Die Angst vor dem First Contact
Seite 4: Inoffizielle Empfehlung
- Die Angst vor dem First Contact
- Exobiologischer Darwinismus
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In der IAA, die jährlich ihre Hauptversammlung im Rahmen des International Astronautical Congress (IAC) zelebriert, haben sich Experten weltweit organisiert, um die Entwicklung der Astronautik für friedliche Zwecke zu fördern und auf diese Weise - metaphorisch ausgedrückt - die Grenzen des Weltalls zu erweitern.
Die Nichtregierungsorganisation wurde am 16. August 1960 in Schweden gegründet und arbeitet seitdem eng mit der International Astronautical Federation (IAF) und nationalen sowie internationalen Raumfahrtagenturen zusammen. Innerhalb der IAA wiederum hat sich Maccones SPSG seit 2001 zu einer festen Institution gemausert, in der SETI-Forscher Workshops organisieren und wissenschaftliche Aufsätze veröffentlichen. Fernerhin diskutieren sie über aktuelle fachspezifische Fragen und anstehende Entscheidungen und stimmen nach dem demokratischen Mehrheitsprinzip ab.
Auch wenn allein die Vielzahl von Anträgen, Beschlüssen, Protokollen und alle vor und hinter den Kulissen ausgetragenen Streitereien über die Aktivitäten von METI und die damit verbundenen Gefahren Stoff für etliche Bücher böten und sicherlich gesonderte Aufmerksamkeit verdienten, wollen wir uns hierin nicht zu sehr vertiefen. Nicht zuletzt deshalb, da das einzig Konkrete, das sich bis dato aus alledem herauskristallisiert hat, nur den Charakter einer inoffiziellen Empfehlung hat. Es ist bestenfalls eine Devise, der man folgen kann, aber nicht muss. Und die heißt: Sendet besser nicht!
METI-Workshop ohne klare Ansage
Aber genau dieser "Wahlspruch" fand auf der IAA-Konferenz in Valencia im Oktober 2006 keine Mehrheit. Nach harten Wortwechseln über das Für und Wider von "Active SETI" und METI fanden die beiden zerstrittenen Lager keinen Konsens. Weder die Optimisten, die von gutwilligen und friedfertigen Aliens ausgehen, noch die Pessimisten, die mit bösen, heimtückischen Geschöpfen rechnen, konnten die jeweils anderen von ihrer Philosophie überzeugen.
Als in Valencia einige Mitglieder der SPSG darüber hinaus gegen den Widerstand vieler ankündigten, eine Arbeitsgruppe für "Active SETI" ins Leben rufen zu wollen, folgten Konflikte auf höchstem Niveau, die mit einem schwachen Kompromiss endeten. Es war einer, den vor allen die Skeptiker nur mit Zähneknirschen zur Kenntnis nahmen, da die Gruppe sich dagegen aussprach, METI-Aktionen generell zu verbieten. Im Klartext bedeutete dies, dass es jedem Besitzer eines halbwegs leistungsstarken Radioteleskops mitsamt Transmitter nach wie vor freigestellt blieb, seine persönliche Depesche ins All zu entsenden und sich als "Botschafter für die Erde" aufzuspielen.
Verärgerte Skeptiker
Aufgrund des enttäuschenden Ergebnisses verließ der ehemalige NASA-Wissenschaftler und engagierte SETI-Wissenschaftler John Billingham die Gruppe aus Protest. Seiner Meinung nach war eine konstruktive Auseinandersetzung über die möglichen Folgen einer einseitigen Kontaktaufnahme mit außerirdischen Zivilisationen in der Öffentlichkeit zu kurz gekommen. "Wir reden darüber, die Kommunikation mit anderen Zivilisationen aufzunehmen", lautete sein Kommentar, "aber wir wissen nichts über deren Ziele, Fähigkeiten und Absichten."
Ratsam sei es, wenn künftig alle in METI involvierten Wissenschaftler eine Art hippokratischen Eid ablegten, eine Grundsatzerklärung über unser "galaktisches" Verhalten, die gemäß dem klassischen Vorbild lauten müsse: Vor allem schade nicht!
Dem Beispiel Billinghams folgte auch Michael Michaud, der früher im US-Außenministerium gearbeitet und dem SETI-Team zeitweise als Vorstandsmitglied angehört sowie ein Standardwerk zu SETI verfasst hatte. Er nahm es seinen Kollegen übel, dass sie weiteren METI-Aktionen im Verlaufe der Diskussion keinen Einhalt geboten hatten. Michaud, der allen "Active SETI"-Bestrebungen stets mit Skepsis begegnete, kämpfte schon seit Jahren gegen ein zu dreimütiges Versenden von Funkbotschaften.
Michaud forderte die METI-Akteure dazu auf, sich künftig so lange zurückzuhalten, bis die Konsequenzen ihrer Transmissionen gründlich bedacht worden seien, bis darüber en detail diskutiert und notfalls abgestimmt worden sei. Mit Blick auf die von den Verantwortlichen zu fällenden Entscheidungen nach einem ersten Kontakt mit extraterrestrischen Intelligenzen und den damit einhergehenden Risiken und Gefahren erstellte Michaud 2003 ein Diskussionspapier mit dem vielsagenden Titel Ten Decisions that could shake the world ("Zehn Entscheidungen, die die Welt erschüttern könnten").
Stephen Hawking's Universe: Fear The Aliens (Videoausschnitt)
In dem Dokument verlieh er unter anderem seiner Besorgnis Ausdruck, dass ETIs die empfangenen terrestrischen Signale zur Positionsbestimmung der Erde nutzen könnten. Nicht zuletzt vergrößere sich die Neugierde der Fremden durch jede von uns ausgesandte Botschaft. Insbesondere bei denjenigen Rassen, die der interstellaren Raumfahrt längst mächtig seien, müsse man mit Besuchen rechnen:
Wir können nicht davon ausgehen, dass ein bewohntes Universum infolge der Entfernungen zwischen den Sternen von Natur aus sicher ist. Unser Schicksal könnte von der Moral der anderen abhängen. Selbst wenn keine Gewaltandrohung vorliegt, legt die Erfahrung der Menschen nahe, dass eine Ausweitung der Macht einer bestimmten Zivilisation fast immer dazu führt, diese Macht auch zu nutzen, um die eigenen Werte, Lebensformen und Institutionen auf andere Gesellschaften zu übertragen.
Teil 7: Sie werden sowohl friedliebend als auch aggressiv sein
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