Deutsche Kämpfer im Ukraine-Krieg: Das ist ihre rechtliche Situation

Mehrere deutsche Staatsbürger sind freiwillig ins Kampfgebiet (hier: Bachmut) gereist. Foto: Armed Forces of Ukraine / CC BY 4.0

Auf beiden Seiten kämpfen Deutsche im Ukraine-Krieg – teilweise aus Solidarität mit einer Kriegspartei. Manchen könnte es aber auch um Ausbildung für strafbare Vorhaben gehen.

Der Ukraine-Krieg dauert an. Gerade scheint das Kriegstreiben sogar einen traurigen Höhepunkt zu erreichen. Die Gegenoffensive der ukrainischen Armee läuft; Russland reagiert mit weiteren Drohnenangriffen und einer Verstärkung der Verteidigungslinien. Das bedeutet vor allem eins: Leid und Zerstörung werden zunehmen.

Bei der dynamischen Entwicklung, die seit Beginn des Krieges zu beobachten ist, geraten einige Phänomene schnell aus dem Blick. So zum Beispiel die Tatsache, dass auch deutsche Kämpfer freiwillig an den Kriegshandlungen teilnehmen. Diese Tatsache hat maßgeblich zwei Dimensionen – die strafrechtliche und die gesellschaftspolitische.

Strafrechtliche Dimension

Das juristische Fachmagazin Legal Tribune Online beschäftigte sich bereits wenige Tage nach Beginn der russischen Invasion mit strafrechtlichen Aspekten der freiwilligen Beteiligung deutscher Staatsbürger am Ukraine-Krieg.

Auch die Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages haben einen ausführlichen Bericht mit dem vielsagenden Titel: "Strafbarkeit des Beitritts Einzelner zu einer fremden Streitkraft – Rechtslage im In- und Ausland" vorgelegt. Dort heißt es bezogen auf die deutsche Rechtslage:

"Im deutschen Strafrecht existiert kein Straftatbestand, der es deutschen Staatsbürgern verbieten würde, sich ins Ausland zu begeben, um sich dort einer regulären fremden Streitkraft anzuschließen und als Teil derselben sodann an Kampfhandlungen teilzunehmen." Unter Strafe gestellt sei lediglich das "Anwerben für fremden Wehrdienst" gemäß Paragraph 109h im Strafgesetzbuch.

Wer zugunsten einer ausländischen Macht einen Deutschen zum Wehrdienst in einer militärischen oder militärähnlichen Einrichtung anwirbt oder ihren Werbern oder dem Wehrdienst einer solchen Einrichtung zuführt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.


Aus: § 109h StGB

So weit, so eindeutig. Doch es sei noch einmal betont, dass eine strafrechtliche Verantwortlichkeit für mögliche Kriegsverbrechen bestehen bleibt. Zudem können deutschen Kämpfern weiterhin strafrechtliche Konsequenzen drohen. Dies gilt etwa in Fällen, in denen sie sich einer nichtstaatlichen Organisation anschließen und ihnen der sogenannte Kombattantenstatus fehlt. Hier kann vor allem § 129b Strafgesetzbuch eine Rolle spielen, bei dem es um die Unterstützung oder Bildung einer kriminellen und terroristischen Vereinigung im Ausland geht.

Gesellschaftspolitische Dimension

Wenig diskutiert und kaum ausreichend beleuchtet ist die gesellschaftspolitische Dimension des Kriegseinsatzes deutscher Freiwilliger. Es geht vor allem darum, mit welcher Motivation deutsche Kämpfer in den Ukraine-Krieg ziehen.

Als Gesellschaft kann es uns nicht egal sein, wenn Menschen freiwillig als Kämpfer in ein Kriegsgebiet gehen. Die Politik darf bei diesem Thema nicht wegschauen und sich auf den Standpunkt der grundsätzlichen Straflosigkeit dieses Verhaltens zurückziehen.

Bislang ist jedoch wenig bekannt. Etwas Erhellendes liest man in einem Bericht des MDR vom 8. Mai 2023. Dort heißt es unter anderem:

Auch das Bundesinnenministerium sammelt Informationen über Menschen, die im Zuge des Krieges in die Ukraine gereist sind – allerdings nur über diejenigen, die als Extremisten gelten oder politisch motivierte Straftaten begangen haben. Auf Anfrage von MDR aktuell schreibt das Ministerium, dass man von 61 Ausreisen wisse und einige verhindert habe. ‚Bislang liegen zu 29 dieser Personen konkrete Anhaltspunkte für eine tatsächliche Beteiligung an Kampfhandlungen auf Seiten einer Konfliktpartei vor.‘


MDR aktuell, 8. Mai 2023

Das ZDF berichtete am 14. Juni 2023 unter dem Titel "Ermittlungen gegen deutschen Putin-Kämpfer" auch darüber, dass der Generalbundesanwalt wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89a Strafgesetzbuch) gegen einen Deutschen ermittle.

Darüber hinaus existieren einige Erfahrungsberichte, so etwa im Spiegel vom 7. April 2023 über einen 26-jährigen Deutschen, der in der Ukraine gegen die russischen Invasionstruppen kämpft.

"Man kann sich im Konsulat anmelden, danach muss man nur zum ausgemachten Treffpunkt in der Ukraine gehen, wo man genommen oder abgelehnt wird", sagte ein ehemaliger Bundeswehrsoldat, der sich ebenfalls dafür entschieden hat und schwer verletzt wurde, in einem Interview, das der Merkur am 26. April dieses Jahres veröffentlichte.

All das beleuchtet die Motivation deutscher Kämpfer nur ungenau. Es mag, wie die Erfahrungsberichte nahelegen, einerseits um Solidarität mit einer Kriegspartei gehen. Andererseits müssen zunehmend Extremisten an der Reise in das Kriegsgebiet gehindert werden.

Einigen Kampfeswilligen geht es wohl darum, an der Waffe ausgebildet und eingesetzt zu werden. Das ist insbesondere bei Neonazis gut vorstellbar. Vor allem dann, wenn sie nicht zur Bundeswehr durften, weil ihre Verfassungsschutzakte zu dick war. Die rechte Szene in Deutschland positioniert sich zwar zu großen Teilen prorussisch, die Neonazi-Kleinpartei "Der III. Weg" ergreift allerdings Partei für die Ukraine.