Die Kandidierenden und die Klimafrage

Die Energie- und Klimawochenschau: Hurrikan Ida, Lücken der künftigen und der aktuellen Klimapolitik und Starkregen statt Dauerregen

In den USA ist am Sonntag Mittag (lokaler Zeit) der Hurrikan Ida der Kategorie 4 auf Land getroffen. Er traf die Küste bei New Orleans so wie vor 16 Jahren der verheerende Hurrikan Katrina die Küste traf. Äußerst ungewöhnlich war die Dauer von sechs Stunden, mit der Ida die Stärke eines Kategorie-4-Hurrikans behielt. Vergleichbare Stürme in der Vergangenheit schwächten sich innerhalb von drei Stunden zur Kategorie 3 ab.

Dafür hatte Ida um so rascher an Stärke gewonnen, in weniger als 24 Stunden von Kategorie 1 zu Kategorie 4. Klimaforscher:innen beobachten in den letzten Dekaden, dass die Atlantikstürme sehr schnell an Stärke gewinnen, was die rechtzeitige Vorhersage und Vorsorge umso schwieriger macht. Die schnelle Intensivierung der Stürme ist auf die Klimaerwärmung zurückzuführen.

Das konkrete Ausmaß der Zerstörung durch Ida wird wohl erst in den nächsten Tagen überschaubar sein. Über eine Million Haushalte waren am Montagmorgen ohne Strom und Hunderttausende werden es voraussichtlich auch noch Tage bis Wochen bleiben. Im Laufe des Tages schwächte sich Ida zum Tropensturm ab, doch die Gefahr von Überschwemmungen durch Starkregen blieb zunächst bestehen.

Das Fernsehtriell

Am Sonntag fand beim Sender RTL das erste Triell zwischen den drei Kanzlerkanditat:innen statt. Dabei hielten sich die Ideen der drei Kandidierenden zum Thema Klimaschutz in Grenzen und die drei wollten schon gar nichts verbieten, nicht einmal Inlandsflüge.

Grünen-Kandidatin Annalena Baerbock pochte auf einen schnelleren Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung, wozu eine Ausweisung von zwei Prozent der Landesfläche als Eignungsgebiet für die Windenergie gehören würde und eine Solarpflicht für Neubauten. Belastungen der Bürger:innen durch die CO2-Steuer möchte sie durch ein Pro-Kopf-Klimageld in Höhe von 75 Euro pro Jahr ausgleichen.

Vermieter:innen sollten die CO2-Steuer für Heizungen tragen und diese nicht mehr an die Mieter:innen weitergeben dürfen. Der Kohleausstieg sollte gemäß dem Wahlprogramm ihrer Partei auf 2030 vorgezogen werden.

Der Sozialdemokrat Olaf Scholz sprach mit dem Vorhaben, zunächst den Strombedarf für das Jahr 2045 - also dem Jahr, ab dem Deutschland klimaneutral sein möchte - bestimmen zu wollen, einen nicht unwesentlichen Punkt an, denn die bisherigen Prognosen der Bundesregierung für den zukünftigen Strombedarf werden vielfach als zu niedrig kritisiert.

Andererseits verlagert Scholz das Problem damit, wie von der aktuellen Regierung gewohnt, weiter in die Zukunft. Der CDU-Kandidat Armin Laschet fokussierte den schleppenden Ausbau von Stromtrassen von Nord nach Süd und Planungs- und Genehmigungshemmnisse im Allgemeinen. Scholz und Laschet sprachen sich für eine Senkung bzw. Abschaffung der EEG-Umlage aus, auf einen früheren Kohleausstieg kamen sie nicht zu sprechen.

Und während die Diskussion sich darum drehte, wie die Wirtschaft und die Bürger:innen durch Klimaschutzmaßnahmen möglichst wenig belastet würden, traute sich niemand darüber zu sprechen, dass die Belastungen durch einen unzureichenden Klimaschutz in Zukunft sehr viel höher sein könnten und die Frage, wer diese Belastungen tragen müsste. Die beiden Moderierenden von RTL stellten diesbezüglich auch keine Fragen.

Keine Partei auf 1,5-Grad-Pfad

Natürlich werden in derartigen Debatten nur Schlaglichter gesetzt. Allerdings würden alle heute im Bundestag vertretenen Parteien mit ihren Wahlprogrammen den deutschen Anteil zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels verfehlen.

Das jedenfalls geht aus einer Analyse des Thinktanks Konzeptwerk Neue Ökonomie hervor, der die Programme von CDU/CSU, SPD, FDP, Grünen und der Linken unter die Lupe genommen hat. Das Programm der AfD wurde nicht betrachtet, da diese den menschengemachten Klimawandel leugnet.

Der Analyse zugrunde gelegt wurden Klimabudgets, mit denen die Erwärmung jeweils mit 50 Prozent und mit 67 Prozent Wahrscheinlichkeit auf 1,5 Grad bzw. 1,75 Grad begrenzt werden kann. Bezogen sind diese Zahlen immer auf den Anteil Deutschlands an einem global verbleibenden Emissionsbudget.

Weder die Grünen noch Die Linke würden bei Umsetzung ihrer Programme dahin kommen, das 1,5-Grad-Ziel auch nur mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit einzuhalten, aber immerhin 1,75 Grad würden mit 67-prozentiger Wahrscheinlichkeit nicht überschritten. CDU/CSU und die SPD schaffen 1,75 Grad nur mit einer Chance von 50 zu 50 und die FDP schafft nicht einmal das.

Neben dem Verfehlen von Emissionsbudgets kritisiert der Thinktank, dass das Thema der globalen Klimagerechtigkeit bei den Parteien zu wenig mitgedacht würde. Am weitesten sei hier Die Linke, die dabei aber in Widersprüchen verhaftet bliebe:

Das Programm berücksichtigt an vielen Stellen Forderungen für globale Klimagerechtigkeit, geht hierin jedoch nicht so weit, wie es nötig wäre und ist teils widersprüchlich (bedingungloses Festhalten an Industriearbeitsplätzen, Kohleausstieg erst 2030).

In Bezug auf das Programm der Grünen wird das Festhalten an Wachstum und marktwirtschaftlichen Prinzipien kritisiert:

Für umfassende globale Klimagerechtigkeit ist auch das Programm der Grünen zu schwach. Wirtschaftswachstum und Rebound-Effekte werden nicht kritisch genug aufgegriffen, das Vertrauen auf Marktkräfte ist zu stark. Das Programm setzt voraus, dass sich die illusionären Versprechungen eines grünen Kapitalismus erfüllen.

Beim Programm der FDP ist hervorzuheben:

Mit ihrem Ziel von Klimaneutralität bis 2050 fällt die FDP sogar hinter den aktuellen gesetzlichen Rahmen zurück.