regierung steuerbaren Vereinbarungen - beispielsweise von 439 auf 526 Millionen US-Dollar das Threat Reduction Program des Energieministeriums, mit dem waffenfähiges nukleares Material in Russland und den anderen Ländern der ehemaligen Sowjetunion entsorgt wird.
Neben Japan waren die USA bislang die größten Geldgeber der CTBTO. Die Einbuße von 5 Prozent des Budgets sind zwar sicherlich zu verschmerzen und werden den weiteren Ausbau verlangsamen, aber diese eher symbolische Geste macht doch auch wieder deutlich, dass die Bush-Regierung auch mit teilweise neuer Mannschaft die alten Wege als Supermacht außerhalb internationaler Abkommen weiter beschreiten will. Um glaubwürdig zu sein und tatsächlich die Verbreitung von Atomwaffen zu verhindern, müsste die US-Regierung, wie etwa Joseph Cirincione, der Direktor des Carnegie Endowment for International Peace, auf dem Arms Control Association Annual Meeting am 3.Februar 2005 forderte, das Abkommen über das Verbot von Atomwaffentests ratifizieren und auf die Entwicklung neuer Atomwaffen verzichten.
Der Wille der Bush-Regierung, neue Atomwaffen entwickeln zu wollen, läuft zudem dem Zweck des 1995 auf auf unbegrenzte Zeit verlängerten Atomwaffensperrvertrags (NPT) von 1970 zuwider. Dort hatten sich die USA, aber auch die anderen offiziellen Atommächte China, Frankreich, Großbritannien und Russland, dazu verpflichtet, dass sie im Gegenzug zur Erklärung der Unterzeichnerstaaten, keine Atomwaffen zu entwickeln oder zu besitzen, ihre Atomwaffen abzurüsten. Trotz Ende des Kalten Kriegs und 20 Jahre später ist nichts in dieser Richtung geschehen, vielmehr haben sich Staaten wie Indien, Pakistan, Israel oder Irak auch aufgrund des strategischen Interesses atomar aufrüsten oder zumindest, wie im Fall des Irak, zeitweise ein Atomwaffenprogramm verfolgen können. Die Nichteinhaltung der Verpflichtung der Atomstaaten lädt umgekehrt andere Länder ein, schon aus Gründen des Selbstschutzes auch nach Atomwaffen zu streben, und untergräbt die Akzeptanz des Atomwaffensperrvertrags.
Der bei der US-Regierung unbeliebte IAEA-Chef El Baradei forderte erst unlängst erneut im Vorblick auf die NPT-Überprüfungskonferenz im Mai dieses Jahres die globale nukleare Abrüstung und damit auch die Einlösung der Verpflichtung der Atommächte, um die Verbreitung von Atomwaffen und auch deren mögliche Verwendung durch Terroristen wirksam bekämpfen zu können (Bush will Verbreitung von Massenvernichtungswaffen verhindern).