Deutschland in der Pandemie-Krise: Wie können wir alternativen Fakten begegnen?

Seite 2: Die Bedeutung von Bildung in der Pandemie

Eklatante Bildungslücken, die keineswegs nur auf eine besonders bildungsferne Schicht begrenzt sind, sind gerade in der Pandemie evident geworden. Zentrale Elemente dieser Bildung, etwa betreffend die Funktionsweise der Wissenschaft oder allgemeiner die Schwierigkeiten der Erkenntnisgewinnung, sind von entscheidender Bedeutung für die Fähigkeit einer Gesellschaft, Herausforderungen erfolgreich zu meistern.

Als ersten Schritt für eine Stärkung dieser Fähigkeit müsste die große Bedeutung dieser Problematik für unsere Zukunft klarer erkannt werden, damit in der Folge genügend ernsthaft (auch mit ausreichenden Ressourcen) daran gearbeitet werden kann. Die stiefmütterliche Behandlung des Bildungswesens, die gerade in der Pandemie wieder sehr augenfällig geworden ist, muss unbedingt einer sorgsamen Unterstützung weichen.

Hierbei ist zunächst an die Schulen zu denken, aber auch an die Erwachsenenbildung und an die Möglichkeiten der Medien, etwa mit mehr Gewicht auf hochwertige Radio- und Fernsehsendungen im Vergleich zu seichter oder gar verdummender Unterhaltung. Die Freiheit für Kommerz und Manipulation kann nicht ernsthaft höher gewertet werden als die Grundlagen für unsere Zukunft.

Kommunikation durch Politik und die Fachwelt

Es gibt ermutigende Beispiele von politischer Kommunikation, die nicht auf kurzfristigen Stimmenfang oder auf die Bekämpfung von Konkurrenten zielt, sondern auf echte Lösungen. Viele Möglichkeiten blieben aber jahrelang weitgehend ungenutzt.

Insbesondere könnte es sehr hilfreich sein, wenn von wichtigen Schlüsselpersonen etwa aus Politik, Fachwelt, Verbänden und Wirtschaft vermehrt und sehr ernsthaft daran gearbeitet würde, die Sachlage und Strategien für eine möglichst erfolgreiche Bewältigung der Öffentlichkeit gut zu erläutern.

Dies ist keineswegs einfach; es erfordert eine ganze Palette von Fähigkeiten: ein ausreichend fundiertes Wissen, eine genügend tiefe gedankliche Durchdringung der Probleme und Analyse der Handlungsoptionen (im Dialog mit anderen), sprachliche Fähigkeiten sowie emotionale Überzeugungskraft.

Nicht jede in der Öffentlichkeit stehende Person mag hier rundum begabt sein, aber solche Fähigkeiten können und müssen entwickelt werden; schließlich gehören sie zu den Kernkompetenzen für Führungskräfte. Erstaunlich, dass etwa Spitzenpolitiker sie oft vermissen lassen.

Vertrauen stärken und bewahren

Ein mangelndes Vertrauen in Wissenschaft und Politik liegt vielen Problemen zugrunde. Dieses hat auch Ursachen, die angegangen werden könnten. Beispielsweise sollten sich Politiker bewusster werden, dass viele ihrer undurchdachten Schnellschüsse bald von der Wirklichkeit eingeholt werden – mit der Folge, dass die Glaubwürdigkeit der Person und der ganzen Zunft leidet.

Vor allem aber sollten sie Geschäftemacherei von Abgeordneten (z. B. Maskendeals und lukrative Aufsichtsratposten) und Lobbyistentum (auch im Kontext der Parteienfinanzierung) wirksam zurückdrängen. Dies schafft nämlich nicht nur volkswirtschaftliche Schäden, sondern vor allem bedroht es die Grundlagen der Demokratie.

Natürlich ist Vertrauen in Politiker teils auch schädlich; so manches Problem entfiele, wenn politische Rattenfänger von allen als solche erkannt würden. Jedoch basiert deren Erfolg wohl weniger auf deren scheinbarer Glaubwürdigkeit als auf ihrer Fähigkeit, das Vertrauen in andere zu zerstören. Von ihren Anhängern werden sie oft eher als die letzte Chance auf Rettung begriffen, nicht etwa als die Inkarnation des Guten.

Politiker sind dem Dilemma ausgesetzt, dass mit fiesen Tricks, Schmutzkampagnen und billiger Propaganda in der breiten Masse oft mehr auszurichten ist als mit seriöser Arbeit für die Allgemeinheit – jedenfalls kurzfristig. Jedoch wird langfristiger Erfolg so ohnehin kaum zu erreichen sein, und um den sollte es einem ja gehen.

Auch die Kommunikation der Wissenschaft beschädigt Vertrauen, etwa wo Exponenten der Wissenschaft die Grenzen ihrer Kompetenzen nicht erkennen und respektieren, wo sie dürftig abgesicherte Meinungen als gesicherte Weisheiten verkaufen (häufig beispielsweise in den Bereichen Medizin und Ernährung), womöglich gar Interessenpolitik betreiben. Es gilt, mehr und sorgfältiger zu kommunizieren, vor allem aber Lobbyismus zu unterbinden, der die Grundlagen des Vertrauens angreift.