Die FDP will die afghanische Mohnernte aufkaufen

Ferien-Nachhilfe für Parteien, Teil 1

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Weil neun Zehntel des Rohopiums aus Afghanistan kommen, schlug die FDP jetzt in der Süddeutschen Zeitung über ihren Generalsekretär Dirk Niebel vor, dass man die geschätzten 6 – 7000 Tonnen doch einfach aufkaufen sollte, "um den afghanischen Mohnbauern eine Perspektive zu geben".

Was mit der Mohnernte gemacht werden soll, dass kennt man von der EU-Landwirtschaftspolitik seit den 1970er Jahren: Vernichten. Die Alternative der "Nutzbarmachung" für medizinische Zwecke dürfte sich in Grenzen halten.

Auch aus der EU-Landwirtschaftspolitik kennt Niebel offenbar den für das Mohngeschäft vermuteten Effekt, dass "die Händler und nicht die Bauern die wesentlichen Gewinne beim Rauschgifthandel machen". Deshalb, so Niebel, könne man mit einem Ankauf direkt beim afghanischen Bauern das Problem lösen, "ohne den internationalen Rauschgifthandel zu unterstützen". Die Rolle der Ankäufer sollten die - bekannt korruptionsresistenten und integren - "staatlichen afghanischen Institutionen" übernehmen.

Über die Finanzierung äußerte sich der FDP-Generalsekretär deutlich unklarer. Da seine Wähler aber offenbar kaum Steuern zahlen, schlug er aber vor, dass sich Deutschland während der "Übergangszeit" an der Finanzierung "beteiligen" solle.

Preise, Angebot, Nachfrage und Anreize

Trotz der stetig wiederholten Glaubensbekenntnisse seiner Partei hat Niebel offenbar noch nicht sehr viel vom neoklassischen Modell gehört – woher auch: Nach einer Kindheit unter Terroristentöchtern war er acht Jahre lang Zeitsoldat, dann studierte er Verwaltungswesen und jobbte beim Arbeitsamt, bis eine Stelle in seinem Traumberuf "Politiker" frei wurde. Auch in der Lektüre, mit der sich Niebel umgibt scheint wenig Detailliertes über solche Theorien zu stehen.

Macht nichts, wir erklären es ihm: Dem neoklassischen Modell zufolge führt eine größere Nachfrage dazu, dass auch der Preis und mit ihm das Angebot steigt, weil mehr von der aufgekauften Sache produziert wird. So funktioniert das dann auch beim afghanischen Mohn: Wenn die Ernte mit deutschen Steuergeldern aufgekauft wird, dann steigt der Preis. Dadurch werden nicht nur Anreize für zusätzlichen Anbau geschaffen, es steigt auch der Gewinn, den die "staatlichen afghanischen Institutionen" machen, wenn sie die von ihnen aufgekaufte Ernte an die Drogenkartelle weiterverkaufen.

Das künstlich in den Markt gepumpte Geld setzt den Schweinezyklus außer Kraft, der sonst für ein Sinken der Preise bei größerem Angebot sorgen würde. Und so müssen Jahr für Jahr mehr Steuergelder aufgebracht werden, um die Mohnernte aufzukaufen. Die Paschtunen können dann das ins Land gebrachte Geld zum Beispiel für den Kauf von teuren und raffinierten Waffen nutzen, an denen sie großen Gefallen gefunden haben, seit die CIA und der pakistanische Geheimdienst sie in den 1980er Jahren damit anfixten.