Die Grenzen des Staates
Seite 2: Erdogans Türkei am Abgrund
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Ob es dem türkischen Islamlistenregime unter Erdogan abermals gelingt, die wichtige geopolitische Lage seines Landes zur Mobilisierung weiterer Auslandsmilliarden zu instrumentalisieren, um den drohenden Wirtschaftskollaps zu verhindern, darf angesichts seiner geopolitischen Eskapaden und der Wucht des gegenwärtigen Krisenschubs bezweifelt werden.
Der Versuch des türkischen Finanzministers und Erdogan-Schwiegersohns Berat Albayrak, die amerikanischen Notenbank zur Vergabe frischer Gelder im Rahmen von Swap-Krediten zu bewegen, ist jedenfalls vor wenigen Tagen grandios gescheitert. Ähnlich erging es Erdogans Schwiegersohn bei der EZB.
Inzwischen greift Ankara zu Verzweiflungstaten, um den Kollaps der Wirtschaft hinauszuzögern. So verbot Erdogan kurzfristig den Großbanken BNP Paribas, Citibank und UBS den Handel mit der türkischen Lira, da nach Ansicht des türkischen Staatschefs die Wirtschaftskrise des Landes die Folge einer gegen ihn gerichteten Verschwörung sei. Diese Maßnahme wurde zwar wenige Tage später revidiert, doch bildete sie ein wichtiges Signal für den voranschreitenden Zerfall der türkischen Ökonomie.
Die türkische Währung hat allein in diesem Jahr 20 Prozent ihres Wertes gegenüber dem Dollar eingebüßt, sodass sie vor kurzen einen neuen historischen Tiefststand von 7,27 gegenüber dem Greenback verzeichnete. Während die Wirtschaft abschmiert und um mindestens fünf Prozent in diesem Jahr schrumpfen wird, schmelzen die Währungsreserven der Türkei im Rekordtempo.
Die Türkei wird folglich ihren Verbindlichkeiten, die sich allein in den kommenden 12 Monaten auf rund 172 Milliarden Dollar summieren, kaum noch nachkommen können. Ankaras Devisenreserven sollen sich auf nur noch 28 Milliarden Dollar belaufen.
Indessen nimmt in der weitgehend islamisierten Türkei die Hetze gegen Minderheiten zu, die als Sündenböcke in der Krise aufgebaut werden. Bleibt nur noch die Frage, ob Angela Merkel wieder dem Erdogan-Regime mit Milliarden Euro unter die Arme greifen wird, wie zuletzt Anfang dieses Jahres. Den IWF um Kredite zu bitten, weigert sich Erdogan bislang, da dies mit den üblichen Austeritätsmaßnahmen einherginge, die seinen Rückhalt in der Bevölkerung noch schneller erodieren ließen, als es ohnehin der Fall ist.
IWF im Dauereinsatz
Der Währungsfonds hat ohnehin alle Hände voll zu tun, da das spätkapitalistische Weltsystem vor einer regelrechten Welle von Staatspleiten erfasst zu werden droht. 25 der ärmsten Länder, die meisten von ihnen in Afrika, erhielten Mitte April Schuldenerleichterungen, um überhaupt noch Maßnahmen zur Krisenbekämpfung in der Peripherie des Weltsystems zu ermöglichen und staatlichen Zerfallsprozesse entgegenzuwirken.
Neusten IWF-Schätzungen zufolge sollen an die 50 Staaten der Peripherie und Semiperipherie des Weltsystems sich aufgrund der einsetzenden Weltwirtschaftskrise mit einer sehr hohen Schuldenlast konfrontiert sehen - und bis 2021 ein hohes Risiko einer akuten Schuldenkrise aufweisen.
Inzwischen sind es 103 Staaten, die beim IWF Schlange stehen, um Notfinanzierungen zu erhalten. Mitte Mai wurde beispielsweise auch Ägypten mit IWF-Krediten von 2,7 Milliarden versorgt, derzeit finden auch Sondierungen zwischen dem Fonds und Balkanstaaten statt.