Die Braunkohle-Sicherheitsbereitschaft wird etwas teurer
Über sieben Jahre hinweg werden acht ausgediente Braunkohle-Kraftwerksblöcke schrittweise stillgelegt. Die Kraftwerksbetreiber erhalten dafür Vergütungen, die wohl etwas höher ausfallen als bisher bekannt. Bezahlt wird dieses Geld von den Stromkunden
In der laufenden Sicherheitsbereitschaft für ausgediente Braunkohle-Kraftwerke fallen voraussichtlich etwas höhere Kosten an als bisher bekannt. Das teilte die Bundesnetzagentur (BNA) auf Anfrage mit. Demnach wird die Sicherheitsbereitschaft in den Jahren 2016 bis 2023 voraussichtlich mit insgesamt 1,65 Milliarden Euro vergütet.
Das ist etwas mehr als die 1,61 Milliarden Euro, die bisher vom BMWI Bundesministerium für Wirtschaft und Energie genannt worden waren. Das Ministerium hatte die Sicherheitsbereitschaft im Jahr 2015 vorbereitet, der Bundestag hatte sie im Jahr 2016 mit einer Änderung des Energiewirtschafts-Gesetzes beschlossen.
BNA legt die Vergütungen fest, die von den Betreibern der Strom-Übertragungsnetze an die Kraftwerksbetreiber ausgezahlt werden. Die Netzbetreiber können die Kosten dafür wiederum auf die Netzentgelte umlegen, die in den Strompreis eingehen. Damit bezahlen letzten Endes die Stromkunden die Vergütungen für die Betreiber der sicherheitsbereiten Kraftwerke.
Die Sicherheitsbereitschaft war mit der Absicht aufgelegt worden, den nationalen Kohlendioxid-Ausstoß zu senken und so noch das Klimaziel der Bundesregierung für das Jahr 2020 zu erreichen. Dabei sollten die Kraftwerksbetreiber Vattenfall (später Leag), Mibrag und RWE Power schrittweise acht besonders alte Braunkohle-Kraftwerksblöcke mit einer gesamten Stromleistung von 2,7 Gigawatt zunächst vorläufig aus dem Markt nehmen. Für jeweils vier Jahre sollten die einzelnen Blöcke zunächst noch als letzte Absicherung der Stromversorgung bereitgehalten und danach endgültig stillgelegt werden.
Zusatzkosten für Buschhaus
Mit den zunächst genannten Gesamtkosten für die Sicherheitsbereitschaft von 1,61 Mrd. Euro sollten die Kraftwerksbetreiber für Erlöse aus dem Stromverkauf entschädigt werden, die ihnen während der Sicherheitsbereitschaft entgangen sein sollen.
Vor einem Jahr wurde dann bekannt, dass der Kraftwerksbetreiber Mibrag für sein niedersächsisches Kraftwerk Buschhaus nicht nur Vergütungen von 249 Millionen Euro für entgangene Stromverkäufe geltend machen konnte. Zusätzlich konnte er auch noch erfolgreich eine Auslagenerstattung von 25 Millionen Euro dafür beanspruchen, dass er dieses Kraftwerk auf die Sicherheitsbereitschaft vorbereitet hatte.
Buschhaus war im Oktober 2016 das erste Kraftwerk, das in die Sicherheitsbereitschaft überführt und schließlich im September 2020 endgültig stillgelegt worden war. Inzwischen befinden sich auch die übrigen sieben Kraftwerksblöcke in der Sicherheitsbereitschaft.
Bisher gibt es allerdings nur wenige, lückenhafte Informationen dazu, welche Vergütungen die BNA dafür genehmigt hat. So beruft sich RWE Power für seine fünf sicherheitsbereiten Kraftwerksblöcke auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse.
Die Vergütungsbeschlüsse zu den beiden sicherheitsbereiten Blöcken des Leag-Kraftwerks Jänschwalde hat BNA bisher noch nicht veröffentlicht. Das Kraftwerk Jänschwalde wird von der Lausitz Energie Kraftwerke AG betrieben, die wiederum gemeinsam mit weiteren Lausitzer Braunkohle-Unternehmen unter der Dachmarke Leag agiert.
Eine spannende Frage war bisher, ob Leag und RWE Power dem Beispiel von Mibrag folgen und ebenfalls Anträge auf eine zusätzliche Auslagenerstattung stellen würden. Das hätte zu weiteren Mehrkosten von mehreren hundert Millionen Euro führen können. Wie von BNA nun zu erfahren war, haben Leag und RWE Power bisher noch keine solchen Anträge gestellt.
Klimaschutz mit Wasserbett-Effekt
Grundsätzlich bleibt weiterhin fraglich, welchen Nutzen die Sicherheitsbereitschaft tatsächlich für einen wirksamen Klimaschutz hat. Denn dafür reicht es nicht aus, deutsche Braunkohle-Kraftwerke stillzulegen.
Es müssten vielmehr auch die europaweit gültigen Emissionszertifikate gelöscht werden, die den CO2-Ausstoß aus diesen Kraftwerken erlauben. Sonst führt der sogenannte Wasserbett-Effekt im europäischen Emissionshandel dazu, dass der CO2-Ausstoß nur in andere Branchen und europäische Länder verlagert wird.
Diesen grundlegenden Denkfehler hatte die Bundesregierung offenbar später selbst erkannt und sich darum bemüht, ihn bei der Vorbereitung des laufenden Kohleausstiegs zu vermeiden.
Wenn dabei noch sehr viel mehr Braun- und auch Steinkohle-Kraftwerke stillgelegt werden, sollen die frei werdenden Emissionszertifikate dann auch gelöscht werden können. Die betreffende Regelung ist allerdings recht kompliziert und dürfte wohl noch einigen Spielraum eröffnen.