Deutschland in der Pandemie-Krise: Wie können wir alternativen Fakten begegnen?
Seite 4: Wie mit den sozialen Medien umgehen?
Eine der schwierigsten Aufgaben der nächsten Jahre dürfte sein, das Phänomen der sozialen Medien zu bewältigen, welches häufig allzu unsoziale Auswirkungen hat. Gefährlich sind insbesondere die dort geschaffenen Filterblasen sowie die versteckte Nutzung durch professionelle und von gewissen Staaten bestellte Propagandisten.
Man wird also Wege finden müssen, um den skrupellosen Missbrauch für Aufhetzung, Verwirrung und Manipulation effektiver zu entdecken und unterbinden, auch wo dies finanzielle Einbußen für die Betreiber bedeutet. Die Bekämpfung von Fake News muss verbessert werden, was leider oft eine Gratwanderung bedeutet, da die Meinungsfreiheit bewahrt werden muss.
Die Geschlossenheit der Filterblasen könnte reduziert werden, etwa durch weniger stark personalisierte Angebote der Systeme (etwa durch verstärkte Durchsetzung von Datenschutz), und vor allem muss die Medienkompetenz der Bevölkerung (einschließlich der Jugendlichen) gestärkt werden.
Es bleibt zu hoffen, dass diese Probleme wirksam eingedämmt werden können, wenn dafür ein Teil der Intelligenz eingesetzt wird, der bisher der Schaffung dieser digitalen Welten diente. Und das ließe sich erzwingen, wenn den Betreibern klargemacht würde, dass ihre wirtschaftliche Existenz davon abhängt.
Geistige Entwicklung als Grundlage für Zukunftsfähigkeit
Eine verbesserte Problemlösungskompetenz unserer Gesellschaft und Politik wird entscheidend sein dafür, die Pandemie-Krise bestmöglich zu bewältigen.
Es gibt auch andere Herausforderungen wie z.B. die Energie- und Klimaproblematik, bei denen wir ähnliche Probleme haben: Die dringende Notwendigkeit einer Transformation unserer gesamten Art des Wirtschaftens vom Raubbau zur Nachhaltigkeit wird selten angemessen behandelt, und teils wird gar noch der Klimawandel bestritten.
Gewaltige Ressourcen bleiben immer noch für Dinge reserviert, die aufgegeben oder verändert werden müssen. Es werden Grabenkämpfe geführt, anstatt dass tragfähige Konzepte ausgearbeitet und umgesetzt werden.
Um gute Aussichten für die Zukunft zu haben, mit Bewahrung der ökologischen Lebensgrundlagen als Voraussetzung für die Bewahrung von Wohlstand, müssen wir als Gesellschaft zuallererst auf der geistigen Ebene erheblich weiterkommen – etwa den Primat von objektiven Fakten und Vernunft bei für die Öffentlichkeit relevanten Entscheidungen durchsetzen, ein Mindest-Niveau an Bildung flächendeckend erreichen und die Möglichkeiten der Manipulation einschränken.
Fortschritte in solchen Bereichen sind für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft entscheidend; ohne sie mag man etwa recht wirksame und gleichzeitig sehr sichere Impfstoffe entwickeln, aber trotzdem eine Pandemie nicht erfolgreich bewältigen können.
Ähnlich helfen auch moderne Technologien für die Gewinnung erneuerbarer Energien nur begrenzt, solange wir klare Strategien für die notwendige Transformation mangels geistiger Entwicklung unserer Gesellschaft nicht ausarbeiten und vor allem gut koordiniert und ausbalanciert umsetzen können.
Leider wird die nötige Entwicklung dadurch noch zusätzlich erschwert, dass sie von Kräften torpediert wird, die ihre Partikularinteressen so besser gegen die Interessen der Allgemeinheit durchsetzen können.
Zu hoffen bleibt, dass in den Krisen unserer Zeit mehr und mehr die Einsicht wächst, dass eine scheiternde Gesellschaft letztendlich fast nur Verlierer produziert – oder positiv ausgedrückt, dass wir mittel- und langfristig alle sehr darauf angewiesen sind, unsere Gesellschaft auf einen einigermaßen erfolgreichen Weg zu bringen.
Dr. Rüdiger Paschotta ist Physiker, Unternehmer mit eigener Firma im Bereich der Photonik sowie Autor des frei zugänglichen RP-Energie-Lexikons.