Deutschland: Große Koalition nur noch bei 50 Prozent Stimmenanteil

Österreich: Hofer und van der Bellen Kopf an Kopf

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Dem neuen INSA-Meinungstrend nach hat die CDU in der Wählergunst weiter verloren und liegt jetzt bei nur mehr 30,5 Prozent. Rechnet man die 19,5 Prozent der auf diesem niedrigen Niveau verharrenden SPD dazu, dann hätte die Große Koalition 17 Prozentpunkte weniger als bei der letzten Bundestagswahl und erstmals nur die Hälfte der Wähler hinter sich.

Weil durch die Fünf-Prozent-Hürde regelmäßig die Stimmen von vier bis sechs Prozent der Wahlteilnehmer auf Mandate für Parteien umgerechnet werden, die sie gar nicht gewählt haben, hätten Union und SPD aber auch mit 50 Prozent Stimmenanteil oder weniger noch eine Mandatsmehrheit, so lange sie nicht weitere vier Punkte oder mehr verlieren.

Die Alternative für Deutschland (AfD) liegt in der neuen INSA-Umfrage bei 15 Prozent und damit nur mehr viereinhalb Prozent hinter der SPD, deren Vorsitzender Sigmar Gabriel gerade Rücktritts- und Sturzgerüchte von sich weist. Die Grünen bleiben bei 13, die Linken bei zehn und die Liberalen bei acht Prozent. Alle anderen Parteien (inklusive der Freien Wähler und Bernd Luckes Fortschrittspartei ALFA) liegen mit zusammengerechnet vier Prozent weitab der Fünf-Prozent-Hürde.

Österreich: Hofer und van der Bellen bei jeweils 50 Prozent

In Österreich, wo am 22. Mai eine Stichwahl darüber entscheidet, wer der neue Bundespräsident wird, sieht das Meinungsforschungsinstitut Gallup die beiden verbliebenen Kandidaten Norbert Hofer und Alexander van der Bellen bei jeweils 50 Prozent. Vor dem ersten Wahlgang lagen die Meinungsforscher allerdings recht falsch und sahen Hofer (der bei 35,05 Prozent landete) nur bei 21 bis 24 Prozent.

Für die Nationalratswahl, die nach dem gestrigen Rücktritt des von der SPÖ gestellten Bundeskanzlers Werner Faymann, nicht erst 2018, sondern schon im September 2016 stattfinden könnte, prognostiziert Gallup für die FPÖ den Rekordwert von 34 Prozent - ein Punkt mehr als in der vorigen Umfrage dieses Instituts. Damit liegen die Freiheitlichen 12 Punkte vor der ÖVP (die zwei Punkte abgibt und auf 22 Prozent kommt) und 13 Punkte vor der SPÖ (die ebenfalls zwei Punkte verliert und mit 21 Prozent nur auf den dritten Platz landet).

Die österreichischen Grünen kommen im Windschatten ihres (formal unabhängigen) Präsidentschaftskandidaten Alexander van der Bellen auf 14 Prozent (plus 2), die Neos legen um einen Punkt von fünf auf sechs Prozent zu. Damit hätten SPÖ und ÖVP mit zusammen 43 Prozent keine absolute Mandatsmehrheit mehr, weil die anderen im Parlament vertretenen Parteien gemeinsam auf 54 Prozent kommen. Sie könnten mit den Neos oder den Grünen in einer Dreierkoalition gegen die FPÖ regieren, was mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit dazu führen würde, dass diese weiter zulegt.

Eine andere Möglichkeit ist, dass die ÖVP oder die SPÖ mit der FPÖ zusammenarbeitet. Das wäre kein Novum: Die ÖVP koalierte zwischen 2000 und 2005 schon einmal mit den Freiheitlichen - und die SPÖ zwischen 1983 und 1987 (also vor der Ära Haider). Derzeit schließen die Sozialdemokraten eine Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen auf Bundesebene zwar aus, arbeiten aber seit dem letzten Jahr im Burgenland mit ihnen zusammen (vgl. Burgenland: Neuauflage der Chianti-Koalition [Update]). Ob das Verbot der Zusammenarbeit auf Bundesebene fällt, soll eine Anfang Mai einberufene "Strategiegruppe" entscheiden (vgl. "Abgrenzen ja, ausgrenzen nein").

Ein Hinderungsgrund für eine Koalition könnte der FPÖ-Vorsitzende Heinz-Christian Strache sein, der in der Vergangenheit mit zugespitzten Äußerungen polarisierte. Ob er bereit ist, für einen Koalition auf den Kanzlerposten zu verzichten und einen weniger polarisierenden Politiker wie beispielsweise Norbert Hofer als Regierungschef zu akzeptieren, hängt womöglich von den inhaltlichen Zugeständnissen ab, die ÖVP oder SPÖ den Freiheitlichen dafür machen würden - zum Beispiel bei Volksabstimmungen, die Hofer als sein wichtigstes Anliegen bezeichnet (vgl. Scheitert TTIP an Österreich?).

Faymann-Nachfolge: Mitterlehner äußert Wünsche

Ob es zu Neuwahlen kommt, hängt davon ab, ob die ÖVP den Politiker akzeptiert, den sich die SPÖ als Faymann-Nachfolger aussucht. Dieser noch nicht feststehende Nachfolger soll am Dienstag den 17. Mai präsentiert werden. ÖVP-Obmann und Interimskanzler Reinhold Mitterlehner sagte dem ORF, er und seine Partei würden "abwarten, was die Partnerpartei an Vorschlägen entwickle, und sich die Inhalte und [die] Person ansehen".

Besonders wichtig ist dem Interimskanzler dabei, dass die SPÖ auch unter ihrem neuen Chef an den gemeinsamen Beschlüssen zur Grenzsicherungs- und Asylpolitik festhält. Außerdem will er bei der Suche nach Lösungen für das Migrationsproblem die Opposition - also die FPÖ, die Grünen und die Neos - stärker einbinden. In anderen Bereichen wie Bildung, Pensionen und Gesundheit plädiert er dafür, einen "Stillstand" zu vermeiden, das Regierungsprogramm zu "aktualisieren", "dringend notwendige Neuerungen" anzugehen und neue Prioritäten zu setzen.

Für den Fall, dass die SPÖ "keine Entscheidung findet" verweist Mitterlehner auf das "Modell Steiermark", wo die ÖVP hinter der SPÖ landete, aber trotzdem den Landeshauptmann stellt.