Die EU-Parlamentarier wollen das Klon-Schnitzel noch verhindern

Die Agrarminister würden nach Prüfung Erzeugnisse von geklonten Tieren zulassen, ein Klonexperte bezeichnet eine Kennzeichnung als "absurd"

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

In den USA können Produkte von geklonten Tieren wie Fleisch und Milch bereits auf dem Markt als Lebensmittel verkauft werden, ohne als solche gekennzeichnet sein zu müssen. Die für Lebensmittel zuständige Behörde FDA hat die Einnahme von Lebensmittelprodukten von geklonten Tieren als unbedenklich erklärt, sie seien von denen "normaler" Tiere ununterscheidbar. Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) hat sich in einem Gutachten vom letzten Jahr dieser Beurteilung von Produkten von geklonten Rindern und Schweinen angeschlossen. Sicherheitsbedenken gebe es unter der Voraussetzung der Aussonderung kranker Tiere keine (Produkte von geklonten Tieren stellen für den Menschen kein Sicherheitsrisiko dar).

Die große Mehrheit der EU-Agrarminister hat nun beschlossen, Produkte von Klontieren zum Verzehr zu genehmigen. In der Richtlinie über "Neuartige Lebensmittel", die eine zentrale und beschleunigte Zulassung von "innovativen" Lebensmitteln ermöglichen soll, werden explizit auch Tiere erfasst, die durch Klonen erzeugt wurden, sowie deren Nachkommen. Produzenten müssen ein Zulassungsverfahren beantragen, die EFSA überprüft das Produkt und gibt eine Empfehlung, auf Grund derer wiederum die Kommission EU-weit eine Entscheidung trifft, die vom Rat gebilligt werden muss.

Das Europäische Parlament will hingegen die Vermarktung der Produkte verhindern und forderte die Kommission im letzten September auf:

Vorschläge zu unterbreiten, die (i) das Klonen von Tieren, (ii) die Zucht von Klontieren und ihren Nachkommen, (iii) die Vermarktung von Fleisch- oder Milchprodukten, die von Klontieren oder ihren Nachkommen stammen, und (iv) die Einfuhr geklonter Tiere und ihrer Nachkommen sowie von Samen und Embryonen von Klontieren und ihren Nachkommen sowie von Fleisch- oder Milchprodukten, die von Klontieren oder ihren Nachkommen stammen, für die Lebensmittelversorgung verbieten.

Beschluss des Europäischen Parlaments.

Im März sprach sich das Parlament mit überwältigender Mehrheit bei der ersten Lesung der Richtlinie dafür aus, die Genehmigung für "Lebensmittel, die aus geklonten Tieren und ihren Nachkommen gewonnen werden" in einer Extra-Verordnung zu regeln. Zudem soll bis zum Inkrafttreten der Verordnung für Klon-Lebensmittel ein Moratorium verhängt werden. Das geforderte Verbot wurde aufrechterhalten.

"Wir wollen in Bayern kein Klonfleisch"

Ein Verbot haben die Agrarminister nicht beschlossen, aber eine Kennzeichnungspflicht. Und auch sonst sei die Richtlinie verschärft worden, sagt Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner, weil nun nicht nur die Produkte von geklonten Tieren, sondern eben auch von deren Nachkommen nur nach einer Zulassung auf den Markt kommen dürfen:

Nach geltendem Recht sind nur die Lebensmittel von geklonten Tieren und nicht die ihrer Nachkommen erfasst. Die vorliegende Regelung ist somit deutlich strenger als die bestehenden Vorschriften. Lebensmittel bedürfen grundsätzlich keiner Zulassung vor dem Inverkehrbringen, für Klonfleisch gilt dies vor dem Hintergrund der Novel Food Verordnung nicht.

Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner

Aigner erklärt, sie sei gegenüber der Einführung von Lebensmittelprodukten geklonter Tiere skeptisch eingestellt und forderte zumindest eine spezielle Regelung. Ihr CSU-Kollege, Gesundheitsminister Markus Söder, lehnt das Alles ab und setzt darauf, dass das EU-Parlament die Regelung noch stoppt. Aus "ethischen" Gründen sei er gegen Klonfleisch, und überhaupt: "Wir wollen in Bayern kein Klonfleisch." Auch sonst wird Klonfleisch weitgehend abgelehnt, in der Bevölkerung wohl europaweit zunächst auch (Lebensmittel von geklonten Tieren? Nein, danke!)

Lässt sich nachweisen, ob Fleisch von einem geklonten Tier stammt?

Die Frage wäre nur, wie man, käme es beispielsweise wirklich zu einem Verbot, verhindern wollte, dass nicht doch Produkte aus geklonten Tieren oder deren Nachkommen in die EU eingeführt werden. Möglicherweise gibt es ja auch schon Nachkommen von geklonten Tieren in der EU. Schließlich wird mit Sperma von geklonten Superbullen gehandelt. Die US-Anbieter haben vielleicht auch schon Züchter in Europa versorgt, die damit Kühe befruchtet haben.

Zwar wird immer argumentiert, dass Klonfleisch möglicherweise deshalb bedenklich sein könnte, weil beim Klonen nur ein Teil der fabrizierten Embryonen heranwächst und ein höherer Teil der Tiere krank ist. Er würde Klonfleisch, sollte es denn zugelassen werden, selbst essen und hätte "nicht die geringsten Bedenken", sagte Eckhard Wolf, Leiter des Instituts für Molekulare Tierzucht und Biotechnologie der Universität München, dem Deutschlandfunk. Umfangreiche Studien hätten ergeben, dass Produkte, selbst wenn sie von Klon-Tieren direkt und nicht von deren Nachkommen gewonnen werden, nicht gefährlich sind. Erkrankte Tiere dürften, gleich ob geklont oder nicht, sowieso nicht als Lebensmittel verwendet werden. Zudem seien Klon-Tiere nicht genetisch verändert, sondern nur genetisch reproduziert. Würde man genetisch identische Tiere für bedenklich halten, so Wolf, der in Deutschland erstmals eine Kuh geklont hat, müsste dies auch für eineiige Zwillinge gelten, die es bei Rindern und Schweinen auch gebe.

Wissenschaftlich gesehen, ließe sich gar nicht nachweisen, ob etwa Fleisch von Nachkommen eines geklonten Tieres stammt, so Wolf. Für ihn wäre eine Kennzeichnungspflicht von Klon-Fleisch daher "absurd". Man könnte nur verhindern, jetzt Fleisch von Nachkommen geklonter Tiere auf den Markt zu bringen in Europa, wenn man den internationalen Samenhandel verbieten würde. Und das würde vermutlich zum Zusammenbruch der Tierzuchtindustrie führen."

Ein Grund, unbedingt Tiere klonen zu müssen, um deren Produkte als Lebensmittel anbieten zu können, ist das freilich auch nicht. Und wahrscheinlich haben auch viele Menschen eher ein wenig wissenschaftliches Gefühl der Abneigung, Fleisch oder Milch von Klontieren zu sich zu nehmen. Dabei sind Klontiere diesbezüglich eigentlich noch harmlos. In den USA steht bereits die Zulassung von Erzeugnissen genveränderter Tiere vor der Tür (USA: Lebensmittel und Medikamente von genveränderten Tieren bald auf dem Markt). Hier könnte man allerdings immerhin nachweisen, dass sie von genveränderten Tieren stammen.