Dhaka: Ein neues Bewusstsein, trotz schwarzer Flüsse

Seite 2: Ein Gesetz, das Kritik an der Regierung unter Strafe stellt - und parteitreue Schlägertrupps

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Was die Zahlen des Human Development Index angeht, die Bangladesch bescheinigen, in vielen Bereichen schon Indien überholt zu haben, zitiere ich eine Dame, die seit 15 Monaten eine NGO leitet, die Daten über das Gesundheitswesen sammelt: "In meinem Bereich sind die Regierungszahlen zu 99 % erlogen." Dass die Dame ihren Namen nicht öffentlich sehen möchte, wundert nicht. Diesen Monat hat das Parlament (in dem mehr als die Hälfte der Abgeordneten ohne Gegenkandidaten gewählt wurden), ein Gesetz verabschiedet, das Kritik an der Regierung unter Strafe stellt. Dass die hiesige Bevölkerung lieber die Krankenhäuser Indiens aufsucht, gibt einen Hinweis auf das Warum.

Dass westliche Regierungen die Einfuhr von Produkten zulassen, die unter schädlichen Bedingungen für Mensch und Natur hergestellt werden und ein korruptes System wie in Bangladesch erhalten, zeigt, dass sie nicht wirklich global denken, sondern einzig an das Festhalten an einem System, das die Probleme mit Zins und Zinseszinsen in die Zukunft verschiebt: Der Steigerung des Wirtschaftswachstums um jeden Preis.

Eine Frau sammelt am fünfverseuchtesten Ort der Erde "Sag" (Grünzeug) für das Abendessen. Foto: Gilbert Kolonko

Wenn Aufklärungsarbeit dazu führt, dass deutsche Firmen kaum noch Leder in Hazaribagh einkaufen (dem Schweizer Grünen Kreuz zufolge ist das der fünfverseuchteste Ort unserer Erde), dann geht es hintenrum: Nun sind die Chinesen die größten Ledereinkäufer der Gerbereien Dhakas - und Deutschland der größte Einkäufer von in China hergestellter Lederschuhe. Dazu beliefern deutsche Chemieunternehmen die Gerbereien Dhakas. Die Schäden, die dieses System an Mensch und Natur anrichtet, könnten den kurzfristigen Profit, der auch im Westen immer weniger Menschen erreicht, langfristig deutlich übersteigen.

Laut einer Studie der WHO wird Dhaka für den Menschen unbewohnbar sein, wenn die Verschmutzung der Flüsse der Metropole durch die heimischen Industrien so weiter geht. Langfristig könnte Bangladesch durch den steigenden Meeresspiegel 20 Prozent seiner Fläche als Lebensraum verlieren, was bis zu 30 Millionen Flüchtlingen führen könnte, wie Wissenschaftler warnen. Dabei wäre das Land durch sein riesiges Flussdelta durchaus in der Lage, auf den Klimawandel zu reagieren, wenn die Korruption nicht die Mittel "auffressen" würde".

Doch gibt es auch in Bangladesch unbekannte Helden wie den Doktor, der sich nie fragt, ob es schon zu spät ist: "Es braucht Geduld, um das Bewusstsein der Menschen zu ändern", sagte er lächelnd zum Abschied. Dass auch hier ein neues Bewusstsein heranwächst, deutete die "naive" Frage eines jungen Morgensportlers an, eines Studenten aus der Teegegend Sylhet: "Warum bekomme ich für ein Kilo Tee, in dem so viel Arbeit steckt, keinen Computer als Gegenwert - Warum müssen unsere Menschen stattdessen Dinge produzieren, die unser Land zerstören - und warum können sie sich von ihrem Lohn auch keinen Computer leisten?"

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