Deutschländer Würstchen

Seite 2: Deutsche und Passdeutsche

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Um Menschen, die ausgebürgert, abgeschoben und im Ausland entsorgt werden sollen, zu beschreiben, benutzt die AfD, genauso wie die rechtsextremistischen Kräfte vor ihr, das Konzept des "Passdeutschen". So schreibt Andreas Wild, MdA Berlin: "Ein deutscher Staatsbürger mit deutschem Paß ist noch lange kein Deutscher" und "Wenn Sie Aug und Ohr aufmachen, können Sie Männer u. Frauen sowie Deutsche u. Paßdeutsche unterscheiden".

In dieselbe Kerbe schlägt auch Jörg Meuthen, der wörtlich sagte: "Ich sehe zum Teil in den Innenstädten, in denen ich mich bewege, [nur] noch vereinzelt Deutsche", woraufhin die Bundeskanzlerin mit den einzig richtigen Worten antwortete: "Dann weiß ich nicht, was Sie sehen, denn ich kann auf der Straße Menschen mit Migrationshintergrund, die deutsche Staatsbürger sind, und solche, die die deutsche Staatsbürgerschaft nicht haben, nicht unterscheiden."

Wenn Jörg Meuthen also auf den ersten Blick einen Unterschied zwischen Deutschen und Ausländern zu erkennen glaubt, bleibt wohl nur die Hautfarbe als Identitätskriterium (und demnächst vielleicht wieder die Schädelform) und eben nicht die Staatsangehörigkeit, wie es Artikel 116 des Grundgesetzes definiert.

So verwundert es nicht, dass Angehörige der AfD zwischen "Kanacken" und "Negern" auf der einen und "Biodeutschen mit zwei deutschen Eltern und vier deutschen Großeltern" (erste Version im Bearbeitungsverlauf) auf der anderen Seite unterscheiden.

Ein beliebtes Sprichwort unter AfD-Anhängern lautet: "Ein Esel, der im Pferdestall geboren wird, ist kein Pferd." Das soll wohl so viel bedeutet wie: Ein Ausländer (Esel), der in Deutschland geboren wird (Pferdestall), wird niemals Deutscher (Pferd), sondern bleibt immer ein Ausländer (Esel). Dieses Sprichwort offenbart die gesamte gesellschaftspolitische Haltung der AfD-Anhänger, deren Überzeugungen zufolge die Zugehörigkeit zum deutschen Volk nicht durch das Staatsangehörigkeitsgesetz, sondern durch eine mystische Blutsgemeinschaft definiert ist und erbbiologischen Kategorien folgt.

Gemäß dieser Argumentationsmuster ist es nur folgerichtig, wenn Menschen wie Dunja Hayali oder ich selbst bei jeder Diskussion aus dem Land gewünscht und Reklametafeln, die schwarze Menschen zeigen, mit rassistischer und rechtsextremer Hetze geflutet werden.

Weder Dunja Hayali, Philipp Awounou und ich, noch Aydan Özoguz, Deniz Yücel usw. können "zwei deutsche Eltern und vier deutsche Großeltern" vorweisen und sind entsprechend auch keine Biodeutschen im Sinne der AfD (und zufälligerweise auch keine Arier im Sinne Josef Goebbels).

Nun könnte man meinen, all die Worte und Aussagen von AfD-Bundestags- und Landtagsabgeordneten seien "Einzelfälle" oder "individuelle Verfehlungen". Dagegen spricht zum einen die Tatsache, dass sich sowohl Parteivorsitzende, Fraktionsvorsitzende, und Vorsitzende der Landesparteien in einer Art und Weise äußern, die keinen Zweifel am Narrativ des "falschen Deutschen" lassen. Zum anderen hat die Partei ihren Wunsch nach Ausbürgerung deutscher Staatsbürger mit "Migrationshintergrund" bereits institutionalisiert. So findet sich in verschiedenen Änderungsanträgen zum AfD-Bundesparteitag mehrfach der Wunsch, dass "die Ausbürgerung krimineller [deutscher] Staatsbürger (!) mit Migrationshintergrund (!!) möglich werden" soll "und zwar auch dann, wenn die Ausgebürgerten dadurch staatenlos werden", was die Bundesprogrammkommission wortgleich in ihren Leitantrag zum Bundesparteitag hineinformulierte und die Gesamtpartei noch immer prominent auf der Webseite platziert.